Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Klimaproteste in Corona-Zeiten: Wir verstummen nicht!
> Konzerne, die fossile Projekte wie Datteln 4 fördern, können auch in
> Zeiten abgesagter Klima-Demonstrationen nicht sicher vor Protesten sein.
Bild: Greenpeace Demo im Februar: „Die Politik handelt nicht, weil sie nicht …
Eigentlich sollten wir in Helsinki sein. Wir sollten auf der
Aktionärsversammlung des finnischen Energiekonzerns Fortum sprechen. Fortum
ist Hauptanteilseigner an der Firma Uniper, die im Sommer das
Kohlekraftwerk Datteln 4 in Betrieb nehmen will. Wir hatten Fortum deshalb
einiges zu sagen. Aber statt in den Zug zu steigen, sind wir zu Hause
geblieben. Wie so viele, die diese Tage eine Welt im Stillstand erleben.
Das [1][Problemkraftwerk Datteln 4] ist allerdings trotzdem nicht aus der
Welt.
In einer Krise ist es entscheidend, Verantwortung zu übernehmen, auf die
Expert*innen zu hören und alles daran zu setzen, das Leid und Schäden zu
mindern. Das gilt für eine Corona-Pandemie genauso wie für die Klimakrise.
Dass das im Falle eines gefährlichen Virus geht, wird diese Tage von allen
Seiten, von jedem Ministerium, von (fast) jeder Partei, von
Bürgermeister*innen genauso wie der Privatwirtschaft bewiesen. Bei der
Klimakrise verhält es sich offensichtlich anders. Dieser Tage wird noch
einmal ganz anders sichtbar, wie bizarr die Mutlosigkeit und Tatenlosigkeit
politischer Instanzen gegenüber der Klimakrise ist. Es wird sehr deutlich,
was alles machbar wäre, um die Klimakrise einzudämmen. Wenn man denn will.
Nicht mehr zu übersehen ist ebenfalls, wie künstlich gleichzeitig die Angst
ist, die fossile Industrie in die Schranken zu weisen. Die Politik handelt
nicht, weil sie nicht kann. Sie handelt deshalb nicht, weil es ihr an
Visionen einer Gesellschaft fehlt, die auf Solidarität und nicht auf
Ausbeutung beruht.
Die globale Durchschnittstemperatur hat sich im Vergleich zur
vorindustriellen Zeit bereits um mehr als ein Grad erhitzt. Angesichts der
Auswirkungen der Klimakrise ein [2][weiteres Kohlekraftwerk] neu in Betrieb
zu nehmen, ist unverantwortlich. Es ist längst klar, dass wir weltweit
dringend Kohlekraftwerke abschalten müssen, statt neue ans Netz zu nehmen.
Die Steinkohle, die in Datteln 4 verfeuert wird, stammt zudem aus
Abbauregionen in Sibirien und Nordkolumbien. Für die Tagebaue dort werden
indigenen Gemeinschaften ihre Landrechte geraubt. Sie und andere
Menschenrechts- und Umweltaktivistinnen werden bedroht, sogar getötet. Für
uns steht das Steinkohlekraftwerk Datteln 4 gleichermaßen für die
gescheiterte Klimapolitik der Bundesregierung und für die globale
Ausbeutung, gegen die wir als Klimaaktivistinnen kämpfen.
Es geht schon lange nicht mehr um eine abgesagte Reise
Aber wie kann verhindert werden, dass das Kohlekraftwerk Datteln 4 im
Sommer ans Netz geht, wenn durch Ansteckungsgefahr keine Demonstrationen
stattfinden können? Wenn wir keine [3][öffentlichen Aktionen] nutzen
können, um auf diesen finnisch-deutschen Kraftwerkskandal hinzuweisen? Wenn
neue Herausforderungen an allen Ecken und Enden der Gesellschaft erwachsen,
die alten Probleme aber noch nicht gelöst sind? Schon lange geht es nicht
mehr nur um eine abgesagte Reise nach Helsinki.
