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# taz.de -- Machtkampf um CDU-Vorsitz: Jeder gegen jeden
> Armin Laschet will CDU-Chef werden, Friedrich Merz auch. Norbert Röttgen
> auch. Aber wo sind eigentlich die Frauen? Und wer hat die besten Chancen?
Bild: Kurze Machtgeste: Armin Laschet ballt die Faust
Wer kandidiert bei der CDU jetzt eigentlich für was?
Am Dienstag morgen laden [1][Armin Laschet] und [2][Jens Spahn] kurzfristig
zu einer gemeinsamen Pressekonferenz in Berlin ein. Sie verkünden, im Team
für den CDU-Parteivorsitz kandidieren zu wollen. Armin Laschet möchte
Vorsitzender werden, Jens Spahn soll im Falle des Erfolgs sein
Stellvertreter werden.
Anderthalb Stunden später ist der Auftritt von Friedrich Merz terminiert.
Auch der Rechtsanwalt aus Brilon erklärt offiziell seine Bewerbung. Bei der
Wahl auf dem Parteitag im April gehe es nicht nur um eine
Personalentscheidung, sondern auch um eine „Richtungsentscheidung für die
CDU“, sagt Merz. [3][Norbert Röttgen], Vorsitzender des Auswärtigen
Ausschusses im Bundestag, hat bereits vor Wochenfrist seine Kandidatur
öffentlich gemacht.
Was bedeutet das?
Die vom Konrad-Adenauer-Haus angestrebte gütliche Einigung auf einen
Kandidaten ist damit vom Tisch. Ab jetzt heißt es: Jeder gegen jeden – und
am Ende wird es mindestens zwei Verlierer geben. Vielleicht auch mehr, wenn
sich noch weitere InteressentInnen melden. Es ist auch nicht ausgemacht,
dass am Ende des ganzen Prozederes wieder Frieden einzieht bei der CDU.
Prompt hat die Junge Union einen Mitgliederentscheid über den Vorsitz
gefordert.
Was steckt hinter der Team-Idee von Laschet und Spahn?
Die Allianz von Laschet und Spahn darf getrost als Coup gewertet werden.
Hört man ihnen während der anderthalbstündigen Pressekonferenz zu, ist
deutlich zu spüren, wie stolz sie selbst auf die gemeinsam gefundene Lösung
sind.
Und tatsächlich, dass Bundesgesundheitsminister Jens Spahn bereit ist,
seine eigenen Ambitionen denen des ziemlich erfolgreichen Armin Laschet
unterzuordnen, ist klug. In der CDU waren zuletzt die Egos immer deutlicher
sichtbar geworden, da wirkt eine Geste der Unterordnung um der Sache willen
nicht nur sehr modern, sondern lässt vor allem Friedrich Merz unmodern
wirken. Zumal wenn es sich bei den neuen Partnern um Laschet und Spahn
handelt, die diverse Kämpfe um Posten und Überzeugungen hinter sich haben.
Friedrich Merz darf zu recht verstimmt sein, dass die anderen ihm die Show
gestohlen haben. Aber er nutzt seine Chance. „Wir haben ab heute die Wahl
zwischen Kontinuität und Aufbruch und Erneuerung. Ich stehe für diesen
Aufbruch“, erklärt er zur Abgrenzung.
Wofür steht Friedrich Merz?
[4][Merz] sieht sich selbst als Kandidat, der für „Aufbruch und Erneuerung“
steht. Fragt sich nur, wohin der Aufbruch geht. In die Zukunft oder ins
Gestern? Merz, 64, denkt streng marktliberal. Anders geht es nicht, wenn
man ein Steuerkonzept auf dem Bierdeckel unterbringt. Und ihm rutscht schon
mal ein Witzchen über Frauen heraus.
Merz gilt als konservativer als Laschet und will die AfD halbieren. Aber
auch er grenzt sich offensiv gegen die Rechtsradikalen ab und sagt zu den
jüngsten Anschlägen, dass man das Problem des Rechtsradikalismus massiv
unterschätzt habe. Und: Merz neigt zu Fehlern, die in der schnelllebigen
Social-Media-Welt gefährlich werden können.
Inwiefern?
Merz hatte am Montag, am Tag der Trauerfeier der Opfer von Hanau, einen
sehr unglücklichen Tweet abgesetzt. Die CDU müsse die Partei von Recht und
Ordnung sein, schrieb er. „Rechtsfreie Räume oder Clanstrukturen darf es
nirgendwo geben.“ Als ihn ein Journalist am Dienstag fragt, ob man aus
seinen Äußerungen schließen können, dass seine Antwort auf
Rechtsradikalismus die stärkere Thematisierung von Clankriminalität oder
Grenzkontrollen sei, sagt er knapp: „Die Antwort ist Ja.“ Das ist für einen
Mann, der Kanzler werden will, erstaunlich instinktlos.
Wie stehen Merz’ Chancen?
