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# taz.de -- Anschlagsserie in Berlin-Neukölln: Keine Hinweise auf Polizei-Leck
> Die Sonderkommission „Fokus“ hat die Neuköllner Anschlagsserie auf 72
> Taten erweitert. Beschlagnahmte Datenträger sind noch nicht vollständig
> entschlüsselt.
Bild: Innensenator Andreas Geisel (SPD) und Polizeipräsidentin Barbara Slowik
Ihre Haltung hatte die Opferberatungsstelle ReachOut am Montag schon vor
der Innenausschusssitzung in einer Presseerklärung kundgetan: Es sei
„empörend“, dass der Zwischenbericht der Sonderermittlungsgruppe „Fokus�…
zur Verschlusssache erklärt worden sei. Alle bei tatverdächtigen
Rechtsextremisten beschlagnahmten Informationen und Fotos müssten den
mutmaßlichen Opfern von der Polizei „endlich vollständig“ zugänglich
gemacht werden.
Bislang hatte immer die Zahl 30 im Raum gestanden. Denn 30 Personen hatten
von der Polizei kürzlich Sicherheitshinweise erhalten, nachdem es den
Ermittlern im November 2019 endlich gelungen war, einen beschlagnahmten
Datenträger mit einer sogenannten Feindesliste zu entschlüsseln.
Tatsächlich sind in der Datei über 500 Menschen gelistet.
Sabine Seyb, Sprecherin von ReachOut und Kennerin der Diskussion um die
rechtsextremistische Anschlagsserie in Neukölln, zeigte sich nach der
Sitzung von dieser Zahl überrascht. Alle gelisteten Leute müssten umgehend
gewarnt werden, forderte Seyb. „Wenn die Nazis Daten sammeln, müssen wir
davon ausgehen, dass sie sie auch benutzen.“
Gute zwei Stunden dauerte die Diskussion im Innenausschuss über den
„Fokus“-Zwischenbericht. Es war nur eine Kurzfassung, die Innensenator
Andreas Geisel (SPD) der Öffentlichkeit präsentierte. Über den
vollständigen Bericht beraten die Abgeordneten demnächst im
Geheimschutzraum. „Wir müssen die Ermittlungen schützen,“ begründete Gei…
die Anordnung der Vertraulichkeit. Die Täter seien noch nicht dingfest
gemacht. „Diesem Ziel muss alles unter geordnet werden.“
Die 30-köpfige LKA-Sonderkommission „Fokus“ war im Mai 2019 eingesetzt
worden, um noch mal alle Fälle der Neuköllner Anschlagsserie intensiv auf
Ermittlungsfehler und neue Erkenntnisse zu überprüfen. Der Koordinator des
Staatsschutzes, André Rauhut, sprach am Montag von drei Tatverdächtigen.
Seit 2013 waren der Serie bisher 63 Straftaten zugerechnet worden. Die
„Fokus“ geht nun von 72 Taten aus.
Alle Brandstiftungen in dem relevanten Gebiet seien noch mal überprüft
worden, neun weitere Taten passten ins Raster, so Rauhut. Seit der
Durchsuchung bei dem hauptbeschuldigten Neonazi Sebastian T. im Februar
2018 habe es keine Brandstiftungen mehr gegeben. Die drei mutmaßlichen
Täter hätten zuvor ihre politischen Gegner umfassend ausgespäht und
„teilweise akribische Aufklärung“ betrieben, sagte Polizeipräsidentin
Barbara Slowik. Das habe die Auswertung der beschlagnahmten Daten ergeben.
Für ein Leck in der Polizei habe die „Fokus“ keine belastbaren Hinweise
gefunden. „Leck“ in der Form, dass Daten von Opfern aus der Polizei in
rechtsextremistische Kreise geflossen sind. Allerdings habe die Polizei
einige Hinweise zu Opfern nicht im richtigen Zusammenhang erkannt. Daher
sei mindestens eine Warnung unterblieben. Gemeint ist damit, dass der
Linken-Politiker Ferat Kocak vor dem Brandschlag auf sein Auto von der
Polizei hätte gewarnt werden müssen.
Ein Laptop und ein Handy, gleichfalls im Februar 2018 bei Sebastian T.
beschlagnahmt, sind bis heute nicht decodiert. Auch das BKA sei daran
gescheitert, so Rauhut nach der Sitzung. Nun hoffe man auf die Experten
einer anderen Bundesbehörde und darauf, dass sich auf den Datenträgern
Hinweise auf eine konkrete Tatbeteiligung finden.
17 Feb 2020
## AUTOREN
Plutonia Plarre
## TAGS
Andreas Geisel
Barbara Slowik
Neukölln
Andreas Geisel
Ferat Koçak
Schwerpunkt Rechter Anschlag in Hanau
Rechter Terror in Berlin-Neukölln
Polizei Berlin
Rechter Terror in Berlin-Neukölln
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