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# taz.de -- Gemischte Bilanz des EEG: Weniger CO2? Na ja …
> Vor 20 Jahren trat das Erneuerbare-Energien-Gesetz in Kraft. Die Bilanz
> des Gesetzes ist schwierig und fällt gemischt aus.
Bild: Das EEG hat international einen großen Fortschritt für Klimaschutz und …
Berlin taz | Die Grafik ist beeindruckend: Sie zeigt in den bunten Farben
einer steil steigende Kurve, wie viel Kohlendioxid Deutschland durch
Öko-Energie vermieden hat: Von knapp 46 Millionen Tonnen 2000 steigt die
Zahl auf 203 Millionen Tonnen in 2019. „Seit der Einführung des EEG (2000)
haben sich die vermiedenen Treibhausgasemissionen durch erneuerbare
Energien mehr als vervierfacht“, heißt es dazu stolz vom Bundesverband
Erneuerbare Energien (BEE). Der hat die Grafik mit Daten des
Umweltbundesamts (UBA) erstellt.
[1][Zwanzig Jahre nach der Einführung des „Erneuerbaren-Energien-Gesetzes“]
am 1. April 2000 sollen die Daten zeigen: Der Aufbau von knapp 125 Gigawatt
von erneuerbarer Stromerzeugung in Deutschland, die inzwischen etwa 42
Prozent des Stroms liefern, war ein großer Schritt für den Klimaschutz. Er
hat demnach in zwanzig Jahren insgesamt 2,3 Milliarden Tonnen CO2
vermieden, so viel, wie Deutschland heute etwa in drei Jahren emittiert.
Und die inzwischen mehr als 220 Milliarden Euro an „Differenzkosten“, die
die Stromkunden seit 2000 für die Unterstützung der Ökoindustrie gezahlt
haben, waren in dieser Erzählung gut angelegtes Kapital für den
Klimaschutz. „Vieles deutet darauf hin, dass das EEG als erfolgreichstes
Klimaschutzgesetz in die Geschichte der Menschheit eingehen wird“, jubelt
der Bundesverband Solarwirtschaft.
Wie viel Klimagas der Atmosphäre aber durch das EEG tatsächlich erspart
geblieben ist, ist kaum zu beziffern. „Der Klimaschutzeffekt des EEG war
für die EU vermutlich sehr gering“, sagt Karen Pittel, Energieökonomin am
Münchner ifo-Institut und Co-Vorsitzende des wissenschaftlichen Beirats
Globale Umweltveränderungen (WBGU) der Bundesregierung. Für sie hat das EEG
zwar dafür gesorgt, dass sich die Erneuerbaren am Markt inzwischen
durchsetzen, aber „in Bezug auf seine wichtigste Zielsetzung, nämlich die
CO2-Reduktion, war es weder besonders effektiv noch ökonomisch effizient.
[2][Das hätten wir mit anderen Maßnahmen], etwa anderen europäischen
Rahmenbedingungen oder einem höheren CO2-Preis, besser erreicht.“
## Problem ist der „Wasserbett-Effekt“
Die Zahlen des UBA zum Rückgang der Emissionen sind verlässlich – aber sie
berechnen nur, wie viel CO2 durch weniger Kohle in Deutschland vermieden
wurde, weil Sonne und Wind Vorrang im deutschen Stromnetz bekamen. Sie
zeigen nicht den „Wasserbett-Effekt“, der lange Jahre durch den
EU-Emissionshandel entstand: Wenn Ökostrom in Deutschland die Verbrennung
von Kohle und Gas verdrängte, wurden die dafür ausgeteilten CO2-Zertifikate
billiger und deshalb anderswo in Europa genutzt: Wie bei einem Wasserbett
führt eine Senkung auf der einen Seite zu einer Erhöhung auf der anderen.
Das Phänomen wurde unter dem Begriff „Energiewende-Paradox“ beschrieben:
Deutschland investierte jedes Jahr Milliarden von Euro in den Aufbau von
Ökostrom – und trotzdem sanken zwischen 2009 und 2017 die Emissionen nicht,
weil die Wirtschaft wuchs und in Gebäuden und im Verkehr kein CO2 gespart
wurde. Und während die durchs EEG überflüssigen Zertifikate in der EU
verfeuert wurden, liefen außerdem die CO2-intensiven deutschen
Braunkohlekraftwerke weiter, weil die Zertifikate so billig waren, und
exportierten in großem Umfang den dreckigen deutschen Strom ins Ausland.
