# taz.de -- Wahlnachlese in Hamburg: Grüne Party-People | |
> Die Grünen wollen ihren Wahlerfolg in mehr politischen Einfluss und mehr | |
> Posten im Hamburger Senat ummünzen. Die SPD droht mit Gesprächen mit der | |
> CDU. | |
Bild: Lassen keine Jubelpose für die FotografInnen aus: Die Grünen bei ihrer … | |
HAMBURG taz | Alles wirkt ein wenig inszeniert und auch ein wenig drüber | |
auf der grünen Wahlparty. Der Einzug der grünen Gladiatorinnen, | |
[1][Katharina Fegebank], Annalena Baerbock und – sich immer ein bisschen | |
mit ins Bild drängelnd – Landeschefin Anna Gallina. Selbst die Schnitte und | |
Farben der Kleider der Frauen sind perfekt aufeinander abgestimmt, und auch | |
der Jubel ist durchchoreographiert: Erst frenetischer Beifall, dann fliegen | |
Sonnenblumen durch die Luft, später wagen Fegebank und Baerbock ein | |
vermeintlich spontanes Tänzchen. | |
Fraktionschef Anjes Tjarks lässt sich von der Basis auf Händen tragen, | |
damit die Botschaft bloß ankommt: Auch wenn die Grünen die SPD haben | |
davonziehen lassen müssen und Fegebank nicht Erste Bürgermeisterin wurde – | |
sie sind die Wahlgewinner. [2][Die einzige Partei, die massiv Stimmen | |
dazugewonnen hat]. Aus grüner Sicht muss es in den Analysen darum gehen, | |
dass sie ihren Stimmanteil fast verdoppelt und die CDU weit hinter sich | |
gelassen haben, nicht darum, dass sie den Kampf um Platz eins deutlich an | |
die SPD verloren haben. | |
Die Inszenierung des Sieges ist bereits das Vorspiel zu den | |
Koalitionsverhandlungen mit der SPD. „Die können schon wieder vor Kraft | |
kaum laufen“, klagt eine grüne Funktionsträgerin über den bisherigen | |
Koalitionspartner. Sieben Prozent verloren, bundesweit am Boden, nun einmal | |
gepunktet und schon wieder von sich selber berauscht. So nehmen viele Grüne | |
die SPD wahr. Deshalb gilt es, den erfolgstrunkenen Sozis in den | |
anstehenden Gesprächen ein gesundes Selbstbewusstsein entgegenzusetzen. | |
Winner meets Winner. | |
Je mehr es den Grünen gelingt, in der öffentlichen Meinung zu etablieren, | |
dass es der Wunsch der WählerInnen ist, dass die Partei mehr Einfluss hat, | |
umso schwieriger wird es der SPD fallen, mit dem Wahlverlierer CDU zu | |
flirten, um die Grünen und ihre Forderungen in den Verhandlungen klein zu | |
halten. Koalitionsbildung ist auch Psychologie. | |
Die Verdoppelung der WählerInnenstimmen muss nach der politischen Logik zu | |
mehr Macht führen. Der „grüne Anbau“, wie Ex-Bürgermeister Olaf Scholz | |
(SPD) den Koalitionspartner vor fünf Jahren nannte, ist zum fast | |
gleichgroßen Teilbau geworden. Inhaltlich wird ein Entgegenkommen nicht | |
schwierig: Mehr Geld für den schnelleren Ausbau der Fahrradwege und die | |
Verkehrs- und Klimawende wird es sicher geben, hier liegen Rot und Grün | |
inzwischen nahe beieinander. | |
Was noch? Mehr Posten für die Grünen natürlich, die ein bis zwei Behörden | |
mehr führen wollen als bislang. Jens Kerstan (Umwelt), Katharina Fegebank | |
(Wissenschaft) und vermutlich auch Till Steffen (Justiz) dürften im Senat | |
bleiben. | |
Aber auch Fraktionschef Anjes Tjarks drängt mit Macht in den Senat. Er | |
ist nach Fegebank mittlerweile die Nummer zwei bei den Hamburger Grünen. | |
Und seine Lieblingsthemen – Hafen und Verkehrswende – machen ihn zum | |
Kandidaten für das Amt des Wirtschafts- und Verkehrssenators. Doch in | |
genau diesen Bereichen möchte die SPD die Hände am Steuer behalten – ein | |
Machtkampf ist hier programmiert. Das Amtsinhaber Michael Westhagemann | |
parteilos ist, könnte es Tjarks leichter machen, den Senatsjob zu | |
ergattern. | |
Einfacher wird es, Landeschefin Gallina zu versorgen. Es muss noch eine | |
grüne Frau Senatorin werden, damit die Quote stimmt. Gallina wäre gerne | |
Sozialsenatorin, doch diesen von der SPD-Parteichefin Melanie Leonhard | |
besetzten Posten wird die SPD nicht räumen. Zur Debatte stehen könnte aber | |
das Gesundheits- und Verbraucherschutzressort. Die 63-jährige, amtsmüde | |
wirkende Amtsinhaberin Cornelia Prüfer-Storcks hat in der SPD keine große | |
Hausmacht. | |
Viele Grüne wünschen sich auch die frühere Bürgerschaftsabgeordnete | |
Stefanie von Berg als Schulsenatorin. Doch die ist nun Altonaer | |
Bezirksamtsleiterin und soll das wohl auch bleiben. | |
25 Feb 2020 | |
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## AUTOREN | |
Marco Carini | |
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