Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Linken-Kandidat relativiert Holocaust: How dare he?
> Ein Kandidat der Linken hat am Holocaust-Gedenktag die Klimakrise mit der
> Shoah gleichgesetzt. Die Partei will, dass er seine Kandidatur
> zurückzieht.
Bild: Auf Twitter steht mehr geschrieben: Ein noch verhülltes Wahlplakat der L…
Hamburg taz | Ein 18-jähriger Schüler beschert den Hamburger Linken kurz
vor der Wahl zur Hamburgischen Bürgerschaft einen handfesten Skandal. Tom
Radtke verglich in verschiedenen sozialen Medien die Klimakrise mit der
Shoah. Radtke kandidiert auf Listenplatz 20 – jedenfalls noch. Denn
Dienstagnachmittag gab die Partei bekannt, dass sie Radtke auffordert,
seine Kandidatur zurückzuziehen. Am heutigen Mittwoch will der
Landesvorstand über ein Verfahren bis hin zum Parteiausschluss beraten.
Montagabend veröffentliche Radtke auf mehreren Kanälen einen Post: „Heute
vor 75 Jahren wurde Auschwitz befreit. Der Holocaust war eines der größten
Verbrechen im 2. Weltkrieg“, schrieb er. „Die Nazis gehören auch zu den
größten Klimasünder*innen, da ihr Vernichtungskrieg und ihre Panzer riesige
Mengen an CO2 produziert haben.“ Viele Politiker sagten zwar, so etwas
dürfe sich nicht wiederholen. „Aber was tun sie gegen den Klima-Holocaust,
der in diesem Moment Millionen Menschen und Tiere tötet?“, fragte Radtke.
Greta Thunberg habe recht, wenn sie sage, dass seit Beginn der
Klimaproteste nicht genug getan worden sei, so Radtke weiter: „Wir müssen
die Klimaerwärmung jetzt stoppen, damit sich ein Holocaust nicht
wiederholt.“
Die Posts erschienen bei Twitter, auf Facebook und auf Radtkes Webseite.
Zur Bebilderung verwendete er dabei zudem ein Foto von Klimaaktivistinnen
beim Weltwirtschaftsforum in Davos, aus dem [1][die ugandische Aktivistin
Vanessa Nakate von der Nachrichtenagentur AP herausgeschnitten] worden war.
Radtke ist nicht der erste Klimaaktivist, der den Holocaust relativiert.
Der Mitbegründer von Extinction Rebellion (XR), Roger Hallam, hatte in
einem Interview mit der Wochenzeitung Die Zeit den Holocaust als „fast
normales Ereignis“ bezeichnet, das für ihn „nur ein weiterer Scheiß in der
Menschheitsgeschichte“ sei. Die lokalen Ableger von XR [2][distanzierten
sich von Hallam].
Auch auf Radtkes Äußerungen folgten entsetzte Kommentare in den sozialen
Medien. Mit Blick auf sein junges Alter wurde er dabei auch aufgefordert,
[3][die Tweets zu löschen], sich zu entschuldigen und aus seinem Fehler zu
lernen. Bisher hat sich Radtke von seinen Äußerungen aber nicht
distanziert.
Dienstagmorgen äußerte sich die Hamburger Linke erstmals auf Twitter mit
einer „Klarstellung“: „Holocaust und Klimawandel gleichzusetzen ist absol…
inakzeptabel. Wer das tut, vertritt nicht die Position der Linken“, heißt
es da. Man wolle mit Radtke sprechen und über Konsequenzen beraten. Doch
Ersteres ist nicht geschehen, wie Landesgeschäftsführer Martin Wittmaack
der taz am Dienstagnachmittag sagte: „Wir haben uns größte Mühe gegeben,
ihn zu sprechen. Dass das nicht gelungen ist, liegt nicht an uns.“ Heißt:
Radtke wollte offenbar nicht.
## Zusammenarbeit beendet
Er habe auch nicht gesagt, so Wittmaack, dass die Posts nicht von ihm
stammen. Die Überlegung, dass es sich bei Radtkes Twitterprofil um ein
Fakeprofil handeln könnte, kam in den Kommentaren unter dem Post auf, unter
anderem, weil es sich um die ersten Tweets Radtkes überhaupt handelt. Die
Linke geht aber offenbar davon aus, dass Radtke die Nachrichten selbst
verfasst hat.
„Wir verurteilen die unsägliche Relativierung und Instrumentalisierung des
Holocausts“, [4][teilten die Landessprecher*innen, Olga Fritzsche und David
Stoop, mit]. Die Erinnerung an den Holocaust und der Kampf gegen jegliche
Entschuldigung, Instrumentalisierung oder Relativierung seien
Grundvoraussetzungen linker Politik. „Antifaschismus ist unverzichtbarer
Grundkonsens der Partei Die Linke“, sagten sie. Wer diesen Konsens nicht
mittrage, sei in der Partei falsch.
