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# taz.de -- Die Wahrheit: Entlassen. Obdachlos. Verhöhnt
> In der Corona-Krise räumen große Hotels in Großbritannien nach guter
> kapitalistischer Manier auf – bei ihrem eigenen Personal.
Zum Coronavirus kam bei einem Hotel in den schottischen Highlands nun auch
noch ein Computervirus hinzu. Das Coylumbridge Hotel in Aviemore hatte
wegen der Pandemie die Angestellten entlassen und ihnen erklärt, sie
müssten das Haus umgehend verlassen. Wer nicht schnell genug verschwunden
war, bekam Hilfe von einer Sicherheitsfirma.
Zahlreiche Angestellte, die auf dem Gelände des Hotels wohnten, waren
plötzlich obdachlos. Das Hotel ist kein kleiner Familienbetrieb, sondern
gehört zu der Kette Britannia Hotels, die 61 Hotels in Großbritannien
betreibt. Der Gründer und Mehrheitsaktionär Alex Langsam, der aus
Steuergründen schnell nach Österreich gezogen ist, hat rund 90 Millionen
Pfund auf dem Konto. Eine Testzeitschrift hat die Britannia-Hotels seit
2013 aus Hygienegründen stets als schlechteste im ganzen Land bezeichnet.
Die Entlassungen lösten in den sozialen Medien und bei der schottischen
Regierung einen Wutanfall aus. Daraufhin nahm die Geschäftsführung die
Kündigungen zurück. Es habe sich um einen „Verwaltungsirrtum“ gehandelt,
haha, kann ja mal passieren. Offenbar hat der Computer die Kündigungsbriefe
eigenmächtig geschrieben und verschickt.
In Irland gab es ebenfalls Entlassungen wegen Corona, bisher haben 400.000
Menschen ihre Jobs verloren, vor allem in der Tourismusbranche. Sicher,
kleine Unternehmen haben keine andere Wahl, als ihre Leute zu entlassen,
weil die Besucher ausbleiben, aber Jurys Inn? Die Hotelkette hat sämtliche
Teilzeitkräfte, alle Angestellten mit gleitender Arbeitszeit sowie viele
Festangestellte hinausgeworfen.
Die Hotels gehören zur israelischen Fattal-Hotels-Gruppe, die 190 Hotels in
der Welt betreibt und mehr als 100 Millionen Euro Profit im Jahr macht. In
Deutschland operiert das Unternehmen unter dem Namen Leonardo Hotels.
Geschäftsführer David Fattal gab sich aber nicht mit den Kündigungen
zufrieden, sondern verhöhnte die Opfer obendrein mit einem Churchill-Zitat.
„Ein Pessimist sieht die Schwierigkeiten in jeder Möglichkeit, ein Optimist
sieht die Möglichkeiten in jeder Schwierigkeit“, schrieb er den
Angestellten zum Rauswurf.
Das irische Connolly Youth Movement, eine marxistische Jugendorganisation,
hat eine Webseite eingerichtet, auf der die Multis verzeichnet sind, die
Leuten wegen Corona gekündigt haben. Man findet dort bekannte Namen wie
Guinness, die Belfaster Niederlassung der Autovermietung Avis sowie
Specsavers, ein Unternehmen für Billigbrillen, das 2,6 Milliarden Pfund im
Jahr Profit macht.
Selbst das Crumlin Road Jail, der berüchtigte Knast in Belfast, heute eine
Touristenattraktion, wo während des Konflikts Kämpfer beider Seiten
einsaßen, hat Leute entlassen. Es gibt dort viele leere Zellen, in denen
man Bosse kündigungsfreudiger Firmen isolieren könnte.
30 Mar 2020
## AUTOREN
Ralf Sotscheck
## TAGS
Reiseland Großbritannien
Hotel
Schwerpunkt Coronavirus
Kentucky
Schwerpunkt Coronavirus
Schwerpunkt Coronavirus
Nordirland
Schwerpunkt Coronavirus
Gin
St. Patrick's Day
Irland
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