„Das EEG war kein Instrument, um für sich allein die CO2-Emissionen zu
senken“, sagt auch David Ritter, Experte vom Öko-Institut. „Es sollte daf�…
sorgen, die Erneuerbaren auszubauen und sie durch eine Kostenreduktion
massenfähig zu machen. Das hat es auch erreicht: Die Energieerzeugung hat
sich seit 2000 mehr als versechsfacht, und der Anteil an der Stromnachfrage
wird in diesem Jahr mehr als doppelt so hoch liegen wie zu Beginn erhofft.“
Aber für effizienten Klimaschutz hätte es einen besser funktionierenden
Emissionshandel mit höheren Preisen gebraucht oder einen früheren
Kohleausstieg. „In Kombination mit solchen Maßnahmen hätte das EEG zu einem
viel effizienteren Klimaschutz beitragen können“, ist sich Ritter sicher.
Das erkannten sehr spät auch die EU-Staaten. 2018 reformierten sie den
Emissionshandel. Seitdem sind CO2-Zertifikate teurer, die Obergrenze für
den EU-weiten CO2-Ausstoß sinkt schneller, der Überfluss wird abgeschöpft,
und die Staaten können die CO2-Lizenzen stilllegen, wenn sie in Klimaschutz
investieren. Die Bundesregierung etwa will die Zertifikate entnehmen, die
durch den Kohleausstieg bis 2038 frei werden. Ein neues europäisches
„Wasserbett“ soll so vermieden werden – allerdings ist bereits das nächs…
angelegt: Die EU-Ziele für Erneuerbare wurden 2018 erhöht, ohne die
Zertifikate zu verknappen.
## Trotz allem eine Erfolgsgeschichte
Wie viel CO2 ist der Atmosphäre letztlich durch die deutschen EEG-Anlagen
erspart geblieben? Dazu fehlten verlässliche Daten, heißt es überall.
Unbestritten ist aber auch bei den Kritikern, dass das EEG international
einen großen Fortschritt für Klimaschutz und Energiewende gebracht hat.
„Deutschland hat vor zwanzig Jahren in einem kritischen Moment der Welt
Führerschaft gezeigt und die Märkte für Erneuerbare erschlossen“, lobt
Jennifer Layke vom Thinktank World Ressources Institute in Washington
gegenüber der taz. Damit habe ein großes Industrieland gezeigt, dass es
Vertrauen in die junge Technik habe und die Förderung der Erneuerbaren
„einen finanziellen und einen gesellschaftlichen Wert“ habe.
Vor allem der boomende deutsche Markt mit hohen Einspeisevergütungen
brachte die chinesische Industrie dazu, massenweise billige
Photovoltaik-Technik zu produzieren – und im Laufe der Zeit die ganze Welt
damit zu beliefern. Die deutsche Solarindustrie ging daran pleite, aber
inzwischen sind die Preise für die Technik um 90 Prozent gefallen, Wind und
Sonne sind in fast allen Ländern der Welt bei neuen Kraftwerken die
billigste Form der Stromerzeugung.
„Das EEG ist unser größter Beitrag zur weltweiten Entwicklungshilfe“, hei…
es nur halb im Scherz in deutschen Ministerien. Etwa ein Drittel der
Kostensenkung weltweit gehe auf das EEG zurück, schätzen Experten. Damit
öffnet sich zum ersten Mal eine Chance für eine Energieversorgung, die zu
großen Teilen nicht mehr auf Kohle, Gas und Öl beruht und die radikale
„Dekarbonisierung“ der Weltwirtschaft zumindest denkbar macht, wie die
Staaten es 2015 im Pariser Abkommen beschlossen haben. Damit ist das EEG
wohl doch ein erfolgreiches Klimaschutzgesetz – auch wenn unklar ist, wie
viel CO2 es in seinen ersten zwanzig Jahren direkt verhindert hat.
6 Apr 2020
## LINKS
[1] /20-Jahre-Erneuerbare-Energien-Gesetz/!5675815&s=Nichts+f%C3%BCr+die+Ew…
[2] /Klimaschutzziel-fuer-2030/!5666057&s=Klima/
## AUTOREN
Bernhard Pötter
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Schwerpunkt Klimawandel
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