# taz.de -- Perspektivlose Jobs an Hochschulen: Albtraumjob Wissenschaftler | |
> Das wissenschaftliche Personal an Hochschulen ist meist nur befristet | |
> beschäftigt. Eine Gesetzesnovellierung änderte daran wenig. | |
Bild: Studentische Beschäftigte demonstrieren für einen Tarifvertrag | |
Berlin taz | Unter dem Titel „Hire and Fire forever“ präsentierte die | |
Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) am Mittwoch die erste | |
Evaluation des [1][Wissenschaftszeitvertragsgesetzes] (WissZeitVG) seit | |
dessen Novellierung im Jahr 2016. Die Ergebnisse sind ernüchternd. | |
Das WissZeitVG regelt seit 2007 die Befristung wissenschaftlichen Personals | |
an staatlichen Hochschulen – zu deren Nachteil: Der wissenschaftliche | |
Nachwuchs hangelt sich von einem Zeitvertrag zum nächsten. Laut Gesetz | |
können wissenschaftliche Mitarbeiter*innen für jeweils sechs Jahre vor und | |
nach der Promotion befristet werden, im Sonderfall für zwölf Jahre. | |
Begründung der Regelung: Für eine innovationsfähige Forschung sei laut | |
Gesetzgeber ein ständiger Zufluss neuer Wissenschaftler*innen notwendig. 90 | |
Prozent des wissenschaftlichen Personals deutscher Unis mussten sich 2015 | |
mit [2][Zeitverträgen] zufriedengeben. | |
Auf Initiative der GEW folgte die Gesetzesnovellierung: Eine Befristung ist | |
nur zulässig, wenn die Beschäftigung zur Förderung der eigenen | |
wissenschaftlichen Qualifizierung erfolgt. Zudem muss die Befristungsdauer | |
der angestrebten Qualifizierung entsprechen. | |
89 Prozent befristet | |
In der Praxis zeigen diese Änderungen kaum Wirkung: Nach Inkrafttreten der | |
Novelle waren 2018 immer noch 89 Prozent des wissenschaftlichen Personals | |
befristet angestellt. | |
Das liegt an der breiten Auslegung des Qualifizierungsbegriff seitens der | |
Hochschulen. Neben formalen Zielen der Promotion und Habilitation werden | |
auch nichtformale Ziele, wie die Vorbereitung auf eine Karriere außerhalb | |
der Wissenschaft, als Qualifizierungsziele gewertet und somit gemäß | |
WissZeitVG befristet. | |
Die Dauer der befristeten Verträge ist laut Evaluation von 24 auf 28 | |
Monaten nur gering gestiegen. Anders als gefordert, orientieren sich die | |
Hochschulen bei Festlegung der Laufzeit jedoch nicht an der tatsächlich | |
benötigten Zeit für die angestrebte Zielerreichung. | |
Trotz des rasant steigenden Zulaufs wissenschaftlicher Mitarbeiter*innen an | |
den Unis erhöht sich die Zahl der Promotionen unverhältnismäßig gering. Das | |
Ergebnis der Studie: Sowohl die Qualifizierung der angehenden | |
Wissenschaftler*innen, als auch die „Innovationsfähigkeit“ der Forschung | |
leiden unter dem derzeitigen Befristungsunwesen. | |
Nichtsdestotrotz wolle man sich laut dem Vizevorsitzenden der GEW, Andreas | |
Keller, von diesen Ergebnissen nicht entmutigen lassen. Gemäß dem Grundsatz | |
„Dauerstellen für Daueraufgaben“, gehe es nun darum, sich aktiv an der | |
Umsetzung des Gesetzes an den Hochschulen zu beteiligen, sowie weitere | |
Gesetzesänderungen auf den Weg zu bringen. | |
12 Mar 2020 | |
## LINKS | |
[1] /WissenschaftlerInnen-vor-der-Wahl/!5443992 | |
[2] /Protest-gegen-Arbeitsbedingungen-an-Unis/!5463356 | |
## AUTOREN | |
Luisa Kuhn | |
## TAGS | |
Befristung | |
Hochschule | |
Wissenschaftliche Mitarbeiter | |
Wissenschaft | |
Prekäre Arbeit | |
Hochschule | |
Geht's noch? | |
Wissenschaft | |
Schwerpunkt Bundestagswahl 2025 | |
Die Linke | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
GEW zur Wissenschaftlerförderung: „#IchBinHanna wird weitergehen“ | |
Das Forschungsministerium plant bessere Verträge für Wissenschaftler:innen. | |
Die Vorschläge aber seien viel zu schwach, sagt GEW-Vize Andreas Keller. | |
Prekär Beschäftigte in der Wissenschaft: An den Unis tickt die Uhr | |
Prekär Beschäftigte an Bremer Hochschulen sind in der Pandemie noch | |
unsicherer aufgestellt. Die Gewerkschaft GEW fordert mehr Zeit und Geld für | |
sie. | |
Bayerische Hochschulreform: Der Widerstand wächst | |
Mehr Wettbewerbsfähigkeit soll die geplante Reform den bayerischen | |
Hochschulen bringen. Kritiker rechnen mit einer zunehmenden Ökonomisierung. | |
Deutsche sind unzufrieden mit Lohnarbeit: Arbeit macht das Leben aus | |
Deutsche Arbeitnehmer*innen haben laut Umfragen keinen Bock auf ihren Job. | |
Da hilft auch kein Coaching, liebe Chefetagen. | |
Forscher an Hamburger Hochschulen: Wissenschaft ist brotlos | |
Der akademische Mittelbau wehrt sich gegen prekäre Arbeitsverträge an den | |
Unis. Mit Geld vom Bund, wäre es jetzt möglich, das zu ändern. | |
WissenschaftlerInnen vor der Wahl: Teures Wahlkampfthema Uni | |
Befristete Verträge und Stundenlöhne von 3 Euro – im Wahlkampf spielen die | |
Arbeitsbedingungen an der Uni keine Rolle. Bisher. | |
Zeitverträge an Hochschulen: Jede vierte Verwaltungsstelle befristet | |
Zeitverträge sind Standard für DoktorandInnen. Doch Unis und Institute | |
haben das Sonderarbeitsrecht auch auf ihre Verwaltungen ausgeweitet. |