# taz.de -- Konflikt zwischen USA und WHO: Völlig vermasselt hat es nur Trump | |
> In der Corona-Pandemie braucht es Organisationen, die multilateral | |
> agieren können. Die WHO hat diese Stärke bewiesen, urteilen Experten. | |
Bild: Ein Krankenhausmitarbeiter in Wuhan fotografiert die Frühlingsblüten | |
BERLIN taz | Die jüngsten Tiraden des US-Präsidenten Donald Trump gegen die | |
Weltgesundheitsorganisation (WHO) im Umgang mit der Coronapandemie („völlig | |
vermasselt“, „wirklich Mist gebaut“) kamen bei der so Gescholtenen nicht | |
gut an. Auch seine Drohung, der WHO inmitten der größten globalen | |
Gesundheitskrise den Geldhahn abzudrehen, hat, um es diplomatisch | |
auszudrücken, für empfindliche Verstimmung gesorgt. | |
WHO-Generaldirektor Tedros Adhanom Ghebreyesus vermied es am Mittwoch, | |
persönlich auf die harsche Kritik einzugehen. Stattdessen ließ er seinen | |
Regionaldirektor für Europa, Hans Kluge, aus Genf ausrichten: „Wir sind | |
noch immer in der akuten Phase der Pandemie, daher ist jetzt nicht die | |
Zeit, die Finanzierung zu verringern.“ | |
Tatsächlich kommt die Drohung aus Washington einer Kriegserklärung gegen | |
die wichtigste Sonderorganisation der Vereinten Nationen im | |
Gesundheitsbereich gleich. Von allen 194 Mitgliedstaaten sind die USA der | |
größte Geldgeber, jedenfalls im Bereich der verpflichtenden Beiträge: 2020 | |
und 2021 müssen die USA jeweils rund 116 Millionen Dollar an die WHO | |
bezahlen. Zum Vergleich: Chinas Beitrag liegt bei rund 57 Millionen Dollar | |
jährlich, Deutschland zahlt 29 Millionen Dollar pro Jahr. Die Höhe der | |
Pflichtbeiträge hängt nicht nur von der Bevölkerungsgröße, sondern auch vom | |
Wohlstand eines Landes ab. | |
Diese Pflichtbeiträge machen zwar nur 20 Prozent des WHO-Gesamtbudgets aus. | |
Doch sie sind die einzigen Mittel, über die die WHO frei entscheiden kann. | |
Die übrigen 80 Prozent der WHO-Mittel sind freiwillige Beiträge von | |
Mitgliedstaaten oder privaten Stiftungen, über deren Einsatz die jeweiligen | |
Geber bestimmen. Experten kritisieren, dass diese Praxis zu einem | |
kontinuierlichen [1][Autonomieverlust der WHO] führt. | |
Besonders unangemessen | |
Die Schwächung könnte nun fortgesetzt werden, sollten die USA ihre Drohung | |
wahr machen, [2][warnte die Politikwissenschaftlerin Anna Holzscheiter] von | |
der TU Dresden gegenüber der taz: „Es ist einfach, das eigene Versagen auf | |
eine internationale Organisation mit stark begrenzter | |
Durchsetzungsfähigkeit abzuwälzen.“ Ähnlich äußerte sich der ehemalige | |
Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) am Mittwoch: „Ich halte es | |
für besonders unangemessen, wenn ausgerechnet Präsident Trump sich über | |
Fehler anderer bei der Bewältigung der Krise empört.“ | |
Gröhe, der heute stellvertretender Fraktionsvorsitzender ist, hatte in | |
seiner Zeit als Bundesgesundheitsminister maßgeblich dafür gesorgt, dass | |
Deutschland seine freiwilligen Zahlungen an die WHO erhöhte. Gerade die | |
Coronapandemie zeige, „dass wir eine stärkere Weltgesundheitsorganisation | |
brauchen und keine schwächere“, sagte er im Gespräch mit der taz. Daran | |
änderten auch mögliche Fehleinschätzungen der WHO am Anfang der Krise | |
nichts. Er könne „nur warnen, die gerade auch für die armen Länder so | |
wichtige internationale Zusammenarbeit jetzt zurückzufahren“. | |
Tatsächlich braucht es im Umgang mit globalen Gesundheitskrisen | |
Organisationen, die multilateral agieren können und – anders als etwa | |
private Geldgeber, Stiftungen oder NGOs – in der Lage sind, im Fall einer | |
Pandemie kurzfristig und zuverlässig einen international standardisierten | |
Datenaustausch zu organisieren. | |
Diese Stärke habe die WHO unter Beweis gestellt, erklärte der Experte für | |
globale Gesundheit bei der Hilfsorganisation medico international, Andreas | |
Wulf, der taz: „Die WHO hat in der Coronakrise die verfügbaren | |
Informationen und empfohlenen Maßnahmen auf der Grundlage von unabhängigen | |
Experten und Instituten zusammengestellt und veröffentlicht.“ | |
Aus Fehlern gelernt | |
Anders als etwa bei der Ebola-Epidemie 2014/2015 in Westafrika habe die WHO | |
in der aktuellen Coronakrise „sehr eindeutig, detailliert und konsistent | |
auf die drohende Pandemie reagiert“, urteilte auch Politikwissenschaftlerin | |
Holzscheiter, die auch die Forschungsgruppe Governance for Global Health am | |
Wissenschaftszentrum Berlin (WZB) leitet. | |
Zu berücksichtigen sei allerdings, so Holzscheiter, dass die WHO eine | |
politische Organisation sei, in der nicht nur 194 einzelne Staaten um | |
Einflussmöglichkeiten ringen würden, sondern auch zivilgesellschaftliche | |
Organisationen sowie finanzstarke private Stiftungen und Firmen. „Diese | |
politischen Auseinandersetzungen führen dazu, dass die WHO nicht genauso | |
zielgerichtet, schnell und an den Verfahrensregeln vorbei reagieren kann, | |
wie wir das in beispiellosem Ausmaß gerade in Ländern selbst mit | |
demokratischer Verfassung beobachten können.“ | |
8 Apr 2020 | |
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## AUTOREN | |
Heike Haarhoff | |
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