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# taz.de -- Coronavirus in China: Pekings Führung unter Druck
> Die Zahl der Corona-Infizierten in China steigt weiter auf rund 6.000.
> Für Präsident Xi Jinping entwickelt sich das Virus immer mehr zur
> Machtprobe.
Bild: 60 Tonnen medizinisches Material im Gepäck: Ein Flugzeug landet am Mittw…
Peking taz | Wer in Peking dieser Tage einen Café Latte bestellen möchte,
muss sich zunächst nicht nur von der Bedienung seine Körpertemperatur
scannen lassen, sondern auch eine Maske im Gesicht tragen. Andernfalls wird
Kunden der Eintritt in die Starbucks-Filialen in der chinesischen
Hauptstadt mittlerweile verwehrt.
Die US-amerikanische Kaffeehauskette hilft derzeit aktiv dabei mit, „den
Teufel zu erlegen“. Jene apokalyptische Metapher über den Coronavirus
wählte Präsident Xi Jinping am Dienstag im chinesischen Staatsfernsehen. So
ernst die Lage auch sei, man werde letzten Endes gewinnen.
Auf dem Weg zum Sieg wird die chinesische Bevölkerung jedoch noch weitere
Opfer erbringen müssen: Erneut ist die Anzahl der Toten, Infizierten und
Verdachtsfälle deutlich angestiegen. Doch es gibt einen Hoffnungsschimmer:
Erstmals ist die Anzahl an Infizierten nicht mehr ganz so schnell gestiegen
wie noch die Tage zuvor.
Zhong Nanshan, einer der Mediziner, die im Auftrag der Regierung [1][die
tödlichen Erreger eindämmen sollen], gibt über die staatliche
Nachrichtenagentur Xinhua eine eher optimistische Prognose ab: In „einer
Woche oder zehn Tagen“ werde die Epidemie seinen Zenit erreichen und sich
danach allmählich abschwächen.
## Katz-und-Maus-Spiel mit Zensoren
Hoffentlich behält er recht. Ein Forscher, der Mitte Januar von der Partei
ins zentralchinesische Wuhan entsandt wurde und im Staatsfernsehen
verkündete, der Virus sei unter Kontrolle, hat sich in der Zwischenzeit
selbst damit angesteckt.
In den sozialen Medien ist das Misstrauen gegenüber der „offiziellen
Botschaft“ groß. Dort mischt sich unter die anfängliche Beunruhigung
zunehmend Frust gegenüber den Behörden. Unter den Livestreams der täglichen
Pressekonferenz der Gesundheitskommission etwa halten die Nutzer nicht mit
ihrer Kritik zurück.
Einer schreibt über die als vage empfundenen Aussagen der Funktionäre: „So
einen Mist muss ich mir echt nicht anschauen!“ Ein anderer postet: „Unser
Leben scheint nicht mehr Wert zu haben als das eines Insekts. Leute, bitte
wacht endlich auf!“ Wenig später werden solche Kommentare gelöscht – ein
Katz-und-Maus-Spiel mit den Zensoren über die Kontrolle der öffentlichen
Meinung.
[2][Sollte die Quarantäne chinesischer Metropolen wie Wuhan] weiter
anhalten, könnte sich der Unmut auch bald gegen die politische Führung in
Peking richten. Niemand wird sich der Gefahr bewusster sein als Präsident
Xi Jinping selbst. Der auf Stabilität pochende starke Führer Chinas
instruiert in solchen Fällen seine Behörden, „die Anleitung zur
öffentlichen Meinung zu stärken“.
## Grenzen der Transparenz
Übersetzt bedeutet dieser Sprech der Kommunistischen Partei, die Zensur zu
erhöhen. Wer sich unter Kollegen bei chinesischen Tageszeitungen umhört,
bekommt bestätigt, dass die Zügel der behördlichen Überwachung nun wieder
etwas angezogen wurden. Bei all der geforderten Transparenz, die die
Staatsführung im Umgang mit der Bekämpfung des Virus selbst fordert,
besteht kein Zweifel daran, dass die Partei [3][die Grenzen der Transparenz
selbst bestimmt.]
Für Xi Jinping wird der Virusausbruch nun zur Probe. Schließlich inszeniert
er sich als volksnahe Vaterfigur, die sich um die Sorgen der Bevölkerung
kümmert. Nun steht „Onkel Xi“ unter Druck, ob er die Krise tatsächlich im
Griff hat. Im Gegensatz zu den Aufständen in Hongkong oder dem
Erdrutschsieg der Peking-kritischen Präsidentin Tsai Ing Wen in Taiwan kann
er nicht „die CIA“ oder „ausländische Kräfte“ für die Krise verantwo…
machen.
Der 66-Jährige hat wie kein zweiter Herrscher seit Mao Tse-tung den
Führerkult um sich ausgebaut, die Macht innerhalb der Partei zentriert und
mehrere hundert, teils alteingesessene Parteikader während seiner
Antikorruptionskampagne geschasst. Jeder Erfolg sowie jede Niederlage in
einem solch hierarchischen System wird unweigerlich auf die Person an
dessen Spitze zurückgeführt. Gleichzeitig haben die Untergebenen in einem
solchem Pyramidensystem zunehmend Angst, schlechte Nachrichten nach oben zu
melden.
Wie zum Beweis trat Anfang der Woche der Bürgermeister von Wuhan – dem
Epizentrum des Virusausbruchs – vor die Medien. Im bisher größten Anflug
von Selbstkritik sagte Zhou Xianwang, das Krisenmanagement der Stadt sei
„nicht gut genug“ gewesen. Und fügte an, er habe die Öffentlichkeit erst
Wochen später nach dem ersten Virus-Fall informieren können, weil die
„Regelungen der Regierung“ dies so vorsehen. Anscheinend, so Botschaft
zwischen den Zeilen, brauchte er für die Bekanntmachung über den Virus erst
die Erlaubnis von ganz oben.
29 Jan 2020
## LINKS
[1] /Massnahmen-gegen-Coronavirus/!5660666
[2] /Folgen-des-Coronavirus-in-China/!5656573
[3] /Chinas-Umgang-mit-dem-Coronavirus/!5655864
## AUTOREN
Fabian Kretschmer
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