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# taz.de -- Ausrichtung der Zentralbanken: Das Ende der lockeren Geldpolitik
> Ein Strategiewechsel der US-Notenbank kann die hiesigen Sparerinnen und
> Sparer freuen, aber erst in einigen Jahren. Dafür verteuern sich Kredite.
Bild: Jackson Hole, Wyoming. Außengespräch über die Zukunft der FED
Möglicherweise steigen die Zinsen doch irgendwann wieder – zunächst für
Staatsanleihen, später auf Bankkonten. In dem US-Städtchen Jackson Hole
könnte [1][die US-Zentralbank Fed] dafür an diesem Donnerstag ein Zeichen
setzen. In der EU und Deutschland müssen sich die Sparer und Anleger aber
wohl noch längere Zeit gedulden, bis die Entwicklung spürbar wird.
In Jackson Hole treffen sich traditionell Vertreterinnen und Vertreter
zahlreicher Zentralbanken, die in ihren Ländern für die Geldpolitik
zuständig sind – beispielsweise für die Aufkäufe von Staatsanleihen und die
Höhe der Leitzinsen. Der diesjährigen Sitzung ging in der vergangenen Woche
die Veröffentlichung eines Protokolls der US-Notenbank Fed voraus. Darin
hieß es, innerhalb der Zentralbank entwickele sich der Konsens, dass man
bald aus der lockeren Geldpolitik aussteigen wolle.
Damit könnte die rund 13-jährige Phase der lockeren Geldpolitik zu Ende
gehen. Seit der großen Finanzkrise 2008 [2][kaufen die Zentralbanken vieler
Staaten große Mengen Staats- und Unternehmensanleihen auf]. Das sind
Schuldverschreibungen, mit denen sich Regierungen und Firmen Geld von
Kapitalanlegern besorgen. Die Regierungen erhalten auf diese Art große
Summen frischen Geldes zu niedrigen Zinsen, um umfangreiche
Ausgabenprogramme unter anderem angesichts der Coronakrise zu finanzieren.
Nach Angaben des britischen Magazins Economist haben die reichen Staaten
über 20 Billionen Euro (20.000 Milliarden) von ihren Zentralbanken
bekommen. Versiegt dieses Füllhorn allmählich, müssen Regierungen wie die
deutsche damit rechnen, dass die Anleger höhere Zinsen verlangen, wenn sie
dem Staat Geld borgen. Da gegenwärtig auch die Inflation zunimmt – in den
USA betrug sie im Juli 5,4 Prozent –, lässt die Fed dem ersten
möglicherweise bald den zweiten Schritt folgen: höhere Leitzinsen. Dann
würden in der Folge auch die Zinsen der Geschäftsbanken für Kredite an
Privathaushalte und Unternehmen zulegen.
## Druck auf EZB steigt
Kommt es so, kann man davon ausgehen, dass die Europäische Zentralbank
(EZB) ihre Geldpolitik ebenfalls neu ausrichtet. „Der Druck auf die EZB
dürfte zunehmen, ihre Anleihekäufe einzuschränken und den Leitzins
anzuheben“, sagt Stefan Kooths vom Institut für Weltwirtschaft in Kiel.
Einerseits verteuerten sich damit auch hierzulande Konsumentenkredite. Die
Kosten für Hypotheken zum Kauf von Eigentumswohnungen und Bau von
Wohnhäusern würden gleichfalls angehoben.
Andererseits hätten aber auch die Sparerinnen und Sparer etwas davon.
Augenblicklich erhalten sie keine Guthabenzinsen und müssen zusehen, wie
die Inflation den Wert des zurückgelegten Geldes dezimiert. „Mittelfristig
verbessern sich die Aussichten, dass die Zinsen beispielsweise für
Sparguthaben wieder steigen“, schätzt Kooths. „Auch die Renditen von
Lebensversicherungen und Verträgen der privaten Altersvorsorge könnten
zunehmen.“
## Auswirkungen dauern Jahre
Aller Wahrscheinlichkeit nach wird das aber nicht dieses oder nächstes Jahr
passieren. Erst mal müsste die Fed die beiden Schritte wirklich gehen. Dann
dauert es, bis die EZB reagiert. Und ein weiterer Zeitverzug tritt ein, bis
die Geschäftsbanken die steigenden Zinsen an ihre Kundinnen und Kunden
weiterreichen. Stefan Kooths vermutet: „Bis es so weit ist, gehen
möglicherweise mehrere Jahre ins Land.“
Auswirkungen wird die geldpolitische Entscheidung auch auf den Aktienmarkt
entfalten. Sollte die freigiebige Geldpolitik weitergehen, wäre das eine
gute Voraussetzung für künftige starke Wertsteigerungen an den Börsen.
Dieser Effekt zeigt sich im Rückblick: Alleine seit Anfang 2019 stieg der
US-Index Dow Jones um etwa 40 Prozent. Beim Deutschen Aktienindex ist es
noch etwas mehr.
## Börsenkurse auch gebremst
Andererseits werden die Börsenkurse etwas gebremst, wenn Fed, EZB und
weitere Zentralbanken ihre Ausrichtung ändern. Die Vorzeichen in dieser
Hinsicht waren in der vergangenen Woche bereits zu beobachten.
Als sich der Inhalt des Fed-Protokolls herumsprach, [3][sackten Dow Jones
und DAX ab]. Wegen der bevorstehenden Konferenz in Jackson Hole herrsche
eine gewisse Zurückhaltung, sagte Christian Kahler, Leiter der
Aktienstrategie der DZ Bank.
Denn wenn die Notenbanken weniger Staatsanleihen kaufen, müssen die Staaten
höhere Zinsen bieten, um ihre Papiere loszuwerden. Anleihen können damit
attraktiver werden im Vergleich zu Aktien.
26 Aug 2021
## LINKS
[1] /Kurswechsel-der-US-Notenbank-Fed/!5707741
[2] /Oekonom-ueber-Zentralbanken-in-Coronakrise/!5685669
[3] https://www.deraktionaer.de/artikel/aktien/fed-protokoll-bringt-dow-jones-i…
## AUTOREN
Hannes Koch
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Zinsen
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