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# taz.de -- Konzertierte Notenbanken-Aktion: Zinssenkung gegen Virus-Folgen
> Die Weltwirtschaft leidet unter dem Coronavirus. Die US-Notenbank senkt
> den Leitzins. Die Börsenkurse stiegen – allerdings nur kurz.
Bild: Mehr Geld wegen Corona – aber bitte virenfrei
Berlin taz | Zentralbanken rund um den Globus zeigen sich zur Freigabe
frischen Geldes bereit, um den Märkten in Zeiten von Pandemie-Sorgen neuen
Auftrieb zu geben. „Die Notenbanken der G7 sind entschlossen, ihrer
Verantwortung für Wachstum und die Widerstandsfähigkeit des Finanzsystems
nachzukommen“, teilte das US-Finanzministerium mit. Es hatte am Dienstag
eine Telefonkonferenz der Finanzminister und Währungshüter der sieben
G7-Volkswirtschaften organisiert.
Kurz darauf reagierte der Chef der amerikanischen Zentralbank, Jerome
Powell, bereits mit einer Zinssenkung um 0,5 Prozentpunkte. Das ist
bemerkenswert, weil Powell sich noch vor Kurzem entschlossen zeigte, auf
eine Normalisierung der Zinsen auf einem höheren Niveau hinzuarbeiten.
Die japanische Zentralbank hatte zuvor bereits angekündigt, die „weitere
Entwicklung zu beobachten und ausreichend Liquidität bereitstellen“ zu
wollen. Da sich die Zinsen dort nicht mehr senken lassen, reagierte die
Bank mit dem Ankauf von Staatsanleihen im Wert von vier Milliarden Euro. So
pumpt sie Geld ins Finanzsystem.
Auch die Bank of England versprach unterdessen, „alle nötigen Maßnahmen zu
ergreifen, um die Wirtschaft des Vereinigten Königreichs zu unterstützen“.
Die Zentralbanken von Australien und Malaysia haben ihre Zinsen bereits
gesenkt. Die neue Chefin der Europäischen Zentralbank (EZB), Christine
Lagarde, hat ebenfalls ihre Bereitschaft zur Hilfestellung signalisiert.
## Ökonomen begrüßen die konzertierte Aktion
Ökonomen halten eine Lockerung der Geldpolitik derzeit für sinnvoll. „Es
wäre eine Stütze für den Finanzmarkt“, sagt Birgit Henseler, Analystin bei
der DZ Bank. Die Auswirkungen auf die Realwirtschaft werden sich nach ihrer
Einschätzung allerdings in Grenzen halten – schließlich ist Geld bereits
seit 2009 sehr billig. Die EZB kauft zudem routinemäßig, wie die Bank of
Japan, Anleihen am Markt auf. Damit spült sie Geld ins System – jeden Monat
etwa 20 Milliarden Euro. Zudem bestraft sie Banken, die Geld bei der
Zentralbank parken wollen, mit Gebühren, damit diese die Mittel stattdessen
im Umlauf halten.
Was einst Extremmittel in Ausnahmezeiten gewesen wären, ist heute der
Normalzustand. In diesen Zeiten ist es schwer, noch einen Effekt
auszulösen. Analystin Henseler hält es dennoch für möglich, entsprechend
positive Signale zu senden. Die EZB könne beispielsweise die Anleihekäufe
von 20 Milliarden auf 40 Milliarden Euro zu verdoppeln. Oder sie könnte den
Strafzins für Geld, das Banken bei ihr parken, weiter anheben.
## Noch zögert die EZB
Lagarde möchte für eine geldpolitische Reaktion auf das Virus jedoch
Konsens im EZB-Rat haben. Im Rat sitzen die Präsidenten der Zentralbanken
der Eurozone plus die Direktoren der EZB. Auch Bundesbankchef Jens Weidmann
hat dort eine Stimme. Er gilt als Gegner einer immer üppigeren Freisetzung
von Zentralbankgeld. „Der EZB-Rat darf den Ausstieg aus der lockeren
Geldpolitik nicht aus dem Blick verlieren“, sagte er erst Ende vergangener
Woche – obwohl er zuvor die Risiken durch das neue Virus klar reflektiert
hatte.
Die Ökonomen der DZ Bank sehen in dem neuen Coronavirus durchaus eine
ernste Gefahr für die Weltkonjunktur. Im wahrscheinlichsten Szenario fällt
das globale Wachstum in diesem Jahr rund einen Prozentpunkt niedriger aus
als bisher erwartet. [1][Wenn die Krise schneller und stärker auf die
Wirtschaft durchschlägt,] dann können der Prognose zufolge auch zwei
Prozentpunkte Wachstum verlorengehen. „Deutschland wäre auf jeden Fall
besonders stark betroffen“, sagt Henseler. „Es hat eine sehr offene,
weltweit vernetzte Wirtschaft und hängt stark vom Export und vom
Funktionieren der Lieferketten ab.“
## Nicht das erste Mal
Gemeinsame Aktionen von Zentralbanken und Finanzministern gegen
Konjunkturprobleme gab es auch in der Vergangenheit immer wieder. Schon
1968 taten sich Notenbanker zu einer „konzertierten Aktion“ zusammen, um
Gefahren für das damalige Währungssystem zu bekämpfen.
Im Jahr 1987 haben sie versucht, einen Absturz des Dollar aufzuhalten. Im
Europäischen Währungssystem, dem Vorläufer des Euro, waren sie fast die
Regel, um die Wechselkurse zu halten. Spektakulär waren die gemeinsamen
Zinssenkungen nach der Finanzkrise von 2008. Seitdem hängen die Zinsen rund
um den Globus im Keller.
3 Mar 2020
## LINKS
[1] /Konjunkturpaket-gegen-Corona-Krise/!5657902
## AUTOREN
Finn Mayer-Kuckuk
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Schwerpunkt Coronavirus
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