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# taz.de -- Meghan und Harry verkünden Rückzug: Royal Class Heroes
> Meghan Markle und ihr Ehemann Prinz Harry wollen Teile ihre royalen
> Verpflichtungen aufgeben. Die Entscheidung hat ein empowerndes Moment.
Bild: In Zukunft kann die Queen wohl deutlich seltener mit Harry und Meghan auf…
Der Brexit ist noch nicht vollzogen, schon wird in Großbritannien über
einen weiteren Austritt diskutiert. Am Mittwochabend gaben Prinz Harry und
Herzogin Meghan [1][bei Instagram bekannt], sich weitgehend von ihren
royalen Verpflichtungen zurückzuziehen. Sie begründeten ihre Entscheidung
damit, „finanziell unabhängig werden“ und ihre Zeit zwischen Nordamerika
und dem Vereinten Königreich aufteilen zu wollen. Sie würden die Queen und
ihre Familie weiterhin unterstützen, doch es ginge ihnen darum, „eine
progressive neue Rolle für sich innerhalb der Monarchie zu finden“.
Laut BBC sei der Palast „enttäuscht“, die Mitglieder des Königshauses sei…
„entsetzt“, ihre Entscheidung sollen sie weder mit der Queen noch mit dem
Prinz von Wales abgesprochen haben. Dabei ist der Rückzug des Paares nicht
überraschend, haben die beiden doch schon mit vielen Prämissen des
britischen Königshauses gebrochen. So haben sie sich erstens immer wieder
gegen den Leitspruch „Never complain, never explain“ („Beschwere Dich
nicht, erkläre dich nicht“) gestellt. Zweitens ist ihr Rückzug vollkommen
nachvollziehbar, bedenkt man, wie die [2][Boulevardpresse mit Meghan Markle
umgegangen ist] – und wie wenig Rückhalt sie aus der royalen Familie
bekommen hat. Die Ankündigung des Paares kann also nur als empowerndes
Moment verstanden werden.
Um die Schwierigkeiten mit ihrer öffentlichen Rolle geht es auch in der
Dokumentation „Harry und Meghan – eine afrikanische Reise“. Der TV-Report…
Tom Bradby begleitete die beiden mit ihrem Kind Archie von Ende September
bis Anfang Oktober des letzten Jahres bei ihrer zehntägigen Tour durch
verschiedene afrikanische Länder. Die Offenheit der beiden wurde von
einigen als „respektlos“ bezeichnet, von wiederum anderen als
„emanzipatorisch“.
Insbesondere zielen Harry und Meghan bei ihrer Kritik auf den Umgang der
britischen Boulevardpresse mit ihnen ab. Diese berichteten zuletzt, das
Paar würde zu sehr auf ihre Privatsphäre pochen, als sie über Weihnachten
und Silvester sechs Wochen Auszeit genommen hatten und mit ihrem Sohn nach
Kanada gereist waren.
## Keine einfache Beziehung
Die Beziehung zwischen Boulevardmedien und den Royals ist kompliziert.
Einerseits brauchen sie die Aufmerksamkeit in den Medien, doch gleichzeitig
überschreiten Journalist*innen immer mehr Grenzen.
Das zeigt sich besonders im skrupellosen Umgang mit Meghan Markle. So kam
es immer wieder zu rassistischen Äußerungen in der Berichterstattung über
sie. So beschrieb die Daily Mail sie als Frau mit [3][“exotischer DNA“]
oder als [4][“(almost) straight outta Compton“] . Danny Baker verlor seinen
Job beim BBC Radio 5, nachdem er bei Twitter [5][ein Bild es Schimpansen
gepostet hatte] mit der Bildunterschrift: „Das royale Baby verlässt das
Krankenhaus“.
[6][In einem offenen Brief] verurteilten 72 britische Parlamentarierinnen
den medialen Umgang mit der Herzogin und warfen der Presse „veraltete“ und
„koloniale Untertöne“ in ihrer Berichterstattung vor. Doch verändert hat
sich seitdem nicht wirklich etwas. Noch immer war Markle der Presse zu
amerikanisch, zu multikulti, zu modern, zu verschwenderisch, zu wenig
royal.
Das Paar wollte nicht wehrlos zugucken. [7][Im Oktober 2019 verklagte
Meghan Markle die Mail on Sunday], weil das Boulevardblatt ohne ihre
Erlaubnis einen handschriftlichen Brief an ihren Vater abgedruckt hatte.
Kurz darauf reichte Prinz Harry Klage gegen die Sun und den Daily Mirror
ein wegen angeblichen Anzapfens der Mailbox seines Handys. Ob es zum
Prozess kommt, ist in beiden Fällen noch nicht klar.
Doch Prinz Harry verbindet mit der Klage ein großes Anliegen. „Meine größte
Angst ist, dass die Geschichte sich wiederholt“, erklärte der Herzog. „Ich
habe meine Mutter verloren und sehe jetzt, wie meine Frau Opfer der
gleichen mächtigen Kräfte wird.“ Obwohl das Paar in ihrem Statement auf
Instagram nicht darauf eingeht, ist wohl auch diese Angst ein Beweggrund
für ihren Rückzug von den royalen Verpflichtungen und den Wegzug nach
Nordamerika.
## Royale Turbulenzen
Wer kann es ihnen verübeln, mögen da wohl viele berechtigterweise denken.
Doch die Kritik an der neusten Ankündigung von Harry und Meghan ist groß.
