Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Kein Visum für Künstler*innen: Kulturaustausch verhindert
> Fünf Tänzer*innen aus Abidjan wurden kurzfristig die Visa für ein Treffen
> der Tanzszene in Hamburg verweigert. Kein Einzelfall, sagt die
> Intendantin.
Bild: Auf Kampnagel stehen Künstler*innen vieler Nationen auf der Bühne – s…
Hamburg taz | Für die jungen Tänzer*innen ist es eine Katastrophe, erzählt
[1][Kampnagel-Intendantin Amelie Deuflhard.] Wochenlang haben sie sich auf
ihren Auftritt bei der „7. Biennale Tanzausbildung“ in Hamburg vorbereitet.
Das prestigereiche Festival ist für die jungen Ivorer*innen eine
Riesenchance auf internationale Wahrnehmung – was auch die Karriere im
Heimatland befördert.
Doch dann kommt ein oder zwei Tage vor der Ausreise der endgültige Bescheid
aus der Botschaft in Abidjan: Fünf Student*innen der Tanzschule GLS_LA
fabrique culturelle bekommen kein Visum. Nur der Schulleiter Franck Edmond
Yao und sein Schüler Djédjé Éric Gbadie dürfen reisen – vermutlich weil
beide regelmäßig in Europa arbeiten und ihren „Rückkehrwillen“ oft genug
bewiesen haben.
Denn das ist einer der Punkte, der Botschaften dazu bringt, Visa zu
verweigern: Die Befürchtung, die Künstler*innen könnten die Gelegenheit
nutzen, in Deutschland zu bleiben.
So ist es gerade erst in Berlin passiert. [2][Bei einem
Kulturaustauschprojekt mit der Jugendtheaterwerkstatt Spandau] sind fünf
junge Tänzer aus Abidjan untergetaucht. Ohne Gepäck, ohne Papiere, ohne
Sprachkenntnisse, wie die Berliner Zeitung berichtet. Dem Projekt haben sie
damit, dass sie ihr persönliches Glück in Deutschland in die Hand genommen
haben, einen nachhaltigen Schaden zugefügt.
## Hohe Hürden bei der Einreise
Trotzdem, sagt Deuflhard, man wolle ja wohl kaum gleich jede Form von
kulturellem Austausch mit einem Land einstellen, weil einzelne nicht
zurückgekehrt seien.
Und auch Martine Dennewald vom Festival Theaterformen in Braunschweig sagt:
„Wie oft kommt so etwas denn tatsächlich vor, im Verhältnis zu den hohen
Zahlen an Künstler*innen, die jedes Jahr in Deutschland zu Gast sind?“ Das
Festival lädt pro Jahr 15 Produktionen aus der ganzen Welt ein –
abwechselnd nach Braunschweig oder Hannover.
Die Prozeduren rund um die Einreise internationaler Ensembles kosten viel
Zeit und Nerven – vor allem bei bestimmten Ländern oder Kontinenten.
„Afrikanische Länder oder auch China sind schwierig“, sagt Dennewald –
betont aber auch gleich, dass ihre Erfahrungen kaum repräsentativ sind. Ob
die Schwierigkeiten zunehmen, vermag sie nicht zu sagen – sie leite das
Festival ja erst seit fünf Jahren.
Deuflhard wird da deutlicher: „Vor allem seit 2015 und der sogenannten
Flüchtlingswelle ist es schwieriger geworden [3][und natürlich betrifft das
vor allem Künstler*innen vom afrikanischen Kontinent.“] Im vergangenen Jahr
durfte beispielsweise ein ägyptischer Schauspieler nicht einreisen, der
beim Festival XChanges hätte spielen sollen.
Was sie besonders fuchst: Davon sind, wie auch in diesem Fall, oft Projekte
betroffen, die aus Bundes- und Ländermitteln gefördert werden.
Und: Der ganze Prozess erscheint oft schwer kalkulierbar und willkürlich.
Etablierte Künstler haben es leichter als Newcomer, Vielreisende leichter
als solche, die noch nie im Ausland waren, weniger politische Künstler
leichter als politische Aktivisten.
Auch auf der Veranstaltungsebene spielen Kontakte und Vernetzung dann eine
entscheidende Rolle: „Natürlich habe ich schon öfter um politische
Interventionen durch den Kultursenator oder das Auswärtige Amt gebeten,
wenn wir anders nicht weiter kamen“, sagt Deuflhard. Aber eigentlich könne
es das doch nicht sein: „Kulturaustausch muss doch auf allen Ebenen
stattfinden können.“
In diesem Fall sei zu spät klar geworden, dass es Probleme mit den Visa
gebe. „Das hätte ich nicht gedacht, weil mir der Kontext mit 18
internationalen Schulen doch hinreichend gesichert schien.“
Auch die Teilnehmer*innen aus Tunesien hatten beim Auftakt am Montagabend
von Problemen berichtet – sie hatten ihre Visa dann aber noch rechtzeitig
erhalten.
Für die Teilnehmer*innen von der Elfenbeinküste ist es nun zu spät – die 7.
Biennale Tanzausbildung geht nur noch bis Samstag. Auf Kampnagel werden
trotzdem weiter viele Unterschriften gesammelt und Protestnoten formuliert:
Dann eben fürs nächste Mal. Und um die enttäuschten Nachwuchstänzer*innen
wenigstens ein bisschen Solidarität spüren zu lassen.
20 Feb 2020
## LINKS
[1] /Kultur-Standortpolitik-in-Hamburg/!5643877
[2] /Ausgebremster-Kulturaustausch/!5514004
[3] /Wie-Behoerden-diskriminieren/!5507918
## AUTOREN
Nadine Conti
## TAGS
Kampnagel
Asylpolitik
Tanz
Elfenbeinküste
Visum
Hamburg
Kinder- und Jugendtheater
Gängeviertel
## ARTIKEL ZUM THEMA
Kultur-Standortpolitik in Hamburg: Kampnagel soll schöner werden
Bis zu 120 Millionen Euro wollen Bund und Stadt in das Hamburger
Theater-Areal stecken. Nun gibt es erste Ideen, wie und wofür.
Ausgebremster Kulturaustausch: Zuerst gefördert und dann verhindert
7 Tänzer aus der Elfenbeinküste sollten in Spandau auftreten. Das Projekt
scheiterte an den Visa. Kein Einzelfall.
Wie Behörden diskriminieren: Künstlerin darf nicht einreisen
Im Gängeviertel sollte eine sudanesische Fotografin Widerstand aus
afrozentrischer Perspektive darstellen. Doch die deutsche Botschaft gibt
ihr kein Visum.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.