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# taz.de -- Krise in Algerien: Haft für einstigen Strippenzieher
> Saïd Bouteflika, Bruder des abgetretenen Langzeitpräsidenten Algeriens,
> galt als Nummer eins im Land. Nun kommt er hinter Gitter.
Bild: Die Gebrüder Bouteflika: links der ehemalige Präsident, rechts der Stri…
BERLIN taz | Ein Militärgericht in Algerien hat am Montagabend hohe
Haftstrafen gegen drei der ehemals mächtigsten Männer des Landes bestätigt.
Saïd Bouteflika, Bruder [1][des gestürzten Langzeitherrschers Abdelaziz
Bouteflika], sowie die Generäle Athmane Tartag und Mohamed Lamine Mediene,
zwei ehemalige Geheimdienstchefs, müssen für je 15 Jahre hinter Gitter.
Das Militärtribunal in der Stadt Blida bestätigte damit erstinstanzliche
Urteile vom September. Auf freien Fuß kam die zunächst ebenfalls zu 15
Jahren Haft verurteilte Politikerin Louisa Hanoune, Chefin der linken
Oppositionspartei PT (Arbeiterpartei). Ihre Strafe wurde auf neun Monate
reduziert, die sie bereits abgesessen hat.
Das Militärverfahren war [2][eine Folge der Massenproteste in Algerien],
die ihren Höhepunkt am 2. April 2019 mit dem Rücktritt des schwerkranken
Präsidenten Abdelaziz Bouteflika nach zwanzig Jahren im Amt fanden. In den
Jahren zuvor hatte Saïd Bouteflika als Strippenzieher und eigentlicher
Entscheider hinter dem seit einem Schlaganfall im Jahr 2013 gelähmt im
Rollstuhl sitzenden Präsidenten gegolten.
Als ab Februar 2019 Massenproteste gegen eine Kandidatur Bouteflikas zu
einer sechsten Amtszeit das Land erschütterten und Ende März die Armee
öffentlich seinen Rücktritt forderte, soll sich Saïd Bouteflika mit den
beiden Exgeheimdienstchefs verschworen haben, um den Generalstabschef der
Armee, General Gaïd Salah, abzusetzen und die Macht zu behalten.
## Proteste gehen weiter
Das ging schief, [3][Präsident Bouteflika trat zurück und Salah wurde
Interimspräsident]. Er ließ seine Gegenspieler festnehmen und organisierte
Wahlen – gegen den Willen der Protestbewegung, die den Rückzug des Militärs
und einen demokratischen Übergang forderte. Die Wahlen am 12. Dezember
[4][brachten den militärtreuen Abdelmajid Tebboune an die Macht]. General
Salah starb elf Tage später.
Vor Gericht behauptete Saïd Bouteflika, er sei bloß Berater und
„Vertrauensperson“ seines Bruders gewesen. Die beiden Exgeheimdienstchefs
machten keine Aussage.
Die freigelassene Louisa Hanoune verließ noch in der Nacht zum Dienstag das
Gefängnis. Die Verteidiger der beiden verurteilten Exgeheimdienstchefs
sprachen von einer „schweren Strafe“, die der „politischen Konjunktur“
geschuldet sei. Die Verurteilten, sagten sie, seien „Geiseln der Hirak“,
wie die Protestbewegung in Algerien heißt. Deren Vertreter allerdings haben
das Militärverfahren, das unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfand,
als Farce bezeichnet, bei dem lediglich ein paar Bauernopfer gebracht
würden, um das korrupte Machtsystem zu retten.
Am Dienstag demonstrierten in mehreren algerischen Städten erneut
zahlreiche Menschen. Sie forderten eine unabhängige Justiz und die
Freilassung inhaftierter Demonstranten. Auch am Freitag will die
„Hirak“-Bewegung wieder massiv auf die Straße gehen – am kommenden
Wochenende jährt sich der Beginn der Massenproteste.
12 Feb 2020
## LINKS
[1] /Kommentar-Algerien-im-Wandel/!5583421
[2] /Neuer-Zulauf-fuer-Massenproteste/!5637711
[3] /Aus-Le-Monde-diplomatique/!5587237
[4] /Praesidentschaftswahl-in-Algerien/!5649820
## AUTOREN
Dominic Johnson
## TAGS
Abdelaziz Bouteflika
Algerien
Ahmed Gaid Salah
Massenproteste
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Sudan
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