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# taz.de -- Brexit-Folgen für den Fußball: Kampf um die Regeln
> Die Premier League fürchtet wegen des Brexit um ihre Vormachtstellung.
> Nachteile müssen vor allem kleinere Klubs fürchten.
Bild: Bald nichts mehr zu meckern? Profis wie Pascal Groß haben in der Liga ba…
Big Ben wird nicht erklingen am Freitagabend um 23 Uhr britischer Zeit,
wenn das Vereinigte Königreich seinen Austritt aus der Europäischen Union
vollzieht. Der Glockenturm der Houses of Parliament wird renoviert. Der
konservative Premierminister Boris Johnson regte an, sie für den
historischen Augenblick in der Nacht auf Samstag läuten zu lassen, sein
Parteikollege Mark Francois startete zu diesem Zweck sogar eine
Spendenaktion und sammelte mehr als 270.000 Pfund, doch das Vorhaben
scheiterte, weil es sich offenbar technisch nicht umsetzen lässt. Dafür
gehen in der Premier League die Alarmglocken – so formuliert es die
Krawall-Zeitung The Sun, die normalerweise jeglicher Brexit-Skepsis
unverdächtig ist.
Der EU-Austritt bringt für die populärste und reichste Fußball-Liga der
Welt allerhand Unwägbarkeiten mit sich. Der Verlust der Vormachtstellung
wird befürchtet. Der Grund dafür sind strengere Regeln für den Import von
Spielern aus EU-Ländern, die künftig in Kraft treten könnten. „Alle
Maßnahmen, welche die Verbreitung von ausländischer Qualität beschränken,
könnten die Marktposition der Premier League schwächen und damit ihren
Wettbewerbsvorteil untergraben“, sagte Simon Chadwick, Professor für
Sportökonomie an der Salford University, schon im vergangenen März der
Nachrichtenagentur AFP.
Für die aktuell in England beschäftigten EU-Ausländer dürfte sich erst
einmal nichts ändern. Sie behalten ihre Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis
wie alle rund drei Millionen Bürger aus EU-Staaten, die sich schon vor dem
Ablauf der Übergangsfrist Ende des Jahres in England, Schottland, Wales und
Nordirland befinden. Kompliziert werden könnte es für Spieler, die ab 2021
in die Premier League wechseln wollen.
Für sie könnten künftig die gleichen Beschränkungen gelten, die für
Nicht-EU-Ausländer in Kraft sind. Diese Spieler sind auf die Zustimmung des
englischen Verbandes FA angewiesen, um eine Arbeitserlaubnis im Vereinigten
Königreich zu bekommen. Als Kriterien dafür legt die FA an, welchen Platz
das Herkunftsland in der Fifa-Weltrangliste belegt und wie erfahren und
profiliert der Spieler ist.
## Spitzenklubs werden begünstigt
Vereinfacht formuliert: Gestandene Nationalspieler aus dem EU-Ausland
dürften auch künftig keine Probleme bei einem Wechsel in die Premier League
haben. Spitzenteams wie Jürgen Klopps Champions-League-Sieger und
Tabellenführer FC Liverpool oder Meister Manchester City mit Trainer Pep
Guardiola sind von den neuen Regeln also weniger betroffen.
Kleinere Vereine dürften es dagegen schwerer haben, denn sie sind oft auf
weniger bekannte Fußballer angewiesen. Huddersfield Town stieg vor drei
Jahren mit Spielern wie Christopher Schindler, Chris Löwe und Michael
Hefele in die Premier League auf, Norwich City gelang im vergangenen Jahr
das gleiche mit Profis wie Mario Vrančić, Christoph Zimmermann, Tom Trybull
und Marco Stiepermann. Brighton and Hove Albion verpflichtete vor drei
Jahren Pascal Groß aus Ingolstadt. Ob die FA Profis dieser Kategorie
künftig eine Arbeitserlaubnis ausstellt, ist fraglich. Auch aktuelle Stars
wie N’Golo Kanté (heute FC Chelsea) und Riyad Mahrez (heute Manchester
City) wären unter den strengeren Auflagen nie in die Premier League
gekommen. Sie waren noch relativ unbekannt, als sie einst zu Leicester City
wechselten.
Einen Nachteil könnten die englischen Klubs auch bei der Verpflichtung
junger Fußballer aus dem EU-Ausland haben. Künftig dürften Spieler erst mit
18 Jahren nach England wechseln. Rivalisierende Klubs aus EU-Staaten können
Spieler vor dem Erreichen der Volljährigkeit aufnehmen. Die Premier League
droht beim Kampf um internationale Talente künftig außen vor zu sein. Ein
Beispiel wäre hier Paul Pogba, der schon im Alter von 16 Jahren aus
Frankreich in die Akademie von Manchester United wechselte.
Die FA versucht, den Brexit zu nutzen, um den heimischen Nachwuchs zu
fördern. Sie will die Zahl der Ausländer in den Teams beschränken und den
Anteil der in England ausgebildeten Spieler erhöhen. Davon soll langfristig
auch die [1][englische Nationalmannschaft] profitieren. Die Premier League
will dagegen nicht, dass den Vereinen bei der Kaderplanung hineingeredet
wird. Eine Einigung in diesem Interessenkonflikt mit der FA scheint in
weiter Ferne zu liegen.
30 Jan 2020
## LINKS
[1] /England-gegen-Montenegro/!5580158
## AUTOREN
Hendrik Buchheister
## TAGS
Schwerpunkt Brexit
Premier League
Ausländer
Kolumne Press-Schlag
Champions League
Fußballvereine
Schwerpunkt Brexit
Premier League
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