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# taz.de -- Flughafen-Frage in Berlin: Kein Mensch braucht noch Tegel
> Der Bund will Tegel offen halten – obwohl in Berlin im Vergleich zum
> Vorjahr nur noch 2,5 Prozent Flüge gehen. Das ist absurd und kostet
> Millionen.
Bild: Über eine Million am Tag für? Nichts. Gähnende Leere an der Flughafen-…
Für die einen ist es ein unverhofftes Idyll, für andere ein finanzielles
Fiasko, für dritte wiederum wirft der drastische Rückgang des Flugverkehrs
eine strategische Frage auf. Zu Beginn dieser Woche betrug die Nutzung der
beiden Berliner Flughäfen wegen der Coronapandemie nur noch 2,5 Prozent –
verglichen mit den Vorjahreszahlen zu dieser Zeit. Und ja, das wird noch
weniger werden.
Kein Wunder, dass Rot-Rot-Grün in Berlin darauf drängt, mit Tegel einen der
beiden Flughäfen vorübergehend von der Betriebspflicht zu entbinden und
Starts und Landungen in Schönefeld-Alt zu konzentrieren. Das schafft die
Blechbude aus DDR-Zeiten schon noch.
Allerdings gehören die Flughäfen bekanntlich nicht nur Berlin, sondern zu
Teilen auch Brandenburg und dem Bund. Und Bundesverkehrsminister Andreas
Scheuer (CSU), der neben vielem anderen auch die Rechenkunst leider nur
ansatzweise beherrscht, sperrt sich. So fiel am Montag der Beschluss, dass
Tegel zunächst offen bleiben muss.
Gleichzeitig erhielt die Geschäftsführung der Flughafengesellschaft FBB den
Auftrag, den Antrag zur Schließung weiter vorzubereiten, um diese dann wohl
Mitte April zu beschließen. Völlig irrational wird – zumindest aus
ökonomischer Sicht – Scheuers Blockade angesichts der ebenfalls am Montag
getroffenen Entscheidung, den Flughäfen in diesem Jahr bis zu 300 Millionen
Euro zusätzliches Eigenkapital als Coronahilfe zukommen zu lassen, während
Tegel weiter täglich Millionenverluste macht.
## Das kapitalistische Mantra durch die Flugzeugtoilette gespült
Geld scheint in dieser Krise keine Rolle zu spielen. Es ist aber nicht nur
der Verkehrsminister, der das ansonsten als heilig verehrte kapitalistische
Mantra vom alles regelnden Markt durch die Flugzeugtoilette spült, sondern
auch die Vereinigung der Unternehmensverbände in Berlin und Brandenburg
(UVB).
Jenseits jeder Kenntnis der Marktsituation und des globalen Ausmaßes der
Krise forderte UVB-Geschäftsführer Christian Amsinck am Montag: „Tegel muss
so lange offen bleiben, bis der BER verlässlich am Netz ist.“ Eine
Schließung sei nicht guten Gewissens zu verantworten, schließlich könnte
die hiesige Wirtschaft „schon in wenigen Wochen“ die Kapazität Tegels
„dringend“ brauchen.
Also lieber staatliche Millionen verpulvern – ist ja nicht das Geld der
Unternehmen.
Natürlich ist Tegel strategisch wichtig für die Versorgung der Bevölkerung.
Aber angesichts der überschaubaren Starts und Landungen darf man der FBB
glauben, dass auch mehr Fracht durchaus über Schönefeld ankommen könnte.
Natürlich ist Tegel näher für den Politikbetrieb in Mitte. Doch der
Beschluss, den innerstädtischen Flughafen zu schließen, ist kaum mehr
umkehrbar – erst recht nicht in diesen flugarmen Zeiten.
Tatsächlich steht hinter dem verschwenderischen Taktieren die Angst, dass
Tegel in den nächsten Wochen nicht nur vorübergehend, sondern letztlich
dauerhaft dichtgemacht wird – schließlich soll Ende Oktober wirklich der
BER öffnen. Mit Tegel verlöre die neoliberale FDP ihr einziges Thema und
die sie hofierende Wirtschaft ihren Lieblingsnadelstich gegen Rot-Rot-Grün.
Für Berlin hingegen, vor allem den Norden, wäre das frühere Aus von Tegel
eine der wenigen erfreulichen Nebenwirkungen der Coronapandemie. Und alle
anderen Tegelfans würden es angesichts fehlender Flugverbindungen nicht mal
merken.
4 Apr 2020
## TAGS
Berlin-Tegel
Andreas Scheuer
Rot-Rot-Grün
Luftverkehrswirtschaft
Schwerpunkt Coronavirus
Schwerpunkt Coronavirus
Finanzsenator Matthias Kollatz
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