# taz.de -- Anklage gegen Italiens Lega-Chef: Salvini drohen 15 Jahre Haft | |
> Italiens Senat hebt die Immunität des Ex-Innenministers Matteo Salvini | |
> auf. Jetzt kann er wegen Freiheitsberaubung an Flüchtlingen angeklagt | |
> werden. | |
Bild: Ex-Innenminister Matteo Salvini bei der Abstimmung über die Aufhebung se… | |
ROM taz | Freiheitsberaubung: So lautet der Vorwurf gegen Matteo Salvini, | |
der sich dafür demnächst vor Gericht verantworten muss. Am Mittwoch hob der | |
italienische Senat die Immunität des früheren Innenministers und Chefs der | |
rechtspopulistischen Lega auf. | |
Bis zu 15 Jahren Haft drohen Salvini nun, weil er fünf Tage lang, vom 26. | |
bis zum 31. Juli 2019, [1][dem Schiff Gregoretti der italienischen | |
Küstenwache untersagt hatte], 135 gerettete Flüchtlinge in einem | |
sizilianischen Hafen an Land zu bringen. Stattdessen mussten sie bei 35 | |
Grad Hitze tagelang auf Deck ausharren, bis andere europäische Länder ihre | |
Übernahme zugesagt hatten. | |
Salvini vertrat auch am Mittwoch im Senat die Auffassung, er habe bloß | |
seine Pflicht getan, er habe „die Ehre, die Sicherheit, die Grenzen meines | |
Landes“ verteidigt. Genauso argumentierten die Vertreter*innen auch der | |
anderen Rechtsparteien, ob aus Silvio Berlusconis Forza Italia oder aus den | |
postfaschistischen Fratelli d’Italia („Brüder Italiens“). Salvini habe in | |
„überwiegendem nationalem Interesse“ gehandelt und könnte deshalb wegen | |
seiner als Minister begangenen Tat juristisch nicht zur Verantwortung | |
gezogen werden. | |
Ganz anders sahen das die Fraktionen der Regierungsmehrheit, der Partito | |
Democratico (PD), der 5-Sterne-Bewegung, der radikal linken Liste „Freie | |
und Gleiche“ und der von Matteo Renzi gegründeten Partei Italia Viva. In | |
ihren Augen hatte Salvini nicht aus staats-, sondern aus rein | |
parteipolitischen Gründen gehandelt. Sie stimmten ausnahmslos für die | |
Aufhebung von Salvinis Immunität. | |
## Salvini will die Wähler urteilen lassen | |
Das Votum ging nicht zuletzt deshalb reibungslos durch, weil Salvini selbst | |
seine Lega-Fraktion aufgefordert hatte, an der Abstimmung nicht | |
teilzunehmen. Ein für allemal wolle er es nun wissen, ob er ein | |
„Krimineller“ sei, erklärte der Lega-Chef, und dann drückte er auch ein | |
bisschen auf die Tränendrüse: Seine zwei Kinder müssten laufend in der | |
Zeitung lesen, dass „ihr Vater ein Verbrecher ist“. Dem Prozess will er | |
sich stellen, fügte aber gleich hinzu, dass „in einer Demokratie nicht die | |
Richter, sondern die Wähler das Urteil sprechen“. | |
Wie seine Verteidigungsstrategie laufen wird, machte Salvini in der Debatte | |
auch klar: Er wird geltend machen, dass er keineswegs isoliert, sondern mit | |
dem Einverständnis der gesamten Regierung unter dem damaligen – und auch | |
heutigen – Premier Giuseppe Conte gehandelt hat. | |
In der Tat sind Conte genauso wie die seinerzeitigen Koalitionspartner der | |
Fünf Sterne in Erklärungsnöten. Sie hatten im Juni 2019 zwar Salvini | |
öffentlich keinen Zuspruch zukommen lassen, waren aber auch nicht auf | |
Distanz gegangen. Conte hatte schlicht geschwiegen, und [2][der damalige | |
M5S-Chef und heutige Außenminister Luigi Di Maio] hatte zwar erklärt, er | |
könne es nicht gut finden, dass „italienische Militärs wie Piraten | |
behandelt“ werden, gleich aber hinzugefügt, Italien könne „keine weiteren | |
Migranten aufnehmen“. | |
Schon in wenigen Wochen wird der Senat über ein weiteres Verfahren gegen | |
Salvini entscheiden. Auch im Fall des NGO-Schiffs Open Arms, das im August | |
2019 tagelang nicht in Italien anlegen konnte, wird ihm Freiheitsberaubung | |
vorgeworfen. | |
12 Feb 2020 | |
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## AUTOREN | |
Michael Braun | |
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