| # taz.de -- Epochale Krise der USA: Vom Ende einer Weltmacht | |
| > Die USA zeigen sich überfordert mit der Pandemie. Und im | |
| > Präsidentschaftswahlkampf werden zwei Kandidaten antreten, die keine | |
| > Mehrheit haben. | |
| Bild: Weht, als wäre nichts gewesen: US-Flagge vor der Besucherzentrum des Wei… | |
| Mit dem Jahr 2020 endete die Ära der USA als letzter verbliebener | |
| Weltmacht. Damals führte der Ausbruch einer Seuche, die sich über alle | |
| Kontinente hin verbreitete, zu einer schweren Weltwirtschaftskrise. Die | |
| Vereinigten Staaten zeigten sich unfähig, darauf angemessen zu reagieren. | |
| Verschärft wurde die Lage durch eine Präsidentschaftswahl, bei der zwei | |
| Kandidaten gegeneinander antraten, die beide von der Mehrheit der | |
| Bevölkerung als ungeeignet für das Amt gehalten wurden. | |
| Vieles spricht dafür, dass Kinder eines Tages solche Absätze im | |
| Geschichtsunterricht lernen werden. Das Bild, das die USA derzeit auf | |
| zentralen Feldern politischen Handelns abgeben, ist verheerend. Ja, | |
| unvorbereitet auf die Situation waren auch andere Staaten. Aber wenigstens | |
| nicht so frivol. | |
| Der Kaiser ist nackt und hat keine neuen Kleider? Wenn es nur das wäre. Er | |
| hat offenbar nicht einmal mehr Abgetragenes im Schrank. | |
| Zu Genugtuung besteht keinerlei Anlass. So berechtigt Kritik an den USA in | |
| den letzten Jahren und Jahrzehnten auch gewesen ist: Die Mächte, die | |
| gegenwärtig stark genug sind, um sich ein Vakuum zunutze zu machen, können | |
| selbst Zyniker das Fürchten lehren. | |
| Anlass zur Hoffnung gibt es kaum. Joe Biden, der als letzter demokratischer | |
| Präsidentschaftsbewerber eher übrig geblieben als auf Schultern getragen | |
| worden ist, wirkt seit Wochen – freundlich ausgedrückt – vollständig | |
| hilflos. An seiner Fähigkeit, das höchste Staatsamt zu übernehmen, zweifeln | |
| inzwischen fast alle Leitmedien. Unabhängig von ihrer politischen Tendenz. | |
| Und US-Präsident Donald Trump? Was soll man da noch sagen. Nahezu täglich | |
| verbreitet er [1][Fehleinschätzungen], die oft schon Stunden später durch | |
| Tatsachen widerlegt werden. Er zeigt sich mitleidlos, ausschließlich an | |
| sich selbst interessiert und witzelt im Angesicht einer Katastrophe. | |
| Ganz offensichtlich ist es jedoch wirkungslos, auf derlei wieder und wieder | |
| hinzuweisen. Trump hat zwar, verglichen mit anderen Präsidenten in | |
| Krisenzeiten, konkurrenzlos niedrige Umfragewerte. Seine Anhängerschaft | |
| steht aber dennoch in Treue fest zu ihm. Vielleicht reicht es für die | |
| Wiederwahl. Die Konkurrenz ist ja nicht so bedrohlich. | |
| Erstaunlich, dass es so weit kommen konnte. In einem Land, das nach wie vor | |
| überragende Leistungen hervorbringt, zum Beispiel auf kulturellem und | |
| wissenschaftlichen Gebiet. Möglicherweise liegt das an – altmodisches Wort | |
| –: Klassengegensätzen. In stärkerem Maße als in anderen westlichen | |
| Demokratien ist es interessierten Kreisen in den USA gelungen, Armut und | |
| andere soziale Nöte als individuelle Probleme, nicht als gesellschaftliche | |
| Aufgabe darzustellen. Hilfsbereitschaft: immer willkommen. Staatliche | |
| Daseinsvorsorge: Teufelswerk. | |
| Es ist fraglich, ob eine solche Weltsicht auch im Angesicht einer Seuche | |
| noch Bestand haben wird. Wie lange hält eine Gesellschaft aus, dass | |
| bestimmte Gruppen – wie jetzt die Afroamerikaner – besonders betroffen | |
| sind? Und: Die Arbeitslosigkeit ist in den USA, wie auch andernorts, steil | |
| angestiegen. Viele derjenigen, die jetzt ohne Einkommen dastehen, verlieren | |
| zeitgleich die Krankenversicherung für sich und ihre Familien. Das kann | |
| selbst dann eine Katastrophe sein, wenn Kosten im Zusammenhang mit Corona | |
| übernommen werden. Es gibt ja auch in Zeiten einer Seuche weiterhin | |
| Schlaganfälle. | |
| Vieles spricht dafür, dass die politische Debatte nach dem Ende der | |
| Corona-Krise – auch – in den USA unter anderen Vorzeichen stehen wird als | |
| zuvor. Aber für die weltpolitische Position der Vereinigten Staaten könnte | |
| es dann zu spät sein. | |
| 10 Apr 2020 | |
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| ## AUTOREN | |
| Bettina Gaus | |
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