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# taz.de -- Kritik an Corona-Hilfsprogramm der EU: Too little, too late
> Die EU-Kommission stellt bis zu 25 Milliarden Euro gegen Corona zur
> Verfügung. Viel zu wenig gegen das Virus, sagen Kritiker.
Bild: Eine verlorene Atemschutzmaske vor dem Kolosseum in Rom
Brüssel taz | Es erinnert an die schlimmsten Zeiten der Eurokrise: In einer
hektisch anberaumten Videokonferenz haben die 27 Staats- und
Regierungschefs der EU [1][das erste europaweite Hilfsprogramm] gegen die
Coronavirus-Krise zusammengezimmert. Der Panikmodus, auf den vor allem
Frankreich und Italien gedrängt hatten, scheint geholfen zu haben.
Plötzlich ist nicht nur Geld da – Kommissionspräsidentin Ursula von der
Leyen versprach bis zu 25 Milliarden Euro zur Stützung von strauchelnden
Unternehmen. Nun soll auch endlich gemeinsam medizinische Schutzausrüstung
beschafft werden – bisher scheiterte das an nationalen Beschränkungen, etwa
in Deutschland und Frankreich.
Von der Leyen will auch die „Geisterflüge“ mit halbleeren Flugzeugen
abstellen, die durch absurde EU-Regeln begünstigt wurden. Zudem soll es
künftig tägliche Krisenrunden mit allen betroffenen Gesundheitsministern
geben – per Telefon. Bisher hatten sie sich zweimal in Brüssel getroffen,
ohne irgendetwas zu beschließen.
Für Brüsseler Verhältnisse legt die EU nun ein enormes Tempo vor. Doch aus
Sicht vieler Politiker und Ökonomen ist das immer noch nicht genug. Die
angekündigten 25 Milliarden Euro seien kein frisches Geld, sondern würden
vom ohnehin knappen EU-Budget abgeknapst, kritisiert etwa der grüne
EU-Haushaltsexperte Rasmus Andresen.
## USA diskutieren über 700 Milliarden Dollar
Zudem sind 25 Milliarden wenig im Vergleich zu dem, was [2][aktuell in den
USA diskutiert] wird. In Washington ist von Steuererleichterungen von bis
zu 700 Milliarden Dollar die Rede, die US-Notenbank hat bereits die Zinsen
gesenkt. Demgegenüber wartet die Europäische Zentralbank weiter ab; der
Nullzins lässt ihr nicht viel Spielraum.
Auch die EU-Finanzminister sind noch nicht aktiv geworden. Sie wollen sich
erst in der kommenden Woche in Brüssel treffen, um über „fiskalische
Maßnahmen“ – also Steuererleichterungen, Investitions- und
Konjunkturprogramme – zu sprechen. Frankreich und Italien fordern ein Ende
des Sparkurses, doch Deutschland steht auf der Bremse.
Kritik gibt es auch daran, dass die EU zwar erstmals koordiniert auf die
Krise reagieren will, jedoch keine spezifischen Hilfsprogramme für das
besonders betroffene Italien angekündigt hat. Italien brauche
wahrscheinlich europäische Hilfen, etwa aus dem Euro-Rettungsfonds ESM,
sagte der deutsche Ökonom Peter Bofinger.
## Defizitregeln flexibler auslegen
Die Regierung in Rom habe wegen der hohen Verschuldung im Land nur
begrenzte Möglichkeiten, so Bofinger. Europa könne sich keine
währungspolitische Krise zusätzlich zur Corona-Epidemie erlauben. Bisher
hat die EU nur angekündigt, die strikten Defizitregeln für den Euro
flexibel auslegen zu wollen. Doch das dürfte kaum reichen.
Frustriert weist Italiens EU-Botschafter Maurizio Massar darauf hin, dass
China seinem Land mit praktischer Hilfe beisteht, aus Brüssel jedoch nichts
komme. So hat Peking zwei Millionen Schutzmasken und 100.000 Atemgeräte
versprochen – kostenlos. Rom hatte auch die europäischen Partner um Hilfe
gerufen, doch keine Antwort erhalten.
Tatsächlich wurden größere Entscheidungen – etwa über ein
Konjunkturprogramm – auf den nächsten EU-Gipfel Ende März verschoben.
Frankreich wollte sofort handeln, doch Bundeskanzlerin Angela Merkel
blockierte. Norbert Röttgen, Bewerber auf den CDU-Vorsitz, hält das für
einen Fehler: „Für die Menschen und die Wirtschaft ist das zu spät.“
Man kann es auch mit einem Slogan aus der Eurokrise zusammenfassen: „Too
little, too late.“ Die EU unternehme zu wenig, und sie handele zu spät, so
die Kritiker. Merkel muss sich warm anziehen, wenn sie zum EU-Gipfel nach
Brüssel kommt. Oder wird es wieder eine Videokonferenz – aus Angst vor dem
Coronavirus?
11 Mar 2020
## LINKS
[1] /Oekonom-ueber-Corona-Folgen/!5671182
[2] /Coronavirus-in-den-USA/!5670277
## AUTOREN
Eric Bonse
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Gesundheit
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