Nach zahlreichen Kontaktversuchen und nachdem intern ausführlich darüber
beraten worden sei, beendet die Linke nach eigenen Angaben nun die
Zusammenarbeit mit Radtke und fordert ihn auf, seine Kandidatur zur
Bürgerschaft zurückzuziehen.
## Er eckt offenbar nicht das erste Mal an
Auch Fridays for Future Hamburg distanzierte sich auf Twitter schnell von
Radtkes Aussagen. Er vertrete weder die Werte noch die Positionen der
Gruppe, sein Verhalten sei schockierend und nicht zu entschuldigen. „Wer
den Holocaust relativiert, hat bei uns nichts verloren“, sagt Jesko Hennig
von Fridays for Future Hamburg zur taz. Er persönlich kenne Radtke nicht,
aber die Gruppe habe bereits Erfahrung mit ihm.
Denn offenbar ist es nicht das erste Mal, dass Tom Radtke sich so verhält
und damit aneckt. Erst vor wenigen Tagen behauptete er auf Facebook, Greta
Thunberg sei eine Freundin, ebenso wie Luisa Neubauer, mit der er den
Aufbau der Klimabewegung in Hamburg organisiert habe. Neubauer wiederum
schrieb auf Twitter, sie kenne Radtke nicht.
Bei der Hamburger Fridays-for-Future-Gruppe sei er kein Mitglied, auch wenn
er [5][auf seiner Webseite das Logo der Gruppe] verwende, sagt Jesko
Hennig. Er habe sich aber bei Veranstaltungen der Linken als FFF-Mitglied
präsentiert und sich über die demokratischen Strukturen der Gruppe
hinweggesetzt. „Wir haben ihn gebeten, das zu unterlassen und nicht mehr
das Logo zu verwenden“, sagt Hennig. Radtke habe aber jegliche
Kommunikation verweigert.
Auch auf schriftliche Anfrage der taz reagierte Radtke bis zum
Redaktionsschluss nicht. Auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur wiederum
antwortete er unter anderem: „Was habe ich denn Falsches gesagt? Ich bin 18
Jahre alt und aktuell wird Menschen meiner Generation die Zukunft
weggenommen.“ Seine Posts waren noch bis Redaktionsschluss online.
28 Jan 2020
## LINKS
[1] /Vanessa-Nakate-und-das-Foto-der-AP/!5656696
[2] /Reform-von-Extinction-Rebellion/!5648432
[3] https://twitter.com/tomradtkede
[4] https://www.die-linke-hamburg.de/presse/pressemitteilungen/detail/news/anti…
[5] https://tomradtke.de/
## AUTOREN
Marthe Ruddat
## TAGS
Schwerpunkt Fridays For Future
Die Linke Hamburg
Wahl in Hamburg 2025
Holocaust-Gedenktag
Wahl in Hamburg 2025
Schwerpunkt Fridays For Future
Fotografie
Schwerpunkt Fridays For Future
Wahl in Hamburg 2025
Auschwitz-Birkenau
Extinction Rebellion
Extinction Rebellion
## ARTIKEL ZUM THEMA
Tweets über „U-Boot“ Tom Radtke: Grünes Foulspiel gegen Linke
Grüne haben am Tag der Wahl Stimmung gegen Die Linke gemacht – mit der
Behauptung, wer sie wähle, hieve einen Rechtsextremen in Hamburgs
Bürgerschaft.
Der Fall Tom Radtke: Der Junge braucht einen Arzt
Der Hamburger Linken-Kandidat zur Bürgerschaft sorgt mit wirren Tweets zum
„Klima-Holocaust“ für Aufsehen. Seine Partei distanziert sich.
Neuerscheinung zur Holocaust-Forschung: Idylle neben dem Massenmord
Mit dem Nachlass des stellvertretenden Kommandanten Johann Niemann fanden
sich erstmals Fotos aus dem NS-Vernichtungslager Sobibor.
Linken-Politiker will nicht widerrufen: Shitstorm, nächste Runde
Ein Hamburger Linken-Kandidat relativiert den Holocaust, gibt sich in einem
Interview reuig – und nährt online Verschwörungsgläubiges.
Was tun mit linkem Shoah-Relativierer?: Der meint das ernst
Ein 18-jähriger Hamburger Linken-Parlamentskandidat twittert von den Nazis
als „größten Klimasünder*innen“. Nur ein Ausrutscher?
Holocaust-Gedenken: Es braucht mehr als Floskeln
Das Versprechen „Nie wieder“ ist 75 Jahre nach der Befreiung von Auschwitz
brüchig geworden. Menschenrechte sind auch in Europa bedroht.
Reform von Extinction Rebellion: Neustart der Klimarebellen
Nach den Holocaust-Aussagen von Mitgründer Hallam: Der deutsche XR-Ableger
will seine Strukturen kritisch hinterfragen.
Antisemitismusvorwurf gegen XR-Gründer: Auch Ökos können Juden hassen
XR-Gründer Roger Hallam hat den Holocaust relativiert. Für viele scheint
überraschend, dass auch Nicht-Rechte Antisemiten sein können.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.