# taz.de -- Schädliches Nitrat aus Düngern im Wasser: Forscher kontern Bauern… | |
> Bauern wollen dagegen demonstrieren, dass Deutschland der EU | |
> „irreführende Messwerte“ gemeldet habe. Experten sagen: Der Vorwurf | |
> stimmt nicht. | |
Bild: Messung mit einem Durchflussphotometer: Je dunkler die Farbe, je mehr Nit… | |
Berlin taz | Wissenschaftler haben die Kritik im Aufruf zu den geplanten | |
Bauerndemos an den Statistiken über die Belastung des Wassers mit | |
[1][Nitrat aus Stickstoffdüngern] zurückgewiesen. Anders als die | |
Landwirte-Initiative „Land schafft Verbindung“ behauptet, habe Deutschland | |
„keine irreführenden Nitratwerte an die EU gemeldet“, sagte Martin Bach, | |
Agrarwissenschaftler und Nährstoffexperte an der Universität Gießen, der | |
taz. | |
„Die Werte stimmen. Ob sie repräsentativ für die gesamte Republik sind, | |
spielt keine Rolle“, urteilt Bach. Denn die Nitrat- und die | |
Wasserrahmenrichtlinie der EU verlangten, dass alle Grundwasserkörper | |
weniger als 50 Milligramm Nitrat pro Liter enthalten. „So lange auch nur | |
ein Grundwasserkörper darüber liegt, muss Deutschland die Nitratbelastung | |
dort verringern. Unabhängig davon, welches Messnetz zugrunde gelegt wird, | |
gibt es in Deutschland mehr als 200 Messstellen, die über dem Grenzwert | |
liegen“, so der Wissenschaftler. Friedhelm Taube, Agrarprofessor an der | |
Universität Kiel, bestätigte Bachs Angaben. | |
Nitrat etwa aus Gülle ist potenziell gesundheitsschädlich und verschmutzt | |
das Grundwasser, aus dem das meiste Trinkwasser gewonnen wird. In der | |
Umwelt trägt zu viel [2][Dünger] zum Aussterben von Pflanzen- und Tierarten | |
sowie zum Klimawandel bei. Zudem droht Deutschland eine hohe Geldstrafe der | |
EU, weil die Nitratgrenzwerte immer wieder überschritten werden. Deshalb | |
plant die Bundesregierung, die Düngung vor allem in besonders belasteten | |
Gebieten stärker zu begrenzen. Schließlich komme das meiste Nitrat Experten | |
zufolge aus der Landwirtschaft. | |
Je nach Messnetz schwankt der Anteil der Messstellen über dem Grenzwert | |
laut Bach aber stark: von 18 bis 49 Prozent. Außerdem hat Deutschland im | |
Vergleich zu den meisten anderen EU-Staaten pro Hektar wenig Messstellen. | |
Aus diesen Gründen schreibt die Bewegung „Land schafft Verbindung | |
Deutschland“ im [3][Aufruf zu ihren Demonstrationen am Donnerstag]: „Die | |
Bundesrepublik Deutschland benachteiligt ihre eigenen Landwirte gegenüber | |
den europäischen Mitbewerbern. Es wurden irreführende Nitratwerte an die | |
Europäische Union gemeldet.“ Die Bundesregierung müsse ihre Nitratberichte | |
zurücknehmen und die Düngeverordnung aussetzen. | |
## „Rückwärts gewandt“ | |
Aber auf den internationalen Vergleich kommt es in der EU-Richtlinie „zum | |
Schutz der Gewässer vor Verunreinigung durch [4][Nitrat aus | |
landwirtschaftlichen Quellen]“ nicht an. Auch den Anteil der zu stark | |
belasteten Messstellen erwähnt sie nicht. | |
Stattdessen verlangt sie von den Staaten „Aktionsprogramme“ für alle | |
Flächen, die Gewässer zu stark belasten oder gefährden. Die Messwerte | |
sollten zeigen, wie diese Schritte wirken, so Forscher Bach. „Dafür muss | |
man nicht den Status des Grundwassers insgesamt feststellen. Es reichen die | |
Veränderungen in belasteten Grundwasserkörpern.“ | |
Das ist die Grundlage für die Klage beim EU-Gerichtshof: „In allen | |
Messnetzen sinkt der Anteil der belasteten Stellen nur leicht“, sagt Bach. | |
Deswegen sei die EU-Kommission der Meinung, dass die deutschen Maßnahmen zu | |
wenig wirkten. | |
Professor Taube ergänzte, die Kritik der Bauerninitiative am Nitratmessnetz | |
und ihre Forderung nach Rücknahme der Düngeverordnung „entbehren jeder | |
seriösen Grundlage“. „Diese Erwartungen sind rückwärts gewandt, nicht | |
zielführend und stellen absehbar die Solidarität der Gesellschaft in | |
Frage“, so Taube. Seine Forschergruppe weise wie viele andere seit mehr als | |
25 Jahren nach, dass 20 bis 40 Prozent des nicht von den Pflanzen | |
aufgenommenen Stickstoffs, also des Nährstoffüberschusses, über das | |
Sickerwasser ins Grundwasser, Seen, Flüsse oder Meere gelangten. | |
## Bauernpartei für Deutschland? | |
Dirk Andresen, Sprecher von „Land schafft Verbindung“, brachte unterdessen | |
die Gründung einer Bauernpartei ins Gespräch. Zwar gebe es ein breites | |
Parteienspektrum in Deutschland, „vernünftige Agrarpolitik“ komme dabei | |
aber nicht zustande, sagte Andresen der Neuen Osnabrücker Zeitung. „Ich | |
schließe nicht aus, dass wir uns eines Tages auch in Form einer Partei | |
zusammentun“, so Andresen. Die Bewegung habe es geschafft, dass sich | |
Tausende Menschen ehrenamtlich für Agrarpolitik engagierten. „Das ist ein | |
Erfolg. Auf dem ließe sich aufbauen.“ In den Niederlanden war aus der | |
dortigen Bauernbewegung ebenfalls eine Partei hervorgegangen. | |
Ob eine Bauernpartei in Deutschland über die 5-Prozent-Hürde käme, ist eher | |
unwahrscheinlich. Denn es gibt nur noch rund 270.000 landwirtschaftliche | |
Betriebe – und [5][62 Millionen Wahlberechtigte]. Martin Hofstetter, | |
Agrarexperte der Umweltorganisation Greenpeace, twitterte deshalb, diese | |
[6][„lustige Idee“] hätte von ihm sein können: „Würde konservative | |
Agrarfraktion in CDU schwächen und gleichzeitig sicher an 5% Hürde | |
scheitern“, schrieb der Umweltschützer. | |
4 Mar 2020 | |
## LINKS | |
[1] /Nitrat/!t5013607/ | |
[2] /Duenger/!t5011842/ | |
[3] https://www.facebook.com/LsVDeutschland/?__tn__=kC-R&eid=ARB0zRoj771oDh… | |
[4] https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/ALL/?uri=CELEX%3A31991L0676 | |
[5] https://www.bundeswahlleiter.de/service/glossar/w/wahlberechtigte.html | |
[6] https://twitter.com/HofstetGP/status/1235107856560476160?s=20 | |
## AUTOREN | |
Jost Maurin | |
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