Es wird kompliziert werden. Und es wird allen Beteiligten einiges
abverlangen, angemessen auf Corona zu reagieren und dennoch in unserem
Kampf für Klimagerechtigkeit nicht locker zu lassen. Nur eins ist sicher:
Unser Ruf nach „Climate Justice“ bedeutet auch, unsere Gesellschaft sozial
gerecht zu machen, den Zusammenhalt zwischen den Menschen zu stärken und
jegliche Form der Ausgrenzung zu bekämpfen. Nur eine solidarische
Gesellschaft ist in der Lage, die größten Krisen zu meistern. Das gilt für
Pandemien genauso wie für die Folgen der Klimakrise.
Konzerne, die nur auf ihre kurzfristigen Profitinteressen schauen und nicht
auf die ökologischen und sozialen Auswirkungen ihres Wirtschaftens, sollten
sich auch in Zeiten wie diesen nicht sicher vor Protest fühlen. Das ist
unsere Botschaft an den Energiekonzern Fortum. Angesicht der Klimakrise
verantwortungsvoll zu handeln, bedeutet, Datteln 4 niemals ans Netz gehen
zu lassen und jetzt das Zeitalter der Fossilen zu beenden.
Was Corona für unsere Gesellschaft bedeutet, ist noch nicht abzusehen. Und
es gilt, mit voller Kraft gegen die Pandemie anzugehen. Kein Kohlekonzern
sollte jedoch daraus Profit schlagen dürfen, dass Menschen ihre Empörung
nicht in Form von Demonstrationen zum Ausdruck bringen können. Wir werden
weiter kämpfen und Datteln 4 verhindern. Unsere Stimmen werden nicht
verstummen. Eine andere, solidarische Gesellschaft ist möglich, auch und
besonders in Zeiten von Krisen.
17 Mar 2020
## LINKS
[1] /Aktivistin-ueber-Kohlekraftwerk-Datteln/!5657920
[2] /Protest-gegen-neues-Kohlekraftwerk/!5665985
[3] /KlimaschuetzerInnen-bei-Siemens-Treffen/!5662064
## AUTOREN
Kathrin Henneberger
Luisa Neubauer
Lisa Göldner
## TAGS
Datteln
Schwerpunkt Fridays For Future
Schwerpunkt Coronavirus
Schwerpunkt Fridays For Future
Schwerpunkt Coronavirus
Schwerpunkt Klimawandel
Datteln
Schwerpunkt Coronavirus
Datteln
## ARTIKEL ZUM THEMA
Klimaprotest gegen Datteln IV: „Verantwortungslosigkeit in Zement“
Aktivist*innen haben in NRW gegen ein Kohlekraftwerk demonstriert, das bald
ans Netz gehen soll. Luisa Neubauer von Fridays for Future übt Kritik.
Demo in Berlin trotz Corona: Kommt alle nicht zur Demo!
Weil die Pandemie Wohnungsnot verstärkt, will das Mietenwahnsinn-Bündnis
trotzdem demonstrieren. Allerdings nur mit 49 Leuten und
Sicherheitsabstand.
Klimabilanz der Bundesregierung: Aus Nutzen klug werden
Die Energiewirtschaft produziert weniger Treibhausgase, aber beim Verkehr
sieht es weiter schlecht aus.
Streit über Kohlekraftwerk Datteln 4: Proteste beim finnischen Eigner
Fortum, Mehrheitseigner des Kraftwerksbetreibers Uniper, hält am Dienstag
seine Hauptversammlung ab. Auch Demonstranten haben sich angekündigt.
Corona und Protestbewegungen: Von der Straße ins Netz
Auch Demos fallen der Corona-Krise zum Opfer. Aktivisten wie die „Fridays
for Future“-Bewegung müssen deshalb improvisieren.
Aktivistin über Kohlekraftwerk Datteln: „Kämpfen wie für den Hambi“
Die Aktivistin Kathrin Henneberger kämpfte schon für den Erhalt des
Hambacher Walds. Nun protestiert sie gegen das Kohlekraftwerk Datteln IV.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.