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# taz.de -- Die Wahrheit: Die Welt mit Gin retten
> Kann man den Klimawandel mit Saufen aufhalten? Eine schottische Brennerei
> geht mit umweltverträglichem Sprit hausieren.
Dank Corona hat das Klima derzeit eine Atempause. Aber das wird sich
ändern, sobald das Virus besiegt ist. Die Menschen werden ihre Flugreisen
nachholen oder das Geld, das sie wegen geschlossener Kneipen gespart haben,
in schöne neue SUVs anlegen. Man muss sich also andere Strategien einfallen
lassen, um die Klimaziele zu erreichen – zum Beispiel zünftige Trinkgelage.
Die Meisterbrennerin Kirsty Black hat einen Gin erfunden, der mehr
Kohlendioxid verbraucht, als bei der Herstellung freigesetzt wird. Das in
Kreisen des englischen Königshauses überaus beliebte Gesöff wird in dem
Fall nämlich nicht aus Getreide oder Melasse hergestellt, sondern aus
Erbsen. Black arbeitet seit fünf Jahren in der Arbikie-Brennerei, einem
seit vier Generationen bestehenden Familienbetrieb in den schottischen
Highlands.
Nebenbei schreibt sie eine Doktorarbeit an der Abertay University in
Dundee. Ich kenne das Thema nicht, aber vermutlich geht es um den
hochprozentigen Gemüsesaft. Jede 700-Milliliter-Flasche bindet anderthalb
Kilo Kohlendioxid. Der Gin ist derzeit nur online erhältlich und kostet 43
Pfund pro Flasche. Er heißt „Nàdar“, das ist das gälische Wort für Natu…
Man nutze die Kraft der Natur und der Wissenschaft, um den ersten
klimafreundlichen Gin der Welt zu produzieren, heißt es in der Werbung. Die
proteinhaltige Würze nach dem Brennvorgang benutzt man, um Kühe damit zu
füttern, denn der Familie gehört seit dem Jahr 1660 ein Bauernhof. Damit
macht man freilich die Klima-Pluspunkte wieder zunichte.
Die Familie hätte das klimafreundliche Gesöff wenigstens nach seiner
Erfinderin nennen können. Aber man hatte bereits „Kirsty’s Gin“ im
Sortiment. Dessen Mischung aus Carline-Disteln, Blaubeeren, Seetang und
drei Kartoffelsorten repräsentiere den Ozean, die Felsen und die Landschaft
rund um die Brennerei, behauptet die Namensgeberin. Doch Kirsty’s Gin
bindet kein Kohlendioxid. Mit 37 Pfund ist er aber billiger als Nàdar. Und
er hat beim Schnapsfestival in San Francisco die Goldmedaille gewonnen.
Wäre der klimafreundliche Gin schon früher erfunden worden, hätte die
Mutter von Königin Elisabeth mit ihren inneren Desinfektionswerten die Erde
im Alleingang retten können. Ihre Leber wäre Weltkulturerbe geworden. Man
hat Queen Mum übrigens damals nicht verbrannt, sondern erdbestattet, weil
sonst das Krematorium in die Luft geflogen wäre.
Dank Nàdar kann man jetzt den Schriftsteller Oliver St. John Gogarty frei
zitieren: „Trinkt, bis ihr die Entlein im Gin-Becher schwimmen seht. Mit
jedem Vollrausch tragt ihr zur Rettung der Erde bei.“
Mein Problem ist allerdings, dass ich keinen Gin mag. Und ein Freund von
Erbsen bin ich auch nicht. Vielleicht könnte Kirsty Black einen Whiskey aus
Spargelspitzen erfinden? Oder einen Cognac aus Pfifferlingen?
23 Mar 2020
## AUTOREN
Ralf Sotscheck
## TAGS
Gin
Schwerpunkt Klimawandel
Schottland
Kentucky
Schwerpunkt Coronavirus
Nordirland
Reiseland Großbritannien
St. Patrick's Day
Irland
Irland
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