# taz.de -- Konflikte in Ruanda: Musikstar Kizito Mihigo ist tot | |
> Einst war er Liebling der Regierung in Ruanda, ein YouTube-Video machte | |
> ihn zu einem Problem. Jetzt wurde er tot in seiner Zelle gefunden. | |
Bild: Kizito Mihigo kurz nach einer Festnahme im Jahr 2014 | |
KAMPALA taz | Er war Ruandas berühmter Gospelsänger und Komponist. Aber am | |
Montagfrüh wurde Kizito Mihigo nach Angaben der Polizei in seiner Zelle im | |
Gefängnis der ruandischen Ermittlungsbehörde RIB in der Hauptstadt Kigali | |
tot aufgefunden. Laut Polizei hat der 38-Jährige Selbstmord begangen, er | |
habe seine Bettlaken zu einer Schlinge zusammengebunden und sich damit am | |
Fenster erhängt. | |
Mihigo war Ende vergangener Woche festgenommen worden. RIB beschuldigte | |
ihn, illegal ins Nachbarland Burundi reisen zu wollen und dafür Grenzbeamte | |
bestochen zu haben. Die Beziehungen [1][zwischen den beiden Nachbarländern | |
sind seit Jahren zutiefst gestört]. Immer wieder kommt es zu Scharmützeln | |
zwischen Soldaten entlang der Grenze, erst vor zwei Wochen gab es heftige | |
Gefechte. | |
Ruandas Regierung beschuldigt das Regime in Burundi, radikale | |
Hutu-Ideologien zu predigen und die Tutsi-Minderheit aus Burundi vertrieben | |
zu haben. Kizito Mihigo wurde nun vorgeworfen, er wolle sich einer | |
Hutu-Rebellengruppe in Burundi anschließen, die Angriffe auf Ruanda plane. | |
Bereits im April 2014, am 20. Gedenktag des [2][Völkermords in Ruanda | |
1994], war Mihigo spurlos verschwunden. Erst zehn Tage später meldete die | |
Polizei seine Verhaftung. Er habe mutmaßlich mit der Hutu-Miliz FDLR | |
(Demokratische Kräfte zur Befreiung Ruandas) zusammengearbeitet, um die | |
Regierung zu stürzen. | |
## Für Ruanda ein Schock | |
Die FDLR wurde im Nachbarland Kongo gegründet, unter ihren Anführern sind | |
zahlreiche Täter und Kommandeure der ehemaligen ruandischen Hutu-Armee, die | |
1994 den Völkermord an über einer Million Tutsi verübt hat, und sie | |
unterhält enge Beziehungen zur Regierung in Burundi. Ruanda vermutet, | |
Burundi ermögliche es der FDLR, über burundisches Gebiet Ruanda | |
anzugreifen. | |
Die Verhaftung Mihigos 2014 war damals für Ruanda ein Schock. Der junge | |
Musiker und TV-Moderator, dessen Vater während des Völkermords umgekommen | |
war, galt damals als Aushängeschild der Regierung, er setzte sich für | |
Versöhnung und Frieden ein, komponierte Ruandas neue Nationalhymne mit und | |
trat regelmäßig bei offiziellen Anlässen auf. | |
Doch nur wenige Tage vor den Gedenkfeiern zum 20. Jahrestag des Völkermords | |
an den Tutsi hatte er einen kritischen Song auf YouTube hochgeladen. Darin | |
beschuldigte er Ruandas heutige Armee, 1994 beim Sturz des | |
Völkermordregimes Rachetötungen an Hutu begangen zu haben. Nach seiner | |
Verhaftung wurde sein Song in Ruanda verboten und von YouTube gelöscht. Vom | |
Liebling der Regierung wurde Mihigo zum Liebling der Exilopposition. | |
In seiner ersten Anhörung vor Gericht bekannte sich Mihigo schuldig. Knapp | |
ein Jahr später wurde er zusammen mit anderen wegen Verschwörung zu zehn | |
Jahren Haft verurteilt. 2018 kam er aufgrund eines Generalerlasses von | |
Präsident Paul Kagame gemeinsam mit weiteren rund 2.000 Gefangenen frei. | |
17 Feb 2020 | |
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## AUTOREN | |
Simone Schlindwein | |
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