| # taz.de -- Selbstorganisation bei Startups: Kickstarter für Gewerkschaft | |
| > Ein neues Kapitel in der Geschichte digitaler Ökonomie: Die | |
| > Crowdfundingplattform Kickstarter bekommt eine gewerkschaftliche | |
| > Vertretung. | |
| Bild: Die Kickstarter Gruppe hat für eine Gewerkschaftliche Vertretung gestimmt | |
| Bällebad und Kickertisch waren gestern. Die Verheißungen der digitalen | |
| Arbeitswelt, vornehmlich geprägt von Start-ups des Silicon Valley, | |
| versprachen eine neue Kultur der Arbeit. Flache Hierarchien, Spaß, | |
| Kreativität, frei verhandelbare Gehälter. Was so aussehen wollte wie eine | |
| individuelle Überwindung des kapitalistischen Gegensatzes zwischen Kapital | |
| und Arbeit, ist inzwischen in der Realität klassischer Ausbeutung | |
| angekommen. Selbst bei großen Playern wie Google oder Facebook ist eine | |
| Mehrklassengesellschaft entstanden. Auf der einen Seite hoch dotierte, mit | |
| Firmenanteilen und Boni ausgestattete Manager, [1][auf der anderen | |
| lohnabhängige Beschäftigte und outgesourcte digitale Sweatshops]. | |
| Berichte über Programmierer*innen, die in Kalifornien in ihren Autos | |
| leben müssen, da ihre Gehälter nicht für ortsübliche Wohnkosten ausreichen, | |
| zeigen zwar ein Extrem, weisen dabei aber auf ein grundsätzliches Problem | |
| hin. Wie in jeder Fabrik gilt auch im digitalen Bereich, dass Gewinn nur | |
| dann erzielt wird, wenn Arbeitskraft erfolgreich ausgebeutet wird. Und wie | |
| am Fließband gilt auch hier: Der Interessenausgleich zwischen jenen, die | |
| ihre Arbeitskraft verkaufen müssen, und denen, die daraus Profit ziehen, | |
| funktioniert einfach besser, wenn die Arbeitenden sich organisieren. | |
| Zu dieser Erkenntnis ist nun auch die Mehrheit der Beschäftigten der | |
| Crowdfundingplattform Kickstarter gelangt und [2][stimmte deshalb in der | |
| vergangenen Woche für ihre gewerkschaftliche Vertretung]. In der digitalen | |
| Ökonomie ist das bislang extrem selten und deshalb absolut bemerkenswert. | |
| Kickstarter operiert nicht vom Silicon Valley aus. Der Sitz in New York | |
| galt lange auch als Statement einer gewissen Distanz zur kalifornischen | |
| Ideologie, jener libertären Anything-goes-Attitüde – alles geht, außer | |
| Gewerkschaften. Erste Versuche gewerkschaftlicher Organisation im | |
| vergangenen Jahr wurden bei Kickstarter unterdrückt, [3][Kündigungen zweier | |
| Angestellter inklusive]. | |
| Unter anderem der nachfolgende Protest prominenter Unterstützer*innen der | |
| Plattform scheint geholfen zu haben. Über Arbeitsbedingungen und auch das | |
| operative Geschäft muss Kickstarter jetzt mit dem gemeinschaftlich | |
| agierenden Personal verhandeln, so wie früher. Es war eben nicht alles | |
| schlecht. | |
| 23 Feb 2020 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://paloaltoonline.com/news/2020/02/12/income-inequality-reaches-a-hist… | |
| [2] https://www.nytimes.com/2020/02/18/technology/kickstarter-union.html | |
| [3] https://www.nytimes.com/2019/10/15/nyregion/kickstarter-union-employees-fir… | |
| ## AUTOREN | |
| Daniél Kretschmar | |
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