# taz.de -- Konflikt um Katalonien: Abgeordnetenstatus weg | |
> Spaniens Oberster Gerichtshof bestätigt das Urteil gegen den | |
> katalanischen Regierungschef Quim Torra. Der aber weigert sich zu gehen. | |
Bild: Will sich dem Urteil nicht beugen: Quim Torras | |
MADRID taz | Die Kammer für verwaltungsrechtliche Einsprüche am Obersten | |
Gerichtshof Spaniens bestätigte am Freitagmittag den Entzug des | |
Abgeordnetenstatus von [1][Quim Torra]. Die Richter in Madrid lehnten damit | |
einen Antrag des katalanischen Regierungschefs ab, eine entsprechende | |
Anordnung der Obersten Wahlbehörde (JEC) auszusetzen. | |
Die JEC hatte am vergangenen Samstag nach einem Eilantrag der konservativen | |
Partido Popular (PP) angeordnet, ein erstinstanzliches Urteil zur | |
Amtsenthebung Torras sofort umzusetzen, ohne auf die zweite und letzte | |
Instanz zu warten. Die Frage ist, ob Torra, auch wenn er nicht mehr | |
Abgeordneter ist, der katalanischen Regierung weiter vorstehen kann. | |
Hintergrund des Rechtsstreites ist eine Verurteilung Torras wegen | |
„Ungehorsams“ im vergangenen Dezember. Das Höchste Katalanische Gericht | |
entzog ihm damals für 18 Monate das Recht, öffentliche Ämter auszuüben. Er | |
habe während des Wahlkampfes im vergangenen April einer Anordnung der | |
Wahlbehörde nicht Folge geleistet. | |
Diese verlangte, dass Torra ein Transparenz an seinem Amtssitz entfernen | |
lassen sollte, das die Solidarität mit den inzwischen zu hohen Haftstrafen | |
verurteilten Unabhängigkeitspolitikern und -aktivisten zum Ausdruck | |
brachte. Torra habe damit gegen die Neutralität verstoßen, zu der | |
öffentliche Einrichtungen im Wahlkampf verpflichtet seien. | |
## Widerspruch eingelegt | |
Torra legte damals gegen die Anordnung der JEC Widerspruch ein und | |
erklärte, dass er nur richterlichen Anweisungen Folge leisten würde. Als | |
diese schließlich kam, ließ er das fragliche Transparente durch ein neues | |
ersetzen. „Meinungs- und Redefreiheit – Artikel 19 der | |
Menschenrechtserklärung“, stand darauf. | |
Der Eilantrag der PP und die Entscheidung der JEC fielen mitten in die | |
Parlamentsdebatte, bei der der Sozialist Pedro Sánchez erneut zum | |
Ministerpräsidenten gewählt wurde. Sánchez war dabei auf die Abgeordneten | |
der Republikanischen Linken Kataloniens (ERC), die in Torras | |
Koalitionsregierung sitzt, angewiesen. | |
Stimmen aus der spanischen Linken und aus Katalonien warfen der PP und der | |
JEC vor, den Regierungsbildungsprozess torpedieren zu wollen. Torra sprach | |
gar von einem „Staatsstreich“ und ließ sich vom katalanischen Parlament im | |
Amt bestätigen. | |
Auch jetzt will Torra nicht gehen. „Ich bin ein Abgeordneter und Präsident | |
Kataloniens“, erklärte er. „Das Parlament ist der Vertreter der | |
Souveränität des katalanischen Volkes und damit die einzige Institution, | |
die entscheiden kann, wer den Status eines Abgeordneten verliert“, fügte er | |
hinzu. | |
## Vorläufiger Höhepunkt | |
Parlamentspräsident Roger Torrent unterstützt ihn dabei. Er erklärte, dass | |
die Geschäftsordnung der katalanischen Volksvertretung keine „nachträgliche | |
Unwählbarkeit“ vorsehe, wie dies die JEC verlange. | |
Der Fall Torra ist der vorläufige Höhepunkt einer Reihe von Beschlüssen des | |
Obersten Gerichtshofs Spaniens gegen [2][die Verfechter der katalanischen | |
Unabhängigkeit]. Am Donnerstag hatten die Richter dem inhaftierten, | |
ehemaligen katalanischen Vizeregierungschef Oriol Junqueras das Recht | |
verweigert, am Montag seinen Sitz im Europaparlament einzunehmen. Und das | |
obwohl der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) die parlamentarische | |
Immunität des Betroffenen bestätigt hatte. | |
Gleichzeitig verlangt die spanische Justiz vom Europaparlament die | |
Aufhebung der Immunität des in Brüssel lebenden ehemaligen katalanischen | |
Regierungschefs Carles Puigdemont und seines Gesundheitsministers Toni | |
Comín. | |
Der europäische Haftbefehl gegen die beiden wegen „Aufruhrs“ im | |
Zusammenhang mit dem durch Madrid verbotenen Unabhängigkeitsreferendums | |
2017 wird aufrechterhalten. Beide werden am Montag dank des Urteils des | |
EuGH zu Junqueras ihren Sitz im Europaparlament einnehmen. | |
In Brüssel stößt das Vorgehen der spanischen Richter auf Unverständnis. | |
„Alle Mitgliedstaaten müssen die Entscheidungen des Gerichtshofs | |
respektieren, sie korrekt auslegen und in der Praxis anwenden“, erklärte | |
der Sprecher der Europäischen Kommission, Stefan de Keersmaecker. | |
11 Jan 2020 | |
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[1] /Neuer-Regierungschef-von-Katalonien/!5506100 | |
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## AUTOREN | |
Reiner Wandler | |
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