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# taz.de -- Heuschrecken vernichten Ernte: Allesfresser plündern Ostafrika
> Kenia leidet unter der schlimmsten Heuschreckenplage seit 70 Jahren. Die
> Angst ist groß, dass solche Phänomene durch den Klimawandel zunehmen.
Bild: Der Sohn eines Bauern kämpft gegen Insekten: Heuschreckenplage in Kenia
Nairobi taz | Ostafrika wird von [1][Schwärmen von Wüstenheuschrecken]
heimgesucht, die bereits zehntausende Hektar Getreide und Gras gefressen
haben. Die Pest ist indirekt mit dem Klimawandel verbunden, sagen
Wissenschaftler. Sie fürchten noch mehr Insektenseuchen für die Zukunft.
„Gestern sah mein Mais dank der regenreichen Jahreszeit immer noch
wunderschön aus. Jetzt habe ich nur noch nackte Stiele auf meinem Feld“,
sagt Elisepha Kivuta aus Kitui, einer Region rund 150 Kilometer östlich der
kenianischen Hauptstadt Nairobi.
Die Seuche der Wüstenheuschrecken (Schistocerca gregaria) ist die
schlimmste seit siebzig Jahren in Kenia. In Somalia und Äthiopien gab es
die letzte Invasion in diesem Ausmaß vor 25 Jahren. Somalia hat den
Ausnahmezustand ausgerufen. Es wird erwartet, dass weitere Länder folgen.
Inzwischen ziehen die Heuschreckenschwärme auch bis nach Uganda und in den
Südsudan, wo fast die Hälfte der Bevölkerung kriegsbedingt bereits über zu
wenig Nahrung verfügt.
Die Bevölkerung in den betroffenen Ländern führt dies auf den Klimawandel
zurück. „Seit zehn Jahren wissen wir nicht, wann wir säen und pflanzen
sollen. Das Wetter ist jedes Jahr anders. Nach viel Trockenheit regnet es
jetzt viel und plötzlich kommen die Heuschrecken“, bemerkt Bäuerin Kivuta.
Ähnliche Kommentare sind auch in anderen Ländern zu hören.
## Blitzvermehrung bei Regen
Die [2][Wüstenheuschrecken] legen ihre Eier in feuchte Erde, damit sie
nicht austrocknen. Wenn in ihrer sonst trockenen Umgebung viel Regen fällt,
beginnen sich die Tiere blitzschnell zu vermehren. Wenn die Brut nach
zwischen vier und sechs Wochen schlüpft, gibt es für die Heuschrecken wegen
des Regens viel zu essen. Sobald es zu viele Wüstenheuschrecken an einem
Ort gibt und die Umgebung kahl gefressen ist, suchen sie gemeinsam nach
neuen Futterplätzen. Dort setzen sie ihr schnelles Vermehrungsverhalten
fort.
Abubakr Salih Babiker, sudanesischer Klimaexperte der IGAD, des
ostafrikanischen Handelsblocks von acht Ländern, gibt der Erwärmung im
Indischen Ozean die Schuld. „Die Erwärmung der Gewässer entlang der
ostafrikanischen Küste im vergangenen Jahr führte zu ungewöhnlichen
tropischen Wirbelstürmen in der Region. Der darauffolgende starke Regen hat
den Wüstenheuschrecken hervorragende Brutbedingungen geboten.“
Ostafrika leidet normalerweise nicht unter Wirbelstürmen, und wenn sie die
Region treffen, gibt es nicht mehr als ein oder zwei pro Jahr. Im
vergangenen Jahr waren es acht. Diese verursachten nicht nur eine viel
längere, sondern auch intensivere Regenzeit. Und das, obwohl die Region in
den letzten zwanzig Jahren immer mehr von anhaltenden Dürren heimgesucht
wurde.
## Einzelgänger werden zur Plage
Wüstenheuschrecken sind unter normalen Umständen Einzelgänger. Als im
vergangenen Jahr jedoch viel Regen in der Wüste von Oman fiel, stellten
sich perfekte Bedingungen für die Heuschrecken ein. Sobald sie zu großen
Schwärmen herangewachsen waren, breiteten sie sich im Jemen aus und
überquerten den Golf von Aden nach Ostafrika.
Ein durchschnittlicher Schwarm Wüstenheuschrecken hat laut IGAD derzeit
rund 150 Millionen Tiere pro Quadratkilometer. Die Organisation berichtet,
dass ein solcher Schwarm an einem Tag eine Ernte fressen kann, die etwa
2.500 Menschen ernähren könnte. Die Insekten fressen fast alles, bevorzugen
jedoch Hirse, Reis, Gras, Zuckerrohr und Mais.
Kurz gesagt, die Schwärme stellen eine große Bedrohung für die
Ernährungssituation dar. Das Vieh stirbt an einem Mangel an Gras, was
wiederum zu Armut unter den Viehnomaden führt. Während sich die Welt Sorgen
um das Coronavirus macht, ist in Ost-Afrika das Schlagwort: Klimawandel.
## Einsatz von Pestiziden
Die kenianische Regierung behauptet, sie habe die Kontrolle über die
Invasion, obwohl 15 der 47 Bezirken seitdem von den Heuschrecken betroffen
sind. Sie hat insgesamt fünf Flugzeuge zum Versprühen von Pestiziden
eingesetzt. Dadurch werden die Wüstenheuschrecken nicht selbst getötet,
sondern die Eier zerstört. Vier Hubschrauber suchen die Schwärme. Somalia
und der Südsudan werden durch die Bürgerkriege in ihren Ländern an der
Bekämpfung gehindert.
Die [3][UN-Ernährungsorganisation FAO] schätzt, dass Kenia, Äthiopien und
Somalia rund 70 Millionen Euro benötigen für die Bekämpfung. Ein Ende der
Plage ist kurzfristig nicht abzusehen. Es muss zunächst einige Monate
trocken bleiben, damit die Wüstenheuschrecken weniger Nahrung haben und zu
ihrem normalen Lebensstil zurückkehren. Es wird erwartet, dass die Plage
erst im Juni unter Kontrolle gebracht werden kann.
Die Angst ist groß, dass bedingt durch den Klimawandel noch mehr Seuchen
Einzug halten könnten. Seit drei Jahren kämpfen Bauern in über der Hälfte
des Kontinents mit einer Wurmplage. Die Wissenschaftler Elias Ayuk
(Kamerun) und Ngozi Unuigbe (Nigeria) stellen in ihrem [4][Buch] „New
Frontiers in Natural Resource Management in Africa“ fest, dass
„Ausbreitung, Entwicklung und Populationsdynamik von Insektenplagen das
direkte Ergebnis des Klimawandels ist. Es hilft bei der Verbreitung
einheimischer und exotischer Arten.“
10 Feb 2020
## LINKS
[1] /Heuschreckenplage-in-Ostafrika/!5653666
[2] /Insekten-essen/!5612482
[3] http://www.fao.org
[4] https://www.lehmanns.de/shop/wirtschaft/46016098-9783030118563-new-frontier…
## AUTOREN
Ilona Eveleens
## TAGS
Heuschreckenplage
Ostafrika
Kenia
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Heuschreckenplage
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