# taz.de -- Obdachlose Frauen in Berlin: Unterkunft geschlossen trotz Corona | |
> Eine Unterkunft für bis zu 17 obdachlose Frauen wird mangels Geld | |
> geschlossen. Senat und Bezirk schieben sich gegenseitig die Schuld zu. | |
Bild: Hilfe unter freiem Himmel: Initiativen haben an Zäunen Tüten mit Essen … | |
Berlin taz | Eigentlich hatten die jüngsten Entwicklungen hoffen lassen, | |
dass sich Berlin [1][um Wohnungslose kümmert]. In der Kluckstraße in | |
Tiergarten etwa wurde eine leerstehende Jugendherberge zu einer Unterkunft | |
für 200 Obdachlose umgewandelt. Eine dringend notwendige Maßnahme: Denn wer | |
keine Wohnung hat, kann sich in der Coronakrise nur schwer vor der Pandemie | |
schützen. Handyaufladen, Aufwärmen, Händewaschen oder zur Toilette gehen: | |
Auch hierfür gibt kaum mehr Möglichkeiten, weil Cafés und Bibliotheken zu | |
sind. | |
„Wir haben deshalb überlegt, ob wir aus der Kältehilfe-Situation eine | |
24-Stunden-Betreuung machen“, sagt der Sprecher der Arbeiterwohlfahrt (AWO) | |
Manfred Nowak der taz. Die AWO betreibt in der „Moabiter Pumpe“ eine | |
Obdachlosenunterkunft für 17 Frauen – normalerweise nur nachts und nur über | |
die kalten Wintermonate. Wie jedes Jahr zu Beginn des Frühlings ist die | |
Finanzierung durch das Bezirksamt Mitte nun ausgelaufen. | |
Die AWO hatte allerdings damit gerechnet, dass in der aktuellen Notlage | |
mindestens ein weiterer Monat finanziert werden würde. Der Verband war sich | |
so sicher, dass die monatlichen 30.000 Euro schon mal in Vorleistung | |
ausgegeben wurden. Alles andere wäre unverantwortlich gewesen, sagt Nowak: | |
„Die Gegend dort ist ein sozialer Brennpunkt.“ Es gebe viel Gewalt und | |
Drogenkonsum. | |
Gerade Frauen haben es in der Obdachlosigkeit schwer. Wegen | |
Gewalterfahrungen wollen viele nicht in gemischte Unterkünfte wie jene in | |
der Kluckstraße gehen. Doch das Geld für die Frauenunterkunft in der | |
Moabiter Pumpe als ganztägige Einrichtung kam nicht zusammen. „Wir sind | |
praktisch gezwungen, die Frauen auf die Straße zu setzen“, sagt Nowak | |
verbittert. | |
Die politische Verantwortung sieht der AWO-Sprecher bei Sozialsenatorin | |
Elke Breitenbach (Linke). „Frau Breitenbach hat vollmundig erklärt, wir | |
müssen den Obdachlosen helfen. Aber es ist ihr nicht gelungen, dem | |
Finanzsenator das klarzumachen“, so Nowak. | |
## Der Bezirk sagt, er habe nicht genug Geld | |
Die Senatorin wiederum will es nicht gewesen sein. Die Verantwortung liege | |
beim Bezirk Mitte, ließ Breitenbach über ihren Sprecher ausrichten. Das | |
Bezirksamt Mitte beteuert gegenüber der taz seinerseits, die Finanzierung | |
allein nicht stemmen zu können. Man habe bei den Senatsverwaltungen für | |
Soziales und für Finanzen deshalb um Mittel gebeten. „Leider haben sich | |
beide Senatsverwaltungen gegen die Fortführung der Finanzierung | |
ausgesprochen.“ | |
Dabei handelt es sich um überschaubare Summen. „Wir würden monatlich 30.000 | |
Euro brauchen“, erläutert Nowak. Genug, um zwei hauptamtlich beschäftigte | |
Betreuerinnen zu bezahlen, Ehrenamtspauschalen sowie die Miete und | |
Betriebskosten. „Wenn man sich die Summen mal anguckt, mit denen in der | |
Coronakrise verhandelt wird, sind 30.000 Euro für Frauen, die darauf | |
angewiesen sind, sehr wenig“, findet Nowak. Die AWO will nun einen | |
Spendenaufruf starten, um den Frauen weiterhin eine Unterkunft bieten zu | |
können. | |
17 Apr 2020 | |
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## AUTOREN | |
Lea Fauth | |
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