| # taz.de -- Ausstellung zu Schwarzen in Deutschland: Das Stigma ist geblieben | |
| > Der Hamburger Black History Month präsentiert sich erstmals in einer | |
| > staatlichen Institution – im Altonaer Museum. | |
| Bild: Schwarze Community lugt hervor: Billy Mo in der Serie „Homestory Deutsc… | |
| Hamburg taz | Diese Ausstellung rückt einem empfindlich nahe. Denn es macht | |
| eben einen Unterschied, ob man wissenschaftliche Traktate über | |
| Kolonialismus liest oder in die Gesichter der Versklavten schaut. Dann | |
| wird, was man längst zu wissen glaubte, so brutal gegenwärtig wie Doris | |
| Lessings „Afrikanische Tragödie“ aus der britischen Ex-Kolonie Rhodesien, | |
| dem heutigen Zimbabwe. Dann begreift man angesichts seines eigenen Schocks, | |
| warum Kolonialismus für weite Teile der Gesellschaft immer noch irrelevant | |
| ist. Und warum der [1][Black History Month] – mit dem Altonaer Museum in | |
| Hamburg erstmals in einer staatlichen Institution präsent– son wichtig ist, | |
| um Lebenslinien Schwarzer nachzuzeichnen. | |
| Mit einem Dreiklang – der Ausstellung „Homestory Deutschland“, der | |
| Fotoreihe „Schwarzes Hamburg“ und dem Video „Millis Erwachen“ über sch… | |
| Künstlerinnen in Deutschland – schafft der 1926 in den USA begründete Black | |
| History Month diesmal einen besonders starken Hamburger Auftritt. | |
| Seit den 1980er-Jahren in Berlin und ab 1996 auch in Hamburg von der | |
| Schwarzen Community in Stadtteilkulturzentren organisiert, präsentiert er | |
| sich diesmal prominent (und kostenlos) in der Säulenhalle des Altonaer | |
| Museums. | |
| Das bedeutet eine starke Aufwertung, und die ist politisch gewollt. Denn | |
| genau für diesen Dialog mit den Communitys wurde Ayhan Salar 2018 als | |
| [2][Kurator des Bundes-Fonds „360 Grad“] eingestellt. Seine erste Schau | |
| galt muslimischem Leben in Altona, und nun hat er die Schwarze Community | |
| eingeladen. | |
| Der Ort ist gut gewählt: Altona war ein [3][Hauptauslaufhafen für | |
| Sklavenschiffe], die Altonaer und Blankeneser Kaufleute in die Kolonien | |
| schickten. Konsequent also, dass Museumschefin Anja Dauschek – nach einer | |
| Masken-Intervention des ghanaischen Künstlers Joe Sam-Essando zwischen | |
| Modellen einstiger Kolonialisten-Schiffe 2017 – nun den nächsten Schritt | |
| geht. Und so wandelt man fasziniert und betroffen zwischen den Biographien | |
| dreier Jahrhunderte umher. | |
| Da trifft man etwa den 1703 geborenen Anton Wilhelm Amo, den die | |
| holländisch-westindische Kompanie 1707 dem Herzog von | |
| Braunschweig-Wolfenbüttel „schenkte“. Der aber förderte Amo, sodass er als | |
| erster Afrikaner an einer europäischen Universität promovierte. | |
| Der 1920 als „Besatzungskind“ geborene Hans Hauck traf es weniger gut: | |
| Obwohl 1934 mit Unterstützung eines SS-Offiziers als Lehrling an die | |
| Deutsche Reichsbahn vermittelt, wurde er 1937 auf Betreiben des NS-Regimes | |
| zwangssterilisiert. Es war, so die Sprachregelung, „Teil der unauffälligen | |
| Unfruchtbarmachung im Rheinland geborener schwarzer deutscher | |
| Jugendlicher“. | |
| Und das Stigma bleibt: Sobald er den Schutzraum des Prominentseins | |
| verlasse, sagt der 1975 geborene Fußballer Otto Addo, „wird man ständig in | |
| schlechtem Deutsch angesprochen und bekommt seltsame Fragen gestellt“. | |
| Selbst dem vermeintlich toleranten Kulturbetrieb mangele es an Reflexion, | |
| sagt Schauspielerin Nisana Cherat. „Mätresse, Wahnsinnige, Hure. Schwarze | |
| Schauspielerinnen am deutschen Theater“, heißt ein Aufsatz von ihr. Die | |
| Rollenangebote für Schwarze seien begrenzt, sagt sie. „Aber daran ist man | |
| in Theaterkreisen häufig nicht interessiert, weil es um Symbolik oder ein | |
| bestimmtes Rollenklischee geht.“ | |
| 11 Feb 2020 | |
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| ## AUTOREN | |
| Petra Schellen | |
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