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# taz.de -- Internetjahr 2019: Lasst uns reden!
> Die Onlinekultur verändert sich – und somit uns. Was sagen die
> Entwicklungen des vergangenen Jahrs über unsere Gesellschaft aus?
Bild: Die Welt in den Händen halten
Instagram: Offen für alles
Depression, Essstörungen, Liebeskummer. Auf Instagram gab es in diesem Jahr
nicht mehr nur Hochglanz-Essensfotos und kuscheligen Pärchenkitsch zu
sehen. Die Fotoplattform, die Facebook gehört, wurde 2019 zu einem Ort, an
dem ernsthafte Konversationen stattfinden. Besonders interessant sind jene
Inhalte, die der New Yorker als [1][„Getting Real“] beschrieb:
Influencerinnen (und Influencer, hauptsächlich sind es aber Frauen)
sprechen persönliche Probleme an und zeigen sich verletzlich. Es sind nicht
nur die großen Dramen und Krisen, sondern auch alltägliche Schwierigkeiten,
die reflektiert werden.
Die einen finden es tröstend, so etwas zu lesen. „Too much information“
kritisieren die anderen, die Konversationen über Themen wie Regelschmerzen,
Vulvenformen oder Körperbehaarung abstoßend finden. Die (zumeist) jungen
Menschen würden sich nur mit ihren ungeschminkten Selfies beschäftigen und
nicht mit den wichtigen Themen unserer Zeit. Dabei ist es durchaus
politisch, über Gefühle zu reden. Über welche Emotionen und Erfahrungen wir
wie sprechen, was wir als schön oder normal oder unangebracht empfinden,
wird von gesellschaftlichen Normen bestimmt. Und dass es in puncto
Offenheit Luft nach oben gibt, wissen wir spätestens seit MeToo.
Podcasts: Nonstop quatschen
Was einst die Kopfbedeckung war, ohne die sich ein Mensch mit Anstand, ganz
unabhängig von Religionsbekenntnis, einst nicht aus dem Haus wagte, ist nun
die Ohrenbedeckung. Genauer gesagt, die Kopfhörer. Wer mit unverstoppelten
Ohren im Bus sitzt, sticht heraus.
Mitverursacht hat diese Entwicklung die Explosion der Podcasts. In
Internetjahren ist das Medium ja eigentlich uralt – seit 2004 gibt es sie –
aber erst in den vergangenen Jahren kamen sie im Mainstream an. Mit Werbung
lässt sich Geld verdienen, der Markt wächst. Mittlerweile fehlen sie in
keiner Digitalstrategie. So wie einst das Radio erzeugen Podcasts ein
Hintergrundrauschen – allerdings auch für unterwegs. Wer alles hören will,
muss also ständig verstoppelt sein.
TikTok: Eltern raus?
Soziale Medien sind großartig darin, Menschen auf der ganzen Welt zu
verbinden. Was sie nicht so gut können: den Generationskonflikt überwinden
– und die Politik draußen lassen. Das zeigte die chinesische App TikTok
dieses Jahr einmal mehr. Die App, auf der Menschen Karaokevideos aufnehmen
und teilen, wurde über eine Milliarde Mal heruntergeladen und erregte
erstmals abseits der Jugendzimmer Aufmerksamkeit. Washington Post und
„Tagesschau“ legten sich Accounts zu, chinesische Dissidentinnen und
Dissidenten nutzten den Kanal, um zu protestieren. Was TikTok zensiert und
wie es die [2][Daten der Nutzerinnen und Nutzer weiterverarbeitet], bleibt
unklar.
## Facebook: So wie im Altenheim
Facebook gleicht mittlerweile einer Seniorenresidenz, und auch Instagram
wird zunehmend zum Mehrgenerationenhaus. TikTok stellt die junge Generation
einmal mehr vor die Grundsatzfrage: Soll man die eifrigen Oldies, die sich
nun unbeholfen auf TikTok tummeln, integrieren? Schließlich wurde uns doch
beigebracht, älteren Menschen über die Straße zu helfen. Oder jagt man sie
mit einem „Ok Boomer“ vom Spielplatz? Schließlich wissen wir schon seit
damals bei der Disco im Jugendzentrum: Sobald Erwachsene dazukommen, ist
die Party vorbei.
31 Dec 2019
## LINKS
[1] https://www.newyorker.com/culture/culture-desk/the-rise-of-the-getting-real…
[2] https://www.zeit.de/2019/51/tiktok-zensur-china-social-media-internet
## AUTOREN
Anna Goldenberg
## TAGS
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