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# taz.de -- Studie zu ineffizienten Offshore-Parks: Windkraft auf See bleibt Lu…
> Offshore-Anlagen sind ein zentraler Baustein der Energiewende. Doch die
> Anlagen nehmen sich den Wind weg, sagt eine bislang unveröffentlichte
> Studie.
Bild: Geplanter Windklau? Rotor 90 Kilometer westlich von Sylt
Berlin taz | Eine zentrale Säule der deutschen und europäischen
Energiewende droht ineffizienter und teurer zu werden als geplant. Einem
neuen Gutachten zufolge könnte der bislang vorgesehene [1][Ausbau der
Windenergie auf dem Meer] („offshore“) dazu führen, dass tatsächlich
weniger Strom zu höheren Kosten produziert wird, weil sich die Windparks
nach jetziger Planung gegenseitig den Wind wegnehmen.
Untersucht haben das Forscher der Technischen Universität Dänemark in
Roskilde und des [2][Max-Planck-Instituts für Biogeochemie] in Jena. Die
Untersuchung mit dem Titel „Making the Most of Offshore Wind“ entstand im
Auftrag der Denkfabriken Agora Energiewende und Agora Verkehrswende. Sie
ist bislang unveröffentlicht, liegt der taz aber vor.
Die Experten kommen zu dem Schluss, dass die bisherigen Planungen den
„[3][Windklau“] auf hoher See unterschätzt haben. Wenn viele Windräder
zusammenstehen, verringern sich hinter den Rotoren Kraft und
Geschwindigkeit der Luftströme. Dieses Phänomen, das für Windparks gut
erforscht ist, habe auch Auswirkungen auf eine ganze maritime Region wie
die Nordsee, zeigen die Rechenmodelle.
Bei den Projektionen, die die Parks vor allem in der Deutschen Bucht
relativ eng zusammenstellen, könnten sich die über 4.000 Stunden, in denen
die Mühlen unter voller Last Elektrizität erzeugen, auf 3.000 bis 3.300
Stunden verringern, warnen die Gutachter. Wenn Deutschland – wie bislang
geplant – bis 2050 insgesamt „50 bis 70 Gigawatt (GW) nur in der Deutschen
Bucht installiert, würde sich die Anzahl der Volllast-Stunden deutlich
reduzieren“, heißt es.
## „Windparks zu dicht zusammen“
„Schon die jetzigen Planungen in Deutschland stellen die Windparks für eine
optimale Ausbeute zu dicht zusammen“, kritisiert Frank Peter, Vizechef von
Agora Energiewende. „Nach diesen Vorgaben wird der Offshore-Wind bis 2050
nicht seinen geplanten Beitrag zur Energiewende leisten können.“
Bislang stehen in deutschen Gewässern Rotoren mit einer Gesamtleistung von
etwa 8 Gigawatt, das ist etwa achtmal so viel, wie das umstrittene
Kohlekraftwerk Datteln liefern kann. Die Bundesregierung will die Leistung
laut „Klimapaket“ bis 2030 auf 20 GW erhöhen.
Wenn Deutschland bis 2050 klimaneutral sein soll, sind dazu verschiedenen
Modellen zufolge etwa 50 bis 70 GW Offshore-Leistung nötig. Es könnte aber
noch mehr werden, wenn die Windkraft an Land weiter von Klagen ausgebremst
wird – oder wenn auf hoher See mit Windstrom in großem Stil „grüner
Wasserstoff“ erzeugt werden soll.
Die EU rechnet damit, dass europaweit bis 2050 etwa 400 bis 450 GW
Offshore-Windleistung entstehen soll – bis zu 1.000 GW, wenn damit
Wasserstoff erzeugt wird. Bislang allerdings stehen in der EU nur
Offshore-Windräder mit einer Gesamtleistung von 22 GW. Planung und Bau der
Anlagen müssten sich für die Ziele „signifikant beschleunigen“, mahnen die
Gutachter.
## Flächen sollen nicht mit Naturschutz kollidieren
Die zuständige Behörde sieht bisher kein Problem: Im
Flächenentwicklungsplan 2019 des Bundesamts für Seeschifffahrt und
Hydrographie (BSH) ist keine Rede von Problemen, die durch Windflauten
aufgrund enger Bauweise entstehen könnten.
Bei der Leistung zeigten sich „keine gravierenden Abweichungen bei der zu
erwartenden Auslastung“, heißt es dort. Allerdings kennen die BSH-Experten
auch die neuen Rechenmodelle zu diesem Thema: „Wenn sich die Erkenntnisse
bestätigen, werden wir unsere Planungen noch einmal überarbeiten“, sagt
Lukas Wienholt vom BSH. Gebiete, die weit vor der Küste liegen, könnten
schon jetzt größer und weniger eng geplant werden.
Die zusätzlichen Flächen sollten nicht mit dem Naturschutz kollidieren,
heißt es bei Agora. Denn immer wieder schlagen Tierschützer bei den
Offshore-Planungen wegen Baulärm und toten Vögeln Alarm. Zusätzliche
Korridore, in denen sich die Windenergie wieder erholen könne, sollten von
Schifffahrtsrouten oder militärischen Sperrgebieten abgezweigt werden.
„Wir brauchen solche großflächigen Wind-Auffrischungsgebiete“, sagt auch
Sebastian Boie von der Stiftung Offshore Windenergie, der Lobbyorganisation
von Windindustrie und Küstenländern. „Die Planung dafür muss europäisch
koordiniert werden.“ Bisher ist das Zukunftsmusik, die Planungen liegen bei
den Nationalstaaten. Deshalb fordert Agora Verkehrswende auch: „Politik und
Planungsbehörden sind gut beraten, zukünftige Windparks auf See weiträumig
und mit eher geringen Flächenleistungen zu planen.“
Die Chance dazu hat die EU-Kommission bereits nächste Woche: Am Mittwoch
stellt sie ihr EU-Klimagesetz vor, mit dem Europa bis 2050 klimaneutral
werden soll. Einer der wichtigsten Punkte dabei: Ausbau der
Offshore-Windkraft.
28 Feb 2020
## LINKS
[1] /Neue-Regeln-fuer-Windkraftanlagen-Bau/!5514635
[2] https://www.bgc-jena.mpg.de/index.php/Main/HomePage
[3] https://www.erneuerbareenergien.de/viele-diskussionen-zum-thema-windklau
## AUTOREN
Bernhard Pötter
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Erneuerbare Energien
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