Mit Merz ist zu rechnen. Was ihm hilft: die Sympathie der Basis. Merz ist
Umfragekönig und für viele CDUler eine Sehnsuchtsfigur. Was ihm schadet: Er
ist jetzt der Einzelkämpfer, der die Teamlösung nicht wollte. Die CDU liebt
aber Geschlossenheit.
Wofür steht Armin Laschet?
Laschet, 58, gilt als Schwarz-Grüner. Er speiste vor Urzeiten in der
Pizza-Connection mit Grünen, war der erste Integrationsminister in einem
Bundesland überhaupt und unterstützte Merkels Kurs in der
Flüchtlingspolitik rückhaltlos. Ein Kanzlerkandidat Laschet würde die Räume
in der Mitte eng machen und wäre ein gefährlicher Gegner für die Grünen,
die in konservativen Milieus wildern wollen.
Laschet kann aber auch anders. Als Ministerpräsident in Nordrhein-Westfalen
führt er eine schwarz-gelbe Koalition – und macht die entsprechende
Politik. Unter ihm wurde das Polizeigesetz verschärft oder der Hambacher
Wald geräumt.
Was ihm hilft: NRW. Laschet weiß den wichtigsten Landesverband hinter sich.
Außerdem stimmen jetzt auch die Spahn-Fans für ihn.
Was schadet: Merz klebte Laschet das vergiftete Schild an die Stirn, er
stehe für „Kontinuität“. Laschet als eine Art Merkel II – daran hat er …
Interesse.
Wofür steht Norbert Röttgen?
[5][Röttgen], 54, ist im Moment Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses im
Bundestag. Röttgen positioniert sich moderner und progressiver als seine
Konkurrenten. Die CDU müsse ökologische Glaubwürdigkeit zurückgewinnen,
sonst drohe ihr eine ganze Generation verlorenzugehen, glaubt er. Er gilt
als überzeugter Transatlantiker – und fordert, auf absehbare Krisen müsse
früher reagiert werden, etwa die Vertreibung von fast einer Million Syrer
in der Provinz Idlib.
Was ihm hilft: Röttgen ist der Bill Clinton von Meckenheim. Er wirkt
dynamischer als Laschet und Merz. Was schadet: Röttgen vergeigte als
Spitzenkandidat die NRW-Wahl 2012. Danach warf Merkel ihn als
Bundesumweltminister aus dem Kabinett. Die CDU vergisst Niederlagen nicht.
Und wo sind die Frauen?
Ganz großes Kino. Alle vier bisherigen Bewerber haben unter den 400.000
Mitgliedern und den MandatsträgerInnen innerhalb der CDU noch keine Frau
getroffen, die vielleicht auch Vorsitzende – oder Vize – werden könnte.
Norbert Röttgen hatte noch während der Pressekonferenz von Laschet und
Spahn getwittert: „Die zweite Person in meinem Team wird eine Frau sein.“
Vielleicht wird er dann einfach abzählen.
Und Friedrich Merz antwortet auf die Frage nach Frauen in seinem Team, er
könne sich eine Frau als Generalsekretärin vorstellen. Die, die schon
länger dabei sind im politischen Geschäft, scheint er nicht zu meinen. Merz
spricht von „einigen neuen Gesichtern in der Partei“.
Geradezu Unterhaltungswert hatten die Antworten des Duos Laschet/Spahn auf
die Frage, warum neben Armin Laschet keine Frau sitzt. „Da war keine Frau
und auch kein Ostdeutscher, der es werden will“, entschuldigte sich
Laschet. Und Jens Spahn, der nebenbei bemerkt darauf bestand, dass auch er
und Laschet divers seien, referierte: „Nachdem in diesem Jahrtausend noch
nicht ein Mann die CDU geführt hat, verstehe ich ja, dass Ihnen der Gedanke
schwerfällt.“
Zusammenfassend darf festgehalten werden, dass alle vier Anwärter zwar
Frauen in Spitzenämtern für wichtig und erstrebenswert halten, dass sie nur
persönlich leider keine kennen, die auch will.
Und was sagt die CSU?
Parteichef Markus Söder wirkt genervt vom Chaos bei der Schwesterpartei,
lässt aber auch keinen Zweifel daran, mitreden zu wollen. Tags zuvor hatte
er nach der Pressekonferenz von Annegret Kramp-Karrenbauer über seine
Parteizentrale ausrichten lassen, die CSU gehe fest davon aus, dass ein
Kanzlerkandidat der Union gemeinsam gefunden werde.
Kramp-Karrenbauer hatte die Wahl des nächsten CDU-Vorsitzenden als
„Präjudiz“ für die Kanzlerkandidatur bezeichnet. Am Dienstag wehrt sie si…
in einem Spiegel-Interview gegen die ständigen Wünsche aus München und
spricht von „einem gewissen Unverständnis“. Da tut sich gerade eine neue
Baustelle für das Konrad-Adenauer-Haus auf.
25 Feb 2020
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## AUTOREN
Anja Maier
Ulrich Schulte
## TAGS
CDU
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