# taz.de -- Kämpfe in Libyen: Türkei bremst Haftar-Vormarsch | |
> Das Eingreifen der Türkei hilft Libyens Regierung, die Haftar-Rebellen | |
> abzuwehren. Die Lage für Migranten wird derweil immer prekärer. | |
Bild: Die Feinde heißen Haftar und Coronavirus: Patrouille in Misrata | |
TUNIS taz | Eine dunkle Rauchsäule stieg am Montagmorgen über der libyschen | |
Hafenstadt [1][Sabratha] in den Himmel. Augenzeugen berichten der taz am | |
Telefon von mehreren Raketen auf das Hauptquartier der Wadi-Brigade, einer | |
mehrheitlich salafistischen Miliz. Sie steht auf der Seite des ostlibyschen | |
Rebellengenerals Chalifa Haftar und kontrolliert die Stadt. | |
Handyaufnahmen eines Anwohners zeigen den Abschuss einer Boden-Luft Rakete | |
von einer vor der Küste kreuzenden Fregatte. Bewegungsdaten und | |
Vergrößerungen der Video deuten auf eine türkische Fregatte der | |
Gabya-Klasse hin. Libysche Journalisten haben mindestens zwei davon | |
gesichtet. | |
[2][Die Türkei unterstützt] Libyens international anerkannte | |
Einheitsregierung in der Hauptstadt Tripolis. Mit den Aufnahmen des | |
Raketenbeschusses in Sabratha wurde nun erstmals in der von heftigen | |
Kämpfen getroffenen Küstenregion von Surman und Sabratha ein ausländischer | |
Militäreinsatz gefilmt. | |
Nachdem es Anfang April der Haftar-Rebellenarmee LNA (Libysche | |
Nationalarmee) gelungen war, [3][mehrere Orte an der tunesischen Grenze zu | |
erobern], scheint sich das Blatt in Libyens Krieg nun zugunsten der | |
Einheitsregierung zu wenden – dank des türkischen Eingreifens. | |
Bayraktar-Kampfdrohnen, Korkut-Luftabwehrpanzer und das Eingreifen der | |
beiden Fregatten vor der libyschen Küste haben Haftar in die Defensive | |
gedrängt. In dem südlich von Misrata gelegenen Verkehrsknotenpunkt Abu | |
Grein konnten Einheiten der Einheitsregierung am Sonntag einen Angriff von | |
Haftars Einheiten abwehren und schossen einen Mig-Kampfhubschrauber ab. | |
## Noch existiert Irini nur auf dem Papier | |
Das nun massive Eingreifen der Türken in Libyen findet zeitgleich mit dem | |
Aufbau der [4][EU-Marinemission Irini] statt, mit der die EU mit Nato-Hilfe | |
vor der ostlibyschen Küste das seit 2011 bestehende Waffenembargo | |
überwachen will. Der Einsatz vor der ostlibyschen Küste betrifft vor allem | |
die Nachschubwege aus der Türkei. | |
Noch existiert Irini nur auf dem Papier, aber vor Ort wird bereits | |
gehandelt. Libysche Kommandeure aus Misrata berichten der taz von einer | |
französischen Fregatte, die über mehrere Monate vor der Hafenstadt kreuzte | |
und einige ankommende Containerschiffe zum Abdrehen aufforderte. | |
Bei Haftars Luftangriffen auf die von türkischen Spezialisten geleitete | |
Luftwaffenakademie in Misrata fiel regelmäßig das Luftabwehr-Radar sowie | |
sämtliche Kommunikationswege aus, so die Offiziere. „Wir sind sicher, dass | |
es französische Spezialisten auf Seiten von Haftar eingreifen, zum Beispiel | |
mit der Störung von Funksignalen“, behauptet ein libyscher Pilot. | |
## Direkt durchs Kampfgebiet | |
Die [5][Routen der immer noch aus Afrika südlich der Sahara nach Libyen | |
kommenden Migranten] führen nun direkt durch das Kampfgebiet. Laut der | |
UN-Migrationsorganisation IOM verweigert die Behörden in Tripolis auf dem | |
Mittelmeer geretteten Migranten zugleich aufgrund möglicher | |
Corona-Infektionen den Zutritt zu libyschem Boden. | |
280 Menschen hatte die libysche Marine am vergangenen Woche aus | |
Schlauchbooten vor der Küste gerettet. Nach Rückkehr der Patrouillenboote | |
in den Hafen von Tripolis mussten die aus Subsahara-Afirka stammenden | |
Menschen an Bord ausharren und wurden von der IOM notdürftig versorgt. Am | |
Sonntag flohen viele der an Bord hungernden Menschen unter unklaren | |
Umständen in die Altstadt, berichten Hafenmitarbeiter. | |
Eine unbekannte Zahl soll an die tunesische Grenze gebracht werden. Die | |
Leiter der Aufnahmezentren für Migranten in Westlibyen sind nicht mehr | |
bereit, Gerettete aufzunehmen, da sie einen Ausbruch von Cov-19- | |
Erkrankungen befürchten. | |
13 Apr 2020 | |
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## AUTOREN | |
Mirco Keilberth | |
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