# taz.de -- TV-Debatte der US-Demokraten: Showtime mit Bloomberg | |
> Plötzlich dreht sich bei den US-Demokraten alles um Multimilliardär | |
> Michael Bloomberg. Gegen ihn sieht sogar Donald Trump arm aus. | |
Bild: Warren schimpft, Bloomberg hört nicht zu, Biden geistert herum: die TV-D… | |
NEW YORK taz | Nachdem sich [1][Michael Bloomberg] den Weg in die neueste | |
TV-Debatte der Präsidentschaftskandidaten mit 350 Millionen Dollar erkauft | |
hat, geht es im [2][Wahlkampf der US-Demokraten] noch unterhaltsamer zu als | |
bisher. Seine Präsenz gibt der Debatte am Mittwochabend, drei Tage vor den | |
Vorwahlen im Bundesstaat Nevada, Slapstickcharakter. | |
Plötzlich sind sich alle anderen darin einig, auf den Multimilliardär | |
einzudreschen. Der wiederum warnt vor „Kommunismus“ mit [3][Bernie Sanders] | |
oder [4][Elizabeth Warren]. Und ganz nebenbei führt der schwule | |
Bürgermeister [5][Pete Buttigieg], der Überraschungsstar der ersten | |
Vorwahlen in Iowa und New Hampshire, seine stärker werdende zentristische | |
Rivalin Amy Klobuchar vor, weil sie sich bei einem Interview nicht an den | |
Namen des mexikanischen Präsidenten erinnern konnte. Mittendrin wirkt | |
Ex-Vizepräsident Joe Biden, der auch immer noch Präsident werden will, wie | |
ein Zaungast, der unerwartet in das Geschehen hineingestolpert ist. | |
Während die Debatte in dem Kasino in Las Vegas ihren Lauf nimmt, jubeln | |
mehr als 60 Bernie-Sanders-Fans in einer Sportsbar auf der Upper West Side | |
von New York ihrem Kandidaten zu. Seit der Vorwahl in New Hampshire ist der | |
„demokratische Sozialist“ Spitzenreiter. Nach den Umfragen wird er am | |
Samstag auch in Nevada – dem ersten Bundesstaat mit einer starken | |
Latino-Mehrheit, in dem Vorwahlen stattfinden – die meisten Stimmen | |
bekommen. Selbst in South Carolina – dem ersten Bundesstaat mit einer | |
afroamerikanischen Wählermehrheit auf dem Vorwahlkalender der Demokraten | |
und bisher als Biden-Hochburg gehandelt – rechnet sich Sanders Chancen aus. | |
Sein Team hat dort sieben Büros eröffnet und zahlreiche neue | |
MitarbeiterInnen eingestellt. South Carolina wird am 29. Februar abstimmen, | |
bei der letzten Vorwahl vor dem „Super Tuesday“ am 3. März, wenn an einem | |
Tag in 14 Bundesstaaten gleichzeitig ein Drittel aller Delegierten gewählt | |
werden. | |
In der Sportsbar in New York haben viele für Sanders in New Hampshire | |
Wahlkampf gemacht. Andere rufen in diesen Tagen WählerInnen in Nevada an, | |
bereiten Reisen nach South Carolina vor oder unterschreiben Petitionen | |
gegen Bloomberg. Fast alle in diesem Raum sind davon überzeugt, dass | |
Sanders in den Vorwahlen die meisten Delegierten bekommen wird. Aber sie | |
sind dennoch skeptisch, dass er im Juli beim Parteitag der Demokraten | |
obsiegt, wo nicht nur die gewählten Delegierten abstimmen, sondern auch der | |
etablierte Apparat, der mehrheitlich gegen einen Linksruck ist. „Dies ist | |
eine fragile Demokratie“, sag der 30-jährige Film- und Videoforscher Robert | |
Anen. 2008 hat er für Barack Obama gestimmt. Dieses Mal will er „alles | |
dafür tun“, dass Sanders Präsident wird. | |
## Jubel in der Sportsbar über Sanders | |
„Wir brauchen eine große Wahlbeteiligung und alle Wähler“, sagt Sanders in | |
