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# taz.de -- Glück in der Krise: Wozu sich noch aufregen
> Sich ändern, achtsam sein, das Glück genießen: schön und gut. Aber wie
> lange wird das vorhalten? Der Blick in die eigene Vergangenheit verrät
> mehr.
Bild: Wird die Coronakrise die Sichtweise auf unser Leben nachhaltig verändern?
Ich habe letztens einen Tweet abgesetzt, der ein wenig die Runde machte.
Ich schrieb, wie es aus meiner großen Tochter herausbrach, [1][dass sie
sich wünschte, so zu leben wie Anna und Elsa], die beiden
Hauptprotagonistinnen aus Disneys „Eiskönigin“-Filmen: „Mit Eltern, die …
sind!“ Daraufhin gab es viele lustige Antworten, ein bisschen Zuspruch und
einige Ferndiagnosen meines Familienlebens, die zumeist darauf
hinausliefen, dass Kinder nur das nachmachten, was Eltern ihnen vorlebten.
Daraufhin bin ich natürlich tief in mich gegangen, hab gegrübelt, lag viel
wach, hab mich selbst geprüft, und: nichts gefunden. Alles prima.
Und tatsächlich läuft es erstaunlich gut. Ja, Ausraster wie der oben
beschriebene gehören dazu (Tochter zwei: „Eltern müssen auch mal höflich zu
ihren Kindern sein … UND SIE WAS GUCKEN LASSEN!!!!“), aber insgesamt geht
es uns gerade wahnsinnig gut. Ich kann zwar immer noch nicht
nachvollziehen, wie viele [2][sich über andere aufregen, die in Parks
säßen] oder auf Parkplätzen spielten oder die Baumärkte verstopften und
dabei nicht merken, dass – um das beobachtet zu haben – sie ja selbst auch
gerade im Park, Baumarkt oder auf dem Parkplatz gewesen sein müssen (Du
steckst nicht im Stau, du bist der Stau), aber … mein Gott … Menschen
echauffieren sich halt gern über Menschen.
Ich mag mich gerade überhaupt nicht aufregen. Ich sehe viele sehr
vernünftige, achtsame Menschen. Viel mehr als sonst. Und ich bin dankbar,
dass wir uns zu Hause einigermaßen verstehen. Dass wir (noch) keine
existenziellen Sorgen haben. Dass ich keinen Elternteil pflegen muss. Dass
die ihr Haus und ihren Garten und sich haben. Dass es meinen Geschwistern
gut geht. Und dass dieses privilegierte Leben zu einem nicht unerheblichen
Teil nur durch eines entstanden ist: Glück. Und wenn ich mich umhöre, geht
es vielen so, dass sie jetzt merken, wie gut es ihnen doch geht.
Das mag jetzt alles nach Gutmenschen-Hippie-Träumer-Schwachsinn klingen.
Halb evangelisch, halb esoterisch. Danke für diesen guten Morgen, danke für
jeden neuen Tag! Nur leider glaube ich nicht daran, dass von diesem Gefühl,
das mich gerade erfasst, etwas bleibt. Dass sich die Gesellschaft oder die
Wirtschaft oder der Fußball oder sonstwer dauerhaft ändern wird. Menschen
ändern sich nicht.
Ich habe es an mir selbst erlebt: Nach dem [3][schweren Geburtsunfall
unserer ersten Tochter] lebten wir auch mehrere Wochen wie isoliert. Wir
hatten einen Kokon um uns gebaut: im Krankenhaus, nur wir, nur unser Kind,
sonst nichts. Der Rest der Welt, alles, was da draußen passierte, war wie
ausgeblendet. Wir waren auf uns zurückgeworfen und abhängig von
Pfleger*innen und Ärzt*innen. Und ich war mir damals sicher, dass ich
verändert aus dieser Phase hervorgehen würde: demütiger, dankbarer,
entspannter. Ich war kurz darauf genauso wie vorher: nett, aber mehr auch
nicht. Höchstens so mittelgut. Klingt hart, aber ist so. Fragen Sie mal
meine Kinder.
14 Apr 2020
## LINKS
[1] https://twitter.com/JuernKruse/status/1246148048847339521?s=20
[2] /Unterwegs-mit-der-Familie-im-Gruenen/!5672667
[3] /Geburt-mit-Komplikationen/!5646987
## AUTOREN
Jürn Kruse
## TAGS
Nach Geburt
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