# taz.de -- US-Gitarrist Jeff Parker: Fortwährende Verwandlung | |
> Jeff Parker führt Jazz als Great Black Music in ein neues Zeitalter. Mit | |
> seinem HipHop-affinen Album „Suite for Max Brown“ kommt er nach | |
> Deutschland. | |
Bild: Hat die Ruhe weg: Jeff Parker | |
Zuletzt konzentrierte sich der US-Jazzgitarrist Jeff Parker auf | |
Produktionen mit kleinen Ensembles. Oftmals spielte er solo, auf diese | |
Weise erarbeitete sich der 52-Jährige die Wechselwirkung zwischen | |
akustischen und elektronischen Kompositionsmöglichkeiten. Und daraus | |
entstanden wiederum Alben, auf denen Parker allein oder im Verbund mit | |
Kollegen wirkt; Ambient-Musik mit dem US-Kornettisten Rob Mazurek. | |
Ein andermal widmete sich [1][Parker] seiner Leidenschaft für HipHop-Breaks | |
und Sample-basierte Musik, in der er auch gerne frei improvisiert. Zudem | |
mischte Parker auf Werken des gefeierten Chicagoer Drummers Makaya McCraven | |
mit. Zuletzt hat er mit ihm zusammen an einer Neuinterpretation von Songs | |
des Spoken-Word-Poeten Gil Scott-Heron gearbeitet, die bald veröffentlicht | |
wird. | |
„Im Laufe der Zeit bin ich besser darin geworden, Kolleg:innen zu | |
vermitteln, was ich mit meinen Eigenkompositionen ausdrücken möchte. Wenn | |
ich mit anderen arbeite, die offen sind für das Experimentieren mit | |
verschiedenen Ideen im Kontext meiner Musik, hilft mir das im weiteren | |
Prozess“, bekundet Jeff Parker. | |
## Drehkreuz Tortoise | |
Parker ist eine der prägendsten Figuren des „Modern Chicago Sound“, einer | |
losen Künstlerszene, aus der in den 90er Jahren innovative Bandprojekte wie | |
Isotope 217˚ und Chicago Underground hervorgegangen sind. Parker selbst | |
stieg damals bei [2][Tortoise] als Gitarrist ein, auch für andere Projekte | |
im Umfeld der Chicagoer Subkulturszene wurde die Band zum Drehkreuz. Parker | |
zählt mit seinem vielfältigen Œuvre wiederum zur Schnittstelle zwischen | |
Jazz, zeitgenössischer Musik und Postrock. | |
Immer beinhalten seine Ideen die Verknüpfung von Popelementen mit | |
experimentellen Formen. Parker kreiert also Werke, in denen die | |
Verhältnisse zwischen Tradition und Moderne, Improvisation und Komposition, | |
Vertrautem und Abstraktem gründlich erforscht werden, um diese dann in | |
etwas ganz Eigenes zu verwandeln. | |
Dafür verwendet der Gitarrist in seiner Klangpalette klassische Licks und | |
Riffs, aber setzt gleichberechtigt analoge Elektronik und digitale | |
Synthesen dazu. Aus familiären Gründen zog er vor einiger Zeit nach Los | |
Angeles. „Die Szene in Chicago ist fantastisch, keine Frage, aber es fühlte | |
sich an, als drohte mir dort, dass ich selbstgefällig werde“, rekapituliert | |
Parker. | |
## Experimenteller Charakter | |
An der US-Westküste ist sein aktuelles Album entstanden. Die „Suite for Max | |
Brown“ enthält Songs, die seine Faszination an HipHop mit dem modalen Jazz | |
der späten Sechziger zusammenbringt. In gewisser Weise bleibt Parker damit | |
dem experimentellen Charakter des Chicagoer Jazzkollektivs [3][AACM] treu, | |
bei dem er gelernt hat: Alle seine Labels sind weiterhin in der Stadt am | |
Michigan See beheimatet. Und mit jüngeren Chicago-Musiker:innen wie | |
Jaimie Branch, Angel Bat Dawid und Junius Paul hat er zuletzt auch | |
kollaboriert. | |
Jeff Parkers „Suite for Max Brown“ kreist um die Begriffe Seele und | |
Integrität. Parker denkt mit ihnen über die brutale Vergangenheit des | |
schwarzen Amerika nach und tritt für bessere Lebensbedingungen ein. Auf dem | |
Cover ist eine Fotografie seiner Mutter abgebildet. Die Musik ist seiner | |
Mutter gewidmet, um sich bei ihr dafür zu bedanken, dass sie ihn in allen | |
Lebenslagen vorbehaltlos unterstützt hat. Nun bringt Jeff Parker seine | |
vibrierende „Suite for Max Brown“ auf die Bühnen einiger deutscher Clubs. | |
„Allerdings werden wir manche Komposition für die Bühne umarrangieren. Nach | |
der Uraufführung verwandeln sich meine Songs ohnehin in etwas anderes“, | |
erklärt Jeff Parker mit einem Lächeln. | |
25 Jan 2020 | |
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## AUTOREN | |
Olaf Maikopf | |
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