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# taz.de -- Grenze zwischen Türkei und Griechenland: Spitze Geschosse gegen Ge…
> Die Türkei heizt die Lage an der Grenze weiter an. Griechenland setzt das
> Asylrecht aus und schießt mit lebensgefährlichen Tränengaskartuschen.
Bild: Griechische Polizisten bei der Festnahme von Flüchtlingen aus Pakistan i…
BERLIN taz | Die griechische Regierung hat neue Zahlen zum Geschehen im
Grenzgebiet zur Türkei veröffentlicht. Demnach hat sie seit Samstagmorgen
34.778 versuchte Grenzübertritte verhindert. 252 Flüchtlinge seien auf
griechischem Territorium festgenommen worden. 64 Prozent der Festgenommenen
stammen aus Afghanistan, 19 Prozent aus Pakistan, 5 Prozent aus der Türkei
und nur 4 Prozent aus Syrien.
Der griechische Migrationsminister Notis Mitarachi kündigte an, dass alle
nach dem 1. März in Griechenland festgenommenen Flüchtlinge zunächst in die
nordgriechische Stadt Serres gebracht und dann ohne Asylverfahren in ihre
Heimatländer abgeschoben würden. Auf den griechischen Inseln seien seit dem
1. März rund 1.700 Flüchtlinge angekommen.
Aktuell befinden sich rund 5.000 Menschen am Grenzübergang vor dem
griechischen Dorf Kastanies. Wie schon in den vergangenen Tagen verbreitete
die Türkei erheblich abweichende Zahlen: Innenminister Süleyman Soylu
behauptete, seit Ende Februar seien mehr als 130.000 Migranten über die
Grenze nach Griechenland gezogen, was vollkommen übertrieben sein dürfte.
Soylu warf Griechenland vor, in den letzten Tagen etwa 4.900 Migranten
zurückgewiesen zu haben. Das verstoße gegen internationale Konventionen.
„Sie sind verpflichtet, sie hereinzulassen und Asylbewerber aufzunehmen“,
sagte Soylu.
## Türkei bringt Griechenland in Nöte
Offenbar um den Konflikt weiter anzuheizen, schickte Ankara am Donnerstag
1.000 Spezialkräfte der Polizei an den Grenzfluss Evros. Diese sollen eine
Zurückweisung von Migranten verhindern. „Mit Hilfe von Schlauchbooten
werden sie die (zurückhalten), die Menschen misshandeln“, sagte Soylu.
Griechische Polizisten haben verschiedenen Berichten zufolge schon seit
Jahren Zehntausende Flüchtlinge illegale über den Grenzfluss Evros zurück
in die Türkei geschoben.
Die Türkei werde noch viel mehr Migranten Richtung Europa ziehen lassen,
sagte Soylu. Auch für die Menschen in der syrischen Krisenregion Idlib
würden sich die Türen öffnen, „und letztendlich werden sich alle auf den
Weg nach Europa machen“, sagte Soylu.
Wie sehr die Türkei es darauf anlegt, den ungeliebten Nachbarn Griechenland
in Nöte zu bringen, zeigt sich an der bulgarisch-türkischen Grenze: Dort
gebe es „keine Spannung“, sagte Bulgariens Verteidigungsminister Krassimir
Karakatschanow. Die Türkei lasse keine Migranten in Richtung Bulgarien
durch. Sollte sich das ändern und es „Ausschreitungen wie in Griechenland“
geben, wolle das Land notfalls „Gewalt anwenden“, sagte er.
Griechenland hat unterdessen Beschränkungen für den Schiffsverkehr in der
Ägäis erlassen, um die „illegale Migration über das Meer“ zu bekämpfen,…
das Verteidigungsministerium. Zunächst bis zum 12. März sollen kleine
Schiffe und Boote das Seegebiet nicht befahren dürfen. Ausgenommen seien
Handelsschiffe.
## Geschosse mit scharfer Spitze
Am Montag und am Mittwoch gab es [1][Berichte über zwei Tote durch
Geschosse der griechischen Polizei]. Jetzt berichtet die
Investigativ-Website Bellingcat, Griechenland setze offenbar „potenziell
tödliche“ Tränengasgeschosse an der Grenze ein. Dort seien
Tränengaskartuschen „mit scharfer Spitze“ gefunden worden, so Bellingcat.
„Normale Tränengasgeschosse“ hätten nur eine begrenzte Reichweite und
verursachten eher keine schweren Verletzungen. Die gefundenen Geschosse
hätten hingegen „deutlich mehr Wucht“. Durch ähnliche Geschosse seien
[2][zahlreiche Demonstranten im Irak schwer verletzt oder getötet] worden.
Die Türkei hatte Griechenland am Mittwoch vorgeworfen, mit scharfer
Munition auf Migranten und Flüchtlinge an der Grenze geschossen und mehrere
verletzt sowie einen getötet zu haben. Athen wies dies als
„Falschnachrichten“ zurück. Wegen des Tods eines Migranten will die Türkei
den Internationalen Menschenrechtsgerichtshof anrufen.
Unterdessen sprach sich eine Mehrheit der Deutschen für eine Verteilung der
Schutzsuchenden aus der Türkei auf die Länder der EU aus. Laut einer
ARD-Umfrage befürworten 57 Prozent der Bundesbürger, dass die Flüchtlinge
die Grenze zu Griechenland überqueren dürfen und anschließend auf die
EU-Staaten aufgeteilt werden. 41 Prozent stimmen dieser Aussage eher nicht
zu.
6 Mar 2020
## LINKS
[1] /Gefluechtete-an-EU-Aussengrenze/!5669605
[2] /Eskalierende-Proteste-im-Irak/!5633778
## AUTOREN
Christian Jakob
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