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# taz.de -- Politischer Aschermittwoch der CSU: Büttenrede zur Lage der Nation
> Beim politischen Aschermittwoch der CSU in Passau legt sich deren Chef
> fest: Markus Söder soll nicht Kanzler werden – und Robert Habeck auch
> nicht
Bild: Auf den Spuren von Franz Josef Strauß: Markus S. beim Bierhumpenheben
Passau taz | Dem Mann kann geholfen werden. Wacker hat er in der
Dreiländerhalle in Passau immer wieder sein selbst gebasteltes Schild in
die Höhe gehalten. „Markus, bleib in Bayern! In Berlin gibt es nichts zu
feiern!“ steht darauf. Gegen Ende der Rede von [1][Markus Söder] dann die
Erlösung: „Hier stehe ich als Ministerpräsident, ich kann nicht anders, und
ich will nicht anders.“
Selbstironisch fügt der CSU-Chef hinzu: „Es hat auch ziemlich lang
gedauert, bis ich hier als Ministerpräsident stehen durfte.“ Er helfe zwar
mit, wo er könne, aber: „Mein Platz ist hier und nicht in Berlin.“ Bei der
Auswahl des Kanzlerkandidaten, da wolle man aber schon mitsprechen. „Ohne
die CSU wird es keinen Kanzlerkandidaten geben“, sagt der CSU-Chef und
warnt zugleich vor einem „Frühstart wie von Herrn Schulz“.
Zum 66. Mal hält die CSU diesmal ihren politischen Aschermittwoch ab. Die
Grundrezeptur – deftige politische Sprüche mit reichlich Bier und
Fischsemmeln – ist unverändert, und doch meint der Taxifahrer auf dem Weg
zur Halle: „Der Aschermittwoch ist auch nicht mehr das, was er mal war.“
Früher in der Nibelungenhalle, als der Strauß noch geredet habe, da sei das
noch eine ganz andere Stimmung gewesen. Zweimal sei er selbst dabei
gewesen.
Der guten alten Zeit, des guten alten, stiernackigen Ministerpräsidenten
Strauß wird natürlich auch heute in filmischen Einspielern gedacht, doch
ansonsten ist es [2][die Show von Markus Söder]. Und der bezeichnet den
politischen Aschermittwoch der CSU als „die schönste und wichtigste und
bedeutendste Veranstaltung der Politik in Deutschland“, was recht
bezeichnend wäre, wenn man es wörtlich nähme.
Aber das ist ja gerade die Sache mit dem Aschermittwoch, so ganz wörtlich
darf man hier nichts nehmen. Kein Klamauk sei er, sagt Söder auch, nicht
die Fortsetzung des Faschings mit intelligenteren Mitteln. Und doch ist
natürlich, was folgt, in erster Linie eine politische Büttenrede zur Lage
der Nation.
## Die Grünen als Hauptgegner
Während Strauß in seinen legendären Aschermittwochsreden noch vor allem
gegen die SPD gekeilt hat, sieht Söder inzwischen nur noch einen
ernstzunehmenden politischen Gegner: die Grünen. „Klar, sie haben einen
Lauf“, gibt Söder zu. „Der Dank dafür gebührt vor allem einem
Parteivorsitzenden: Christian Lindner.“
Denn wäre nach der Bundestagswahl 2017 Jamaika gekommen, wären die Grünen
jetzt „bei Normalmaß“, der Anton Hofreiter wahrscheinlich Verkehrsminister.
„Und der Andi wäre glücklicher in einem anderen Ministerium.“ Der Andi, d…
ist natürlich der unter Beschuss stehende amtierende Verkehrsminister
Andreas Scheuer von der CSU, der heute als Einziger auch vereinzelte
Buhrufe zu hören bekommt.
Ansonsten hakt Söder bei seiner Attacke gegen die Grünen die üblichen
Punkte auf der Liste ab: Verbote und Belehrungen. Mief der Achtzigerjahre.
Alte Mottenkiste. Grüner Sozialismus. Urlaubsfotos aus Amerika.
Doppelmoral. Ein solches Programm sei für CSU und CDU nicht
koalitionsfähig. Und alle, die anders dächten, warnt er: „Nicht von
Schwarz-Grün träumen und am Ende mit Grün-Rot-Rot aufwachen.“
Reiche es nach der nächsten Wahl im Bundestag auch nur mit einer einzigen
Stimme für Grün-Rot-Rot, dann würden sich die Grünen dafür entscheiden,
gibt sich Söder überzeugt. Besonders kommen Sprüche an wie: „Wer sein Land
nicht liebt, kann sein Land nicht führen.“ Gemünzt ist er auf das Zitat von
Grünen-Chef Robert Habeck, er habe Vaterlandsliebe stets zum Kotzen
gefunden.
## Habeck zeigt sich besorgt
Robert Habeck ist indes der Hauptredner beim zeitgleichen politischen
Aschermittwoch in der niederbayerischen Hauptstadt Landshut und fordert
dort einen Diskurs mit Anstand und Respekt vor anderen Meinungen.
Die Krise in der CDU sei gefährlich für Deutschland, findet Habeck. „Die
Desorientierung der anderen Parteien, die sich nur noch um sich selber
drehen – das ist ganz konkret ein Problem, das Deutschland lähmt.“ An die
Pleiten der SPD habe man sich schon lange gewöhnt, aber jetzt treibe auch
die CDU längst wie ein Schiff ungesteuert über den offenen Ozean.
Söder seinerseits hält sich zurück, was die [3][Personaldiskussion in der
Schwesterpartei] angeht. Alle Kandidaten seien hochkompetent, sagt er nur.
Eine klare Botschaft schickt er jedoch an die CDU: [4][Sie müsse „endlich
klar Schiff machen mit der AfD“.] Björn Höcke müsse man einen Nazi nennen …
„weil er einer ist“.
Nach rund anderthalb Stunden kommt Söder zum Ende seiner Rede, er ruft noch
einmal seine Kernaussage in die Halle: „Ein grüner Kanzler, den wollen wir
nicht!“ Und: „Gott schütze Bayern.“ Dann breitet er die Arme aus und nim…
den minutenlangen Jubel seiner Anhänger entgegen.
27 Feb 2020
## LINKS
[1] /Die-Wahrheit/!5662951
[2] /CSU-Klausur-in-Kloster-Seeon/!5656314
[3] /Machtkampf-um-CDU-Vorsitz/!5664462
[4] /Die-CDU-und-ihr-Verhaeltnis-zur-AfD/!5663130
## AUTOREN
Dominik Baur
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Kommunalwahlen
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