# taz.de -- Familie in Corona-Krise: Vermeintlich emanzipiert | |
> Gleichberechtigung ist ein schönes Wort, zumindest für den Normalbetrieb. | |
> Kommt aber der Viruslockdown, geht es zu leicht in alte Rollenmuster | |
> zurück. | |
Bild: Papa ist schon wieder bei IKEA draußen | |
Viele Eltern hatten zuletzt den Eindruck, dass sie und ihre kleinen Kinder | |
einfach vergessen wurden. Bei all den Abwägungen zwischen Isolation und | |
Öffnung ging es immer wieder um Alte und Vorerkrankte, um Risikogruppen, um | |
Infizierte und Gesundete, um Schülerinnen und Schüler, um | |
[1][Abiturprüfungen und Mittlere Schulabschlüsse], um [2][Verkaufsflächen | |
über und unter 800 Quadratmeter]. | |
Hyperlink:=Und die Kitas? „Andere Stätten wie Grundschulen oder Kitas | |
bleiben vorerst zu“, sagte Angela Merkel Mitte April nach ihrer letzten | |
Videokonferenz mit den Ministerpräsident*innen. Rumms. Als kurz darauf die | |
Alpha-Ministerpräsidenten Armin Laschet und Markus Söder auch noch die Zeit | |
fanden, live bei Bild einen möglichen Termin für den [3][Neustart der | |
Fußball-Bundesliga] zu verkünden, fragte auch ich mich: Freunde, was sind | |
eure Prioritäten? | |
Der Frust darüber sitzt bei vielen Eltern tief. Vor allem bei den Müttern. | |
Denn machen wir uns nichts vor, in den allermeisten Familien sind wieder | |
sie es, die die Kinderbetreuung leisten. Sie waren ja vorher schon | |
beruflich kürzer getreten, außerdem verdient er viel mehr. Der Verzicht | |
vieler Mütter in den Jahren vor der Pandemie wird also noch mal bestraft. | |
Hinzu kommt: Viele Väter halten sich und ihr Tun von Natur aus für | |
systemrelevant. [4][Antonia Baum] hat bei Zeit Online eine schöne | |
Geschichte darüber geschrieben: „Die Beschlüsse zur Bekämpfung der | |
Coronakrise drücken Frauen zurück in alte Rollenmuster. Hannelore | |
(verheiratet, zwei Kinder) stellt sie jetzt mal infrage.“ Am Ende will | |
Hannelore die Scheidung. | |
Das Virus und die Isolation legen die Verwundbarkeit vermeintlich | |
emanzipierter Familienmodelle offen: Sie sind nämlich häufig nur so weit | |
gleichberechtigt, wie es den männlichen Freiheitsraum nicht mehr als nötig | |
einschränkt. Lange arbeiten? Muss schon noch gehen. Eigene Freizeit ohne | |
Frau und Kinder? Muss schon noch drin sein. Während sich viele Väter | |
plötzlich um diese Privilegien gebracht fühlen, merken Mütter, wie ungleich | |
ihr Leben organisiert ist. Und was wir uns da eigentlich über all die Jahre | |
zusammengelogen haben. | |
Also wird geschimpft: auf die Politiker*innen, auf die Leopoldina, auf den | |
Bezirk, auf Ach-trifft-schon-den-Richtigen. Außerdem wird gefordert: | |
Notbetreuung deutlich ausweiten (teilweise so deutlich, dass man das „Not-“ | |
auch gleich streichen kann), Corona-Elterngeld einführen, auch kleinere | |
Kinder in die Schulen aufnehmen und so weiter. Alles ist recht, was den | |
Eltern ein bisschen Luft verschafft. | |
Vieles davon halte ich für richtig. Das Problem aber ist: Den Grund für all | |
die Streits wird kein Staat, wird keine Maßnahme beilegen können. Wenn die | |
Kitas wieder öffnen, wird der Konflikt vielleicht erst mal wieder verdeckt, | |
aber er wird bleiben. Der Staat kann nur Rahmenbedingungen schaffen. Mehr | |
nicht. Alles andere ist eine Frage für das Elternpaar. Oder die | |
Paartherapeutin. | |
27 Apr 2020 | |
## LINKS | |
[1] /Klage-gegen-Pruefungen-in-Berlin/!5680117 | |
[2] /Ladenoeffnungen-nach-dem-Shutdown/!5679184 | |
[3] /Die-steile-These/!5678414 | |
[4] https://www.zeit.de/kultur/2020-04/kinderbetreuung-berufstaetige-frauen-rol… | |
## AUTOREN | |
Jürn Kruse | |
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