| # taz.de -- Mit Kind und Corona: Malen mit Trump und Merkel | |
| > Ein paar Tage Quarantäne – und schon brechen alle möglichen Gegensätze | |
| > voll auf. Welches Verhalten ist da angemessen? Und warum wird | |
| > geschummelt? | |
| Bild: „Sie guckt dabei ganz betroffen – so wie Merkel“ | |
| Ich schwanke. Was ist angemessen? Was ist wichtig? Was ist richtig? Es sind | |
| Unsicherheiten-und-Unklarheiten-aushalten-Tage. Ich lese bei Menschen mit, | |
| die aus ein paar Tagen heimischer Quarantäne wegen eines unbestätigten (und | |
| dann glücklicherweise negativen) Covid-19-Falls eine Twitter-Live-Reportage | |
| machen mit einem Tonfall, als würden sie gerade den Steckrübenwinter | |
| 1916/17 durchleben. Inklusive Survival-Guide im Rüdiger-Nehberg-Style. | |
| Menschen posten Fotos von leeren Regalen, wollen damit wohl ihre | |
| Die-anderen-sind-alles-Idioten-aber-ich-nicht-Überlegenheit ausdrücken – | |
| und merken nicht, wie sie Hamsterkäufe erst befeuern. Ist das richtig? | |
| Draußen in Kreuzberg wirkt das Wochenende derweil so, als würden viele | |
| Menschen mit demonstrativer Lässigkeit zeigen wollen, wie sehr ihnen die | |
| Ansteckungsgefahr für sich und andere am Arsch vorbeigeht. Ist das | |
| angemessen? | |
| Wir haben beide Extreme [1][im Umgang mit dem neuen Corona-Virus bei uns zu | |
| Hause]. Hier sitzen quasi Angela Merkel und Donald Trump am | |
| Frühstückstisch. Die eine, die größere Tochter, will Plakate malen mit | |
| Anweisungen, wie wir uns zu verhalten haben: Immer wieder Hände waschen, | |
| nicht ins Gesicht fassen (auch nicht ins Gesicht anderer!), in die Armbeuge | |
| husten und niesen und so weiter. | |
| Sie will beschult werden, obwohl sie noch gar nicht in die Schule geht. Sie | |
| erzählt davon, dass eine Freundin in der Kita ihr gesagt habe, dass Omas | |
| und Opas an dem Virus sterben könnten. Sie guckt dann dabei ganz betreten, | |
| so wie Merkel halt guckt – völlig gleich, ob sie Gutes oder Schlechtes zu | |
| verkünden hat. | |
| ## „Du schummelst!“ | |
| Der Vernunft gegenüber sitzt unsere kleine Tochter, der Mini-Trump, und | |
| brüllt: „Du schummelst!!“ Also nicht nur an ihre Schwester gerichtet, | |
| sondern auch an uns. | |
| „Denk dran, dir die Hände zu waschen, du weißt, da ist dieses Virus...“ �… | |
| „Du schummelst!!“ | |
| „Omas Geburtstagsfeier fällt aus, sie hat abgesagt, weil...“ – „Du | |
| schummelst!!“ | |
| Gestern Nacht hatte die kleine Tochter nun schwere Atemnot, Husten, blaue | |
| Lippen, alles nicht schön. Vermutlich ist es nur Pseudokrupp. Hatte sie | |
| schon ein paarmal. Vermutlich. [2][Es sind halt gerade | |
| Unsicherheiten-und-Unklarheiten-aushalten-Tage]. Ich bin nur froh, eine | |
| Gewissheit zu haben: Ich bin – im Gegensatz zu meiner Frau – nicht | |
| systemrelevant. | |
| „Das Leben ist hart an der Küste“, hat meine Mutter früher immer gesagt, | |
| wenn wir uns zu viel beschwerten. Ich werde hier nicht jammern über ein | |
| paar Einschränkungen. Im Gegenteil: Ich weiß, dass ich mich meinen Töchtern | |
| widmen kann. Ich weiß, dass meine Existenz trotzdem noch nicht bedroht ist. | |
| Ich weiß, dass wir das schaffen. Das ist doch schon eine ganze Menge in | |
| diesen ungewissen Zeiten. | |
| Und jetzt hole ich mir gleich noch ein bisschen mehr Gewissheit und gehe | |
| mit meiner Tochter zur Kinderärztin. Ich drücke uns die Daumen. Ich drücke | |
| Ihnen die Daumen. Bleiben Sie gesund! | |
| 16 Mar 2020 | |
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| ## AUTOREN | |
| Jürn Kruse | |
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