# taz.de -- Kriegerdenkmal in Biesdorf: Wende um 180 Grad | |
> Ein SPD-Antrag für die Bezirksverordnetenversammlung am Donnerstag | |
> fordert „Mahnmale statt Denkmale – keine Kriegsdenkmale in | |
> Marzahn-Hellersdorf“. | |
Bild: Das umstrittene Kriegerdenkmal auf dem Grundstück der Kirchengemeinde in… | |
Berlin taz | Die SPD im Bezirk Marzahn-Hellersdorf vollzieht gerade eine | |
Wende um 180 Grad – zumindest was den Umgang mit den architektonischen | |
Erinnerungen an den Ersten Weltkrieg in ihrem Bezirk angeht. Für die | |
Bezirksverordnetenversammlung – kurz BVV – am Donnerstag hat sie den Antrag | |
„Mahnmale statt Denkmale – keine Kriegsdenkmale in Marzahn-Hellersdorf“ | |
gestellt. | |
Nach dem Willen der SPD sollen Denkmale für die gefallenen Soldaten des | |
Ersten Weltkriegs in Mahnmale gegen Krieg, Vertreibung und Völkermord | |
umgewandelt werden. Jedem dieser Denkmale soll eine Schautafel an die Seite | |
gestellt werden „zur kritischen Einordnung in den historischen Kontext“, | |
die „gegen kriegsverherrlichende Heldendenkmale“ argumentiert. | |
Noch letzten Herbst hatte die SPD gemeinsam mit AfD und CDU in der BVV | |
einen Beschluss gefasst, dem zufolge ein Denkmal für die gefallenen | |
Weltkriegssoldaten in Biesdorf, an dem rechte Kräfte und die Bezirks-AfD | |
regelmäßig Heldengedenken zelebrieren, unter Denkmalschutz gestellt werden | |
und historisch originalgetreu saniert werden soll. | |
Originalgetreu heißt: Auf die Spitze des Obelisken soll ein preußischer | |
Adler zurückkehren, der als Symbol der Weltherrschaft eine Erdkugel | |
umkrallt. Der war in den 1970er verloren gegangen. Eine Umsetzung des | |
Beschlusses scheiterte lediglich am Widerstand der Evangelischen | |
Kirchengemeinde Biesdorf, der das Denkmal gehört und die einen | |
Heldengedenkort strikt ablehnt. | |
## Kritische Auseinandersetzung | |
Im Bezirk Marzahn-Hellersdorf gibt es fünf Kriegerdenkmale. Vier stehen auf | |
Kirchengrund in Alt-Marzahn, Biesdorf, Kaulsdorf und Mahlsdorf und das | |
fünfte auf einem städtischen Friedhof. Kaum ein Denkmal befindet sich noch | |
im historischen Originalzustand. | |
Nach einer Studie des früheren linken Abgeordneten Wolfgang Brauer wurde | |
beispielsweise das Denkmal in Alt-Marzahn in der NS-Zeit durch Adler und | |
Eisernes Kreuz ergänzt. Von dem Denkmal in Kaulsdorf hingegen wurden ein | |
Soldat mit eisernem Blick, Stahlhelm und Handgranate, der das Denkmal in | |
der NS-Zeit für Aufmärsche attraktiv machte, nach 1945 entfernt und 1951 | |
von der Kirchengemeinde als Buntmetall abgeliefert. Übrig blieben ein | |
schlichtes Kreuz und Granitplatten mit den Namen der Gefallenen. | |
Inschriften wie „unbesiegt und unvergessen“ weisen auf die Identifikation | |
der Denkmalinitiatoren mit der Dolchstoßlegende hin. Diese in völkischen | |
Kreisen in der Weimarer Republik populäre Theorie behauptet, das deutsche | |
Heer sei im Ersten Weltkrieg „im Felde“ unbesiegt. Erst durch | |
„vaterlandslose“ Zivilisten aus der Heimat, durch Sozialdemokraten, | |
Kommunisten und das „internationale Judentum“ hätte es einen „Dolchstoß… | |
hinten“ bekommen. | |
Die SPD sieht ihren Antrag als einen Beitrag zur Erinnerungskultur. | |
Beispiele kritischer Auseinandersetzung mit Weltkriegsdenkmalen gebe es | |
bereits in Hamburg und Münster. „Für uns ist es wichtig, dass nicht die BVV | |
allein darüber entscheidet, sondern die Bevölkerung und Akteure aus Kultur | |
und Gesellschaft beteiligt werden“, sagt Fraktionsvorsitzende Jennifer | |
Hübner der taz. Natürlich auch die Kirchen, denen die meisten Denkmale | |
gehören. | |
Hübner rechnet mit Widerstand der AfD, die für eine andere | |
Erinnerungskultur stehe und bestehende Kriegerdenkmale für „eigene | |
Gedenkveranstaltungen mit völkischem und nationalistischem Profil“ nutzen. | |
27 Feb 2020 | |
## AUTOREN | |
Marina Mai | |
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