Las Vegas. Er nennt es „grotesk und unmoralisch“, dass Bloomberg „pro Jahr | |
so viel verdient wie 125 Millionen Amerikaner“. Er erinnert daran, dass | |
Bloomberg als [6][Bürgermeister von New York] die gezielten „Stop and | |
Frisk“-Kontrollen gegen dunkelhäutige Amerikaner intensivierte, dass mehr | |
als 60 Frauen ihn wegen sexistischen Arbeitsklimas verklagt haben und dass | |
er 2003 den Irak-Krieg von George W. Bush unterstützte. „Ich wäre | |
überrascht, wenn das ein Weg wäre, Trump zu schlagen“, meint Sanders. | |
In der Sportsbar in New York jubeln sie darüber. Aber Bloomberg zeigt sich | |
unbeeindruckt. Er habe sein Vermögen „mit harter Arbeit verdient“, sagt er | |
im Kasino in Las Vegas. Im Übrigen sei er ein Wohltäter, der mit seinem | |
Geld zahlreiche gute Zwecke unterstütze. | |
Bloomberg hat ein Medienimperium, er war erst Republikaner, dann | |
Unabhängiger, seit Mitte des letzten Jahrzehnts ist er Demokrat. Seither | |
sind seine Ambitionen auf das Weiße Haus immer deutlicher geworden. Neben | |
Bloombergs geschätzten 62 Milliarden Dollar Vermögen nimmt sich selbst | |
Trump mit seinen rund 3,2 Milliarden Dollar klein aus. Die Demokraten, die | |
andere KandidatInnen – darunter den Afroamerikaner Cory Booker und den | |
Latino Julian Castro – mangels auswärtiger Spender von den TV-Debatten | |
ausgeschlossen hatten, änderten eigens für Bloomberg die Regeln: er | |
finanziert seinen Wahlkampf allein, genau wie Trump, und will eine | |
Milliarde Dollar in seinen Weg ins Weiße Haus investieren. | |
„Wäre die Republikanische Partei nicht so weit nach rechts gerückt, könnte | |
er jetzt ihr Kandidat sein“, sagt die pensionierte Art Direktorin Andree | |
Kahlmorgen in der Sportsbar in New York über Bloomberg. Sie nennt sich | |
selbst mit breitem Grinsen eine „stolze Bernie Bro“. Sie erinnert sich gut | |
an Bloombergs Arroganz im Rathaus in den 2000er Jahren und daran, wie er | |
die City zu einem „Spielplatz für Reiche gemacht hat, das sich normale | |
Leute nicht mehr leisten können“. Sie ist überzeugt: „Wenn wir faire Wahl… | |
hätten, würde Bernie Sanders unser Kandidat werden. Kein Zweifel.“ | |
In Las Vegas fährt Elizabeth Warren derweil gegen Bloomberg zu Hochtouren | |
auf. „Wir brauchen keinen Kandidaten, der Frauen als pferdegesichtige | |
Lesben und als fett beschreibt“, sagt sie und [7][wird dafür auf Twitter | |
gefeiert]. Bloomberg müsse öffentlich machen, wie viele Frauen ihre Klagen | |
gegen ihn nach außergerichtlichen Einigungen eingestellt haben. Als Antwort | |
redet Bloomberg von „Frauen, denen ein Witz von mir nicht gefiel“, und | |
sagt, er könne keine vertraulichen Daten veröffentlichen. | |
Dann rechtfertigt Bloomberg die Nichtveröffentlichung seiner | |
Steuererklärung – alle andere KandidatInnen in dem Kasino haben ihre | |
veröffentlicht: Er sei ja erst vor zehn Wochen in den Wahlkampf | |
eingestiegen, und seine Steuererklärung, „weil ich zum Glück viel habe“, | |
sei ein paar tausend Seiten lang und etwas kompliziert. | |
20 Feb 2020 | |
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[6] /Buergermeisterwahlen-in-New-York-City/!5055671/ | |
[7] https://twitter.com/JustRyCole/status/1230322695268519937 | |
## AUTOREN | |
Dorothea Hahn | |
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