Bei Twitter und Instagram fiel die Beurteilung zwiegespalten aus, neben
Verständnis gab es auch beleidigende und enttäuschte Äußerungen, die sich
besonders gegen Meghan Markle richten. Die Royal-Expertin Penny Junor
findet das Vorhaben „außergewöhnlich und nicht durchdacht“. Der Journalist
Piers Morgan geht noch weiter und kritisiert die „schändliche Art, die
Queen zu behandeln“, und fügte hinzu: „Schande über Harry & Meghan.“
Zugegebenermaßen ist es für die Royals gerade keine einfache Zeit. Erst
wenige Wochen ist der [8][Skandal um Prinz Andrew], einem der Söhne von
Queen Elizabeth II., alt. Diesem wurde nicht nur eine Freundschaft mit dem
verurteilten Sexualstraftäter Jeffrey Epstein nachgesagt, er wurde auch der
mehrfachen Vergewaltigung beschuldigt. Virgina Giuffre sagte öffentlich
aus, sie sei eine von Epsteins Sexsklavinnen gewesen und dreimal zum Sex
mit dem Royal gezwungen worden, zweimal davon als Minderjährige im Jahr
2001.
Prinz Andrew stritt alle Vorwürfe ab und redete sich – besser kann man es
nicht ausdrücken – in einem BBC-Interview um Kopf und Kragen. Nachdem sich
daraufhin verschiedene Firmen und Einrichtungen von ihm distanzierten, bat
er im November 2019 die Queen darum, ihn bis auf Weiteres von seinen
öffentlichen Aufgaben zu entbinden. Diesem Wunsch kam die Queen noch am
gleichen Tag nach.
Aus diesem Grund wollen wohl nun BBC und ITV die angekündigte Hochzeit
seiner Tochter Prinzessin Beatrice und ihrem Verlobten Edoardo Mapelli
nicht im Fernsehen ausstrahlen. Es wäre mal wieder eine positive Nachricht
aus dem Königshaus gewesen.
## Fortschrittliche Rolle in der Monarchie
Meghans und Harrys freiwilliger Rückzug ist historisch einmalig. Zwar
erinnert er ein wenig an den (politisch sehr schwierigen) König Eduard
VIII., der 1936 abdankte, um die US-Amerikanerin Wallis Simpson zu
heiraten. Da Simpson zweimal geschieden war, konnte der König – der
gleichzeitig auch das Oberhaupt der anglikanischen Kirche ist – sie nicht
heiraten und gleichzeitig seinen Königstitel behalten. Doch so einen
Balanceakt, wie Meghan und Harry ihn nun vollziehen wollen, gab es bisher
noch nicht.
Eine reale Angst um eine Thronfolger*in muss das Königshaus auf jeden Fall
nicht haben, denn Harry nimmt aktuell nur Platz 6 in der Liste der
Anwärter*innen ein. Vor ihm stehen sein 71-jähriger Vater Prinz Charles,
sein Bruder Prinz William und dessen drei Kinder. William, mit dem Harry
zurzeit ein, sagen wir mal angespanntes Verhältnis führt, ist ein
Vorzeigeprinz mit Vorzeigefrau, der die Rolle des Königs gern in Anspruch
nehmen wird. Die Ankündigung von Meghan und Harry hat also eher eine
symbolische als eine reale Auswirkung auf das Königshaus – und stellt
gleichermaßen erneut die Debatte in den Raum, wie zeitgemäß eine Monarchie
im 21. Jahrhundert eigentlich ist.
Erste Veränderungen haben die ehemalige Schauspielerin Meghan („Suits“) und
Harry schon ankündigt, beispielsweise eine neuen Medienumgang. Künftig
wollen sie mehr über Instagram mit den Fans des Königshauses kommunizieren
und ansonsten auf Nachwuchsjournalist*innen und Organisationen setzen, die
mehr über ihre Inhalte der jeweiligen Auftritte als über sie als Personen
berichten. Also weniger Klatsch-, mehr Charityberichterstattung. Denn auch
das steht schon fest: Das Paar will eine neue Charityorganisation gründen,
mit einem Fokus auf Umweltthemen und weibliches Empowerment.
Außerdem wollen sie künftig keine Zuwendungen mehr aus dem Soverein Grant,
mit dem die britischen Steuerzahler einen Teil der Ausgaben der Royals
finanzieren, in Anspruch nehmen und stattdessen mit eigenem Einkommen für
sich selbst sorgen. Woher das kommt oder ob sie wie bisher aus dem
Privatvermögen Prinz Charles mitfinanziert werden, ist offen.
Aber wie könnte ihre fortschrittliche Rolle in der Monarchie aussehen? Ist
das nicht sowieso ein Oxymoron? Wie es genau mit ihnen weitergeht, müssen
Meghan und Harry noch mit der Königsfamilie aushandeln. Der
Buckhingham-Palast kommentierte die Entscheidung bisher nur kurz und knapp,
dass sich diese noch „in einem frühen Stadium“ befinde und dass es eine
„komplizierte Angelegenheit (sei), deren Bearbeitung einige Zeit in
Anspruch nehmen wird“. Vermutlich wird am Ende noch der Brexit schneller
vollzogen werden als dieser königliche (Halb-)Austritt.
9 Jan 2020
## LINKS
[1] https://www.instagram.com/p/B7EaGS_Jpb9/?utm_source=ig_web_copy_link
[2] /Berichterstattung-ueber-Royal-Wedding/!5507280
[3] https://www.dailymail.co.uk/debate/article-3909362/RACHEL-JOHNSON-Sorry-Har…
[4] https://www.dailymail.co.uk/news/article-3896180/Prince-Harry-s-girlfriend-…
[5] https://www.theguardian.com/media/2019/may/09/danny-baker-apologises-for-ch…
[6] https://twitter.com/HollyLynch5/status/1189175248035483648?s=20
[7] /Klage-gegen-The-Sun--Co/!5628874
[8] /Prinz-Andrew-legt-oeffentliche-Aemter-ab/!5640274
## AUTOREN
Carolina Schwarz
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