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# taz.de -- Flucht in die EU: Türkei beendet Grenzdrama
> Polizisten an der türkisch-griechischen Grenze haben 5.000 Migranten dazu
> gezwungen, in Busse einzusteigen. Sie kommen erst mal in Quarantäne.
Bild: Der Weg in die EU ist versperrt: Junge syrische Geflüchtete an der türk…
Istanbul taz | Am vergangenen Wochenende hat die türkische Polizei teils
gewaltsam die rund 5.000 Flüchtlinge, die sich noch im Grenzgebiet zu
Griechenland aufhielten, ins Landesinnere gebracht. Viele der Flüchtlinge
wollten nicht gehen, weil sie für den Weg an die Grenze ihre letzten
finanziellen Reserven aufgebraucht hatten, doch die Polizei zwang alle
Menschen in bereitstehende Busse.
Sie verbrannte Zelte und andere selbstgebaute Unterstände der Flüchtlinge.
Die Menschen wurden an unterschiedliche Orte im Landesinneren gebracht und
dort unter Quarantäne gestellt, wie das Innenministerium mitteilte.
Damit endet vorläufig ein Drama, [1][das der türkische Präsident im Februar
selbst initiiert hatte]. Damals versicherte er allen rund 4 Millionen im
Land lebenden Flüchtlingen, die Türkei würde ihre Grenze nach Europa
öffnen. Tausende brachen daraufhin in der Erwartung zur griechischen Grenze
auf, sie dürften endlich nach Europa – und [2][waren dann völlig
erschüttert, als die griechische Grenzpolizei sie mit Tränengas und
Gummigeschossen empfing].
Ein Teil der Flüchtlinge war sogar kostenlos mit staatlichen Bussen zur
Grenzstadt Edirne gebracht worden. Bei gewaltsamen Angriffen auf
griechische Grenzanlagen, die teilweise von türkischen Provokateuren
unterstützt oder gar selbst in Szene gesetzt worden waren, wurden mehrere
Migranten getötet.
## Corona-Bekämpfung als Vorwand
Der türkische Innenminister Süleyman Soylu erklärte, man habe die
Flüchtlinge nur wegen der vom [3][Coronavirus] ausgehenden Gefahr von der
Grenze weggebracht. Sobald die Epidemie vorüber sei, könne jeder, der
wolle, das Land ungehindert verlassen.
Mittlerweile ist in der Türkei nicht nur für Flüchtlinge, sondern für die
gesamte Bevölkerung die Bewegungsfreiheit stark eingeschränkt worden. Leute
über 65 oder solche mit chronischen Erkrankungen haben Ausgangssperre, alle
anderen dürfen ihre Stadt nicht mehr verlassen. Überlandbusse fahren nur
mit Sondergenehmigung.
Alle Geschäfte außer Apotheken und Supermärkten sind seit zwei Wochen
geschlossen. Dennoch steigt die Zahl der Infizierten. Die Opposition
fordert deswegen eine Ausgangssperre für das gesamte Land. Die Regierung
lehnt das ab. Jeder solle eine Ausgangssperre für sich selbst erklären,
sagte Gesundheitsminister Fahrettin Koca. Während Erdoğan weitgehend aus
der Öffentlichkeit verschwunden ist, erläutert Koca jeden Tag auf einer
Pressekonferenz den Stand der Corona-Epidemie.
Offiziell zählt die Türkei bisher knapp 10.000 Infizierte und 131
Coronatote und kommt damit momentan noch glimpflich davon. Doch es gibt
starke Zweifel an diesen Zahlen. Als Koca am 28. März für die letzten 24
Stunden landesweit 16 neue Todesfälle meldete, berichtete der
Oppositionsabgeordnete Veli Ağbaba, allein in Istanbul seien in der Nacht
zwanzig Coronapatienten gestorben.
30 Mar 2020
## LINKS
[1] /Fluechtende-an-EU-Aussengrenze/!5671288
[2] /An-der-griechisch-tuerkischen-Grenze/!5672942
[3] /Schwerpunkt-Coronavirus/!t5660746
## AUTOREN
Jürgen Gottschlich
## TAGS
Schwerpunkt Coronavirus
Geflüchtete
Recep Tayyip Erdoğan
EU-Grenzpolitik
Schwerpunkt Flucht
Migration
Pressefreiheit in der Türkei
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Türkei
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