# taz.de -- Tweets über „U-Boot“ Tom Radtke: Grünes Foulspiel gegen Linke | |
> Grüne haben am Tag der Wahl Stimmung gegen Die Linke gemacht – mit der | |
> Behauptung, wer sie wähle, hieve einen Rechtsextremen in Hamburgs | |
> Bürgerschaft. | |
Bild: Schwer zu sagen, ob Tom Radtke als U-Boot gestartet ist – oder erst all… | |
Hamburg taz | Mehrere Grüne haben am Wahlsonntag in Hamburg versucht, | |
Linke-Wähler*innen zu beeinflussen, indem sie Falschinformationen über die | |
Chancen des [1][Linken-Kandidaten Tom Radtke] verbreitet haben. | |
Den Anfang hatte Jörn Pohl gemacht, Berliner Büroleiter des | |
Grünen-Bundestagsabgeordneten Konstantin von Notz aus Mölln. Von seinem | |
privaten Konto @JoernPL hatte er getwittert: „der #Identitäten ist es also | |
gelungen, einen Kandidaten auf eine Liste der #Linken für | |
HH-Bürgerschaftswahl zu hieven. Wahrscheinlich haben sie, wenn Linke nicht | |
an 5%-Hürde scheitert, damit heute Abend einen Abgeordneten in einem | |
Parlament“. | |
Mit „#Identitäten“ meint Pohl die [2][rechtsradikale Identitäre Bewegung] | |
(IB). Eingebettet hatte er einen Tweet von Tom Radtke, in dem dieser auf | |
einem Foto mit einer Flagge mit dem Zeichen der IB in der Hamburger | |
Ernst-Thälmann-Gedenkstätte posiert und dazu schreibt, er habe sich „mit | |
einigen Genossen der IB Hamburg“ über „unseren großen Hamburger | |
Arbeiterführer“ informiert. | |
Der 18-jährige Radtke war vor einigen Wochen damit aufgefallen, dass er | |
über sein gerade erst eingerichtetes Twitterkonto den Klimawandel mit dem | |
Holocaust verglichen hatte. Die Linke hatte daraufhin das [3][Gespräch mit | |
Radtke gesucht] und, als er sich dem verweigerte, umgehend ein | |
Parteiausschlussverfahren eingeleitet. Die Fraktionsspitze hatte erklärt, | |
dass Radtke in dem unwahrscheinlichen Fall, dass er in die Bürgerschaft | |
einzöge, nicht Teil der Linken-Fraktion würde. | |
## Kaum reale Chancen für Radtke | |
Radtkes Aussichten waren in der Tat bescheiden: Auf Listenplatz 20 wäre er | |
erst bei rund 17 Prozent der Stimmen für die Linke über die Liste in die | |
Bürgerschaft gekommen. Geholt hat Die Linke schließlich 9,1 Prozent. Um auf | |
der Liste so weit nach vorn zu rutschen, dass es für ihn dennoch reicht, | |
hätte Radtke massiv Personenstimmen auf sich vereinigen müssen. Pohl | |
erweckt in weiteren Tweets dennoch den Eindruck, das sei wahrscheinlich. | |
Noch einen Schritt weiter geht der nordrhein-westfälische | |
Grünen-Landesvorsitzende Felix Banaszak, der twittert: „Liebe | |
Hamburger*innen, vielleicht gibt es bei euch manche, die überlegen, heute | |
DIE LINKE zu wählen. Bitte tut das nicht! Auf Platz 20 der Landesliste | |
steht Tom Radtke, der ein U-Boot der rechtsextremen Identitären Bewegung | |
ist“. Und der Grünen-Bundestagsabgeordnete Sven-Christian Kindler | |
sekundiert: „Krass, ist das übel, dass die Linke #Hamburg ein | |
rechtsextremes U-Boot der Identitären auf ihrer Liste hat.“ | |
Als gezielte Falschinformation muss man den Tweet von Charlotte Obermeier | |
werten: „Es ist bitter, dass wer heute in Hamburg die Linke wählen will, | |
einen Rechtsextremen ins Parlament wählen würde. Tragisch für die Linke, | |
die sich durch diesen Kandidaten unwählbar macht.“ Obermeier ist | |
Social-Media-Koordinatorin der Grünen-Bundestagsfraktion, weiß also, was | |
sie tut. Als sie dafür kritisiert wird, schließt sie ihre letzte Antwort | |
mit: „Ich bin jetzt auf dem Weg nach Yad Vashem & kann euch nicht allen | |
antworten.“ | |
## Schaden schwer einzuschätzen | |
Die Linken-Spitzenkandidatin Cansu Özdemir nannte das grüne Manöver am | |
Wahlabend „total unfair“, ob es der Linken tatsächlich geschadet habe, sei | |
aber schwer einzuschätzen. | |
Die Hamburger Grünen hatten sich in der Debatte vornehm zurückgehalten. | |
Aber aus anderen Landesverbänden gab es – zum Teil prominente – | |
Unterstützung für die Last-Minute-Kampagne. Den Tweet von Jörn Pohl haben | |
etwa die schleswig-holsteinische Landtags-Vizepräsidentin [4][Aminata | |
Touré] und die Fraktionschefin im Berliner Abgeordnetenhaus [5][Silke | |
Gebel] retweetet. Banaszak sprangen auf Twitter Mitarbeiter von | |
Bundespartei und Europa-Fraktion sowie Kommunalpolitiker und der | |
Kreisverband Braunschweig bei. Obermeiers Falschbehauptung verbreitete die | |
frühere schleswig-holsteinische Landesvorsitzende Ruth Kastner weiter. | |
24 Feb 2020 | |
## LINKS | |
[1] /Linken-Kandidat-relativiert-Holocaust/!5657158 | |
[2] /Identitaere-Bewegung-raeumt-Hausprojekt/!5649803 | |
[3] /Der-Fall-Tom-Radtke/!5657813 | |
[4] /Gruene-Aminata-Toure-ueber-junge-Politik/!5603371 | |
[5] /Mehr-Geld-fuer-Stadtgruen/!5643956 | |
## AUTOREN | |
Jan Kahlcke | |
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