# taz.de -- Neue Anschlagsszenarien für Berlin: SEK probt Einsatz bei Konzerten | |
> Die Berliner Sicherheitskräfte stellen sich auf neue Bedrohungslagen ein. | |
> Nächste Großübung von Polizei und Feuerwehr im März auf dem Alex. | |
Bild: Antiterrorübung im Boulevard Berlin im vergangenen März | |
Im Kampf gegen mögliche terroristische Anschläge stellt sich Berlin auf | |
neue Szenarien ein. „Wir haben auch Veranstaltungen wie Konzerte im Blick, | |
wo es darum geht, möglichst schnell Verletzte zu bergen“, sagte | |
Innensenator Andreas Geisel (SPD) der taz am Rande der Fraktionsklausur in | |
Nürnberg. | |
Bereits am 19. Dezember hatte Geisel am dritten Fachsymposium der | |
Senatsinnenverwaltung und der Hochschule für Wirtschaft und Recht (HWR) in | |
Lichtenberg teilgenommen. Mit dabei war auch Lieutenant Branden Clarkson | |
gewesen, der Videomaterial über den Massenmord in Las Vegas gezeigt hatte. | |
Dort hatte 2017 ein Schütze aus dem 32. Stock eines Hochhauses 58 | |
Besucherinnen und Besucher eines Konzerts getötet. Schon da sagte Geisel, | |
dass die Anschlagsszenarien für Berlin nicht mehr von einem „großen Knall“ | |
ausgingen. Vielmehr müsse man mit „Anschlägen mit kleinen Mitteln rechnen�… | |
Gegenüber der taz konkretisierte Geisel nun diese Aussage. „Wir arbeiten | |
gerade an Szenarien, die eher am Bataclan in Paris orientiert sind.“ In dem | |
Veranstaltungsort für Livemusik hatten Dschihadisten 2015 während des | |
Auftritts der Band Eagles of Death Metal 89 Menschen getötet. Zu dem | |
Anschlag hatte sich der sogenannte Islamische Staat (IS) bekannt. | |
„Das Problem beim Anschlag in Paris war, dass die Rettungskräfte erst | |
reingegangen sind, als die Geiselnehmer tot waren“, so Geisel. Dabei sei | |
viel Zeit verstrichen. „Viele Opfer sind verblutet, weil sie nicht | |
rechtzeitig geborgen werden konnten.“ | |
Mit einer neuen Antiterrorstrategie will der Innensenator verhindern, dass | |
sich so etwas auch in Berlin wiederholen könnte. „Wir arbeiten an einem | |
Einsatz, bei dem das SEK geschlossen reingeht, und die Feuerwehr im Rücken | |
des SEK die Verletzten birgt“, so Geisel zur taz. Das SEK solle mit | |
entsprechenden Schildern ausgestattet und auch auf Schusswechsel mit | |
Terroristen und Geiselnehmern vorbereitet sein. Die Feuerwehrleute sollen | |
als Freiwillige bei einem solchen Einsatz dabei sein. | |
Eine erste Übung eines solchen Szenarios soll es bereits im März geben. | |
Dann probt die Berliner Polizei auf dem Alexanderplatz zusammen mit | |
Feuerwehr und Rettungskräften einen Großeinsatz. | |
Der innenpolitische Sprecher der Linken, Niklas Schrader, hält eine Übung | |
auch neuer Szenarien für nachvollziehbar. „Wir sind zwar noch nicht über | |
die neue Taktik informiert“, sagte Schrader der taz. „Aber es ist klar, | |
dass die Polizei bei einem solchen Szenario schnell rein muss. Und | |
natürlich muss man sich Gedanken machen, wie man Menschenleben rettet.“ | |
Allerdings betonte der Linken-Politiker, dass es viele Möglichkeiten gebe, | |
weiche Ziele anzugreifen. „Man kann sich nicht auf alles vorbereiten“, so | |
Schrader. In einem Punkt will der innenpolitische Sprecher der Linken dem | |
Innensenator aber nicht folgen. In Nürnberg hatte Geisel auch gesagt, am | |
besten sei eine gesetzliche Regelung für den finalen Rettungsschuss. „Die | |
Diskussion halte ich nicht für nötig“, sagte Schrader dazu. „Wir haben in | |
der Koalition vereinbart, den finalen Rettungsschuss nicht weiter zu | |
verfolgen. Das ist vom Tisch.“ | |
Auch der Grünen-Innenpolitiker Benedikt Lutz hält nichts davon, neue | |
Szenarien mit der erneuten Forderung nach einem finalen Rettungsschuss zu | |
kombinieren. Darüber hinaus warnt er vor einer öffentlichen Debatte um | |
Szenarien. „Wir sollten die Menschen nicht unnötig beunruhigen.“ Die Übung | |
am Alexanderplatz im März ist die zweite Großübung gegen einen vermeintlich | |
terroristischen Angriff innerhalb eines Jahres. Bei einer ersten Übung im | |
März vergangenen Jahres hatten mehrere Hundert Einsatzkräfte an einem | |
Antiterroreinsatz im Boulevard Berlin in Steglitz teilgenommen. Damals war | |
simuliert worden, dass ein Lkw vor dem Einkaufszentrum in eine | |
Menschenmenge fährt. Die beteiligten Beamten waren zuvor nicht informiert | |
worden, dass es sich um eine Übung handelt. Der Einsatz war ein Jahr lang | |
vorbereitet worden. | |
Allein von der Polizei hätten rund 550 Einsatzkräfte an der Übung | |
teilgenommen, sagte damals Polizeipräsidentin Barbara Slowik. Damit handele | |
es sich um die „größte und komplexeste Übung, die die Polizei je | |
durchgeführt hat“. Slowik versicherte, dass es zum Zeitpunkt der Übung | |
keine „konkreten Anhaltspunkte für einen terroristischen Anschlag“ gegeben | |
habe. Der Anschlag am Breitscheidplatz sei aber Anlass gewesen, „unsere | |
Konzepte zu überarbeiten“, so die Polizeipräsidentin. Die letzte derartige | |
Übung hatte im Juni 2015 stattgefunden. | |
29 Jan 2020 | |
## AUTOREN | |
Uwe Rada | |
## TAGS | |
Polizei Berlin | |
Andreas Geisel | |
Anti-Terror-Einsatz | |
Anschlag | |
Sicherheitsmaßnahmen | |
Polizei Berlin | |
Schwerpunkt Rot-Rot-Grün in Berlin | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Mann vor Tempodrom erschossen: Täter auf der Flucht | |
Während im Tempodrom eine Comedyshow läuft, fallen vor der Halle Schüsse. | |
Ein Mann stirbt, vier weitere werden verletzt. | |
Schutz vor Anschlägen in Berlin: Sicherheit per Gesetz | |
Der Innensenator will Vorgaben machen, wie Veranstaltungen im öffentlichen | |
Raum vor Anschlägen geschützt werden müssen. | |
Polizeigesetz Berlin: ASOG auf der Zielgeraden | |
Innenpolitiker von Rot-Rot-Grün einigen sich auf Reform des Berliner | |
Polizeigesetzes: Abhörmöglichkeiten ausgeweitet, Racial Profiling | |
eingeschränkt. | |
Linker Innenpolitiker über Rot-Rot-Grün: „Der Innensenator lässt sich trei… | |
Die SPD bremst bei Bürgerrechten, weil Linke und Grüne nicht mehr Kameras | |
wollen. Beim Thema innere Sicherheit knirscht es, weiß Niklas Schrader. |