# taz.de -- Investorenfußball in England: Von Elstern, Saudis und Katar | |
> Newcastle United steht vor der Übernahme durch einen saudischen | |
> Staatskonzern. Ein Traditionsklub wird zum Spielball in der Geopolitik. | |
Bild: Fußballromatiker müssen weinen: Alan Shearer jubelt für 1998 für Newc… | |
Newcastle United ist ein Traditionsklub. Mehr als 100 Jahre ist die letzte | |
englische Meisterschaft schon her und doch wird über den Klub so geredet, | |
als müssen man sich daran noch erinnern. In der andauernden Romantisierung | |
des englischen Fußballs spielt der Klub eine große Rolle. Wer nicht weiß, | |
dass das Team „Magpies“, die Elstern, genannt wird, braucht gar nicht erst | |
an einem Fußballquiz teilzunehmen. Und auch wer noch nie in England war, | |
glaubt das Raunen im Ohr zu haben, das durch die Arena gekrochen ist, wenn | |
der legendäre Alan Shearer eines seiner über 200 Tore im, na klar, | |
altehrwürdigen St. James' Park geschossen hat. | |
Sportlichen Ruhm hat das Team in der jüngeren Vergangenheit kaum geerntet. | |
Dennoch bietet ein Konsortium, an dessen Spitze ein Staatskonzern aus Saudi | |
Arabien steht, satte 300 Millionen Pfund für den Klub, der bis dato einem | |
englischen Milliardär gehört. Der Deal ist ein Politikum. | |
Zunächst hat Amnesty International die Premier League dazu aufgefordert, | |
dem Kauf nicht zuzustimmen. Tatsächlich gibt es einen „Premier League’s | |
Owners’ and Directors’ Test“, der sicherstellen soll, dass die Klubs höh… | |
Standards einhalten als gesetzlich vorgeschrieben, um dem Ansehen des | |
Spiels nicht zu schaden. | |
Das Königreich Saudi-Arabien, in dem Meinungsfreiheit massiv unterdrückt | |
wird, in dem kritische Journalisten damit rechnen müssen, ermordet zu | |
werrden, in dem Frauen wenig und Homosexuelle gar keine Rechte haben, in | |
dem Arbeistmigranten wie Sklaven behandelt werden und in dem die | |
Todesstrafe regelmäßig vollstreckt wird, liefert genügend Gründe für eine | |
Anwendung dieser Regel. | |
## Saudische Traditionspflege | |
Und doch kann sich kaum jemand vorstellen, dass die Übernahme abgeleht | |
wird. Schließlich gibt es da schon einen Klub, der den Saudis gehört. 2013 | |
hat der saudische Prinz Abdullah bin Musa'ad bin Abdulaziz Al Saud den | |
seinerzeit strauchelnden Klub Sheffield United für 1 Pfund zur Hälfte | |
gekauft und ihn mittlwerweile nach etlichen Investments in die erweiterte | |
Ligaspitze geführt. Den Saudis sei Dank darf sich die Bramall Lane weiter | |
als das älteste Stadion der Welt bezeichnen lassen, in dem Profifußball | |
gespielt wird. Wie fußballromantisch! | |
Auch wenn also kein moralisch begründetes Veto eingelegt wird gegen den | |
Verkauf, wird der Deal der Saudis mit Newcastle United noch von einer | |
anderen Seite unter Beschuss genommen. Der im Emirat Katar beheimatete | |
Sportsender beIN Sports sandte einen Brief an die Liga und wies auf die | |
Fernehpiraterie hin, mit der Saudi-Arabien den Geschäften des katarischen | |
Senders schaden wolle. beIN Sports hat Übertragungsrechte an Spielen der | |
Premier League für 300 Millionen Pfund erworben und beklagt, dass die | |
Saudis das Signal stehlen, um die Bilder dann selbst auszustrahlen. | |
Diese Auseinandersetzung ist nur ein Schlachtfeld, auf dem der Konflikt | |
Saudi-Arabiens und seiner Verbündeten aus Ägypten, den Vereinigten | |
Arabischen Emiraten und Bahrain gegen Katar geführt wird. Es ist [1][ein | |
Konflikt um Macht und Einfluss in der Golfregion], der 2017 mit der | |
Schließung alller Grenzen zu Katar einen ersten Höhepunbkt hatte. Macht und | |
Einfluss über die Welt des Sports zu sichern, ist seit Jahrzenhnten | |
Staatsraison in Katar. Saudi-Arabien hat auf diesem Spielfeld [2][viel | |
später angegriffen]. Die Übernahme von Newcastle United passt zu dieser | |
neuen Angriffstaktik. Und so ist ein englischer Traditionsklub zum | |
Spielball verfeindeter Mächte in der Geopolitik verkommen. | |
Wer vom Reichtum der Bundesliga durch Investoren aus der ganzen Welt | |
träumt, sollte sich intensiv mit diesem Fall befassen. | |
24 Apr 2020 | |
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## AUTOREN | |
Andreas Rüttenauer | |
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