| # taz.de -- Grundsatzentscheidung aus Karlsruhe: Teure Ausbildung bleibt Privat… | |
| > Kosten für Studium oder Ausbildung können nicht später von der Steuer | |
| > abgezogen werden. Das Verfassungsgericht widerspricht dem | |
| > Bundesfinanzhof. | |
| Bild: Teurer als jedes Ticket: Piloten können die Kosten für ihre Ausbildung … | |
| Karlsruhe taz | Die Kosten für ein Studium und eine Ausbildung bleiben im | |
| Wesentlichen Privatsache. Das Bundesverfassungsgericht bestätigte [1][in | |
| einem am Freitag veröffentlichten Senatsbeschluss] die geltende | |
| Gesetzeslage. Die Entscheidung war mit Spannung erwartet worden, weil der | |
| Bundesfinanzhof, das höchste deutsche Finanzgericht, in einem | |
| Vorlagebeschluss von 2014 die aktuellen Regeln für verfassungswidrig | |
| gehalten hatte. | |
| Traditionell gelten die Kosten eines ersten Studiums nach dem | |
| Schulabschluss als Privatausgaben, und zwar auch dann, wenn – etwa bei | |
| einem Studium an einer Privat-Uni oder im Ausland – hohe Studiengebühren zu | |
| zahlen sind. Als Privatsache gelten auch die Kosten einer Berufsausbildung. | |
| Relevant ist dies vor allem bei kostenpflichtigen Ausbildungen zum Beispiel | |
| als Pilot, Erzieher oder Dolmetscher. | |
| Der Bundesfinanzhof (BFH) hat allerdings schon mehrfach Versuche | |
| unternommen, das zu kippen. Er hält es für systematisch richtig, dass die | |
| Ausbildungskosten als „Werbungskosten“ von der Steuer abgesetzt werden | |
| können – jedenfalls wenn sie auf einen konkreten Beruf abzielen. Die Kosten | |
| (auch für Bücher und Fahrkarten zur Ausbildungsstätte) könnten dann als | |
| Verlustvortrag festgehalten werden, um sie bis zu sieben Jahre später | |
| steuermindernd mit dem ersten Gehalt zu verrechnen. | |
| Ein erstes entsprechendes Urteil des BFH von 2003 hat der rot-grüne | |
| Gesetzgeber allerdings 2004 ausgehebelt. 2011 versuchte es der BFH erneut, | |
| die Entscheidung des Gesetzgebers sei nicht deutlich genug gewesen. Damals | |
| regierten CDU/CSU und FDP, die das BFH-Urteil [2][zunächst freundlich | |
| kommentierten]. Dann aber [3][setzte sich Finanzminister Wolfgang Schäuble | |
| (CDU)] durch und der Bundestag entschied Ende 2011 erneut: | |
| Erstausbildungskosten sind Privatsache. | |
| Schäuble hatte vor 1,5 Milliarden Euro Steuerausfällen pro Jahr gewarnt. | |
| Sozialpolitiker hatten zudem argumentiert, dass Verlustvorträge vor allem | |
| [4][den Kindern reicher Eltern nutzen]. Wer im Studium jobben muss, hat | |
| eigene Einnahmen und kann keine Verluste für später ansammeln. Es wurde nur | |
| die Möglichkeit des Abzugs als Sonderausgaben von 4.000 Euro auf 6.000 Euro | |
| jährlich erhöht. Das bringt Studenten aber in der Regel nichts, weil | |
| Sonderausgaben nur im laufenden Jahr geltend gemacht werden können. | |
| ## Ausbildungskosten bis zu 50.000 Euro | |
| Der Bundesfinanzhof gab aber immer noch nicht auf. Im Jahr 2014 beschloss | |
| er eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht. Es sei verfassungswidrig, | |
| wenn die Ausbildungskosten nicht als Werbungskosten von der (späteren) | |
| Steuer abgezogen werden können. Konkret ging es um drei Piloten, die | |
| Ausbildungskosten bis zu 50.000 Euro hatten. Hinzu kamen drei Studenten der | |
| Betriebswirtschaft. | |
| Doch das Bundesverfassungsgericht wies die Richtervorlage nun zurück. Die | |
| Ausbildungsosten zwischen Schule und Beruf könnten als privat oder als | |
| beruflich eingestuft werden. Der Gesetzgeber könne hier wählen. Wenn er | |
| sich für eine Einstufung als Privatsache entscheide, sei das nicht | |
| willkürlich, so die Verfassungsrichter. Schließlich sei ein Studium auch | |
| für die Persönlichkeitsentwicklung wichtig. Viele Studienabschlüsse seien | |
| auch nicht auf einen bestimmten Beruf festgelegt, sondern öffneten eine | |
| Vielzahl von beruflichen Möglichkeiten, etwa bei Betriebswirten oder | |
| Juristen. Dies gelte zwar nicht für die Pilotenausbildung, doch deren | |
| Absolventen seien so wenige, dass sie vernachlässigt werden durften. | |
| Damit ist der langjährige Rechtsstreit bis auf Weiteres wohl geklärt. | |
| (Az.: 2 BvL 22/14) | |
| 10 Jan 2020 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/20… | |
| [2] /Ausbildung-steuerlich-absetzbar/!5113908 | |
| [3] /Finanzhofurteil-zu-Ausbildungskosten/!5113687 | |
| [4] /Kommentar-Studienkosten/!5108894 | |
| ## AUTOREN | |
| Christian Rath | |
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