# taz.de -- Organspende im Bundestag: Jeder entscheidet für sich | |
> Bei der Abstimmung im Parlament über die Organspende konkurrieren zwei | |
> Gesetzentwürfe. Der Fraktionszwang ist aufgehoben. | |
Bild: Arzt mit dem anatomischen Modell eines Herzen: Viele Kranke warten jahrel… | |
BERLIN taz | Wenn es um Gewissensfragen geht, wird es im Bundestag | |
spannend. Dann wird der Fraktionszwang aufgehoben, die Abgeordneten können | |
unabhängig von der Parteilinie entscheiden. Dieses Vorgehen ist üblich, | |
wenn es um heikle, ethische Themen geht, etwa 2011 um die | |
Präimplantationsdiagnostik. Oder 2017, als der Bundestag die Ehe für alle | |
beschloss. | |
Auch am Donnerstag steht eine Gewissensfrage auf der Tagesordnung: Wie hält | |
es der Gesetzgeber mit der Organspende? [1][Zwei Gesetzentwürfe | |
konkurrieren miteinander.] Eine Gruppe von Abgeordneten um | |
Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) und den SPD-Gesundheitsexperten Karl | |
Lauterbach wirbt für eine [2][doppelte Widerspruchslösung]. Jeder Bürger | |
soll als möglicher Organspender gelten, der zu Lebzeiten keinen Widerspruch | |
erklärt hat. | |
Die Regelung habe in anderen Ländern die Haltung zur Organspende | |
grundlegend verändert, schrieb Spahn in einem Brief an die Abgeordneten. | |
„Eine Kultur der Organspende hat sich entwickelt.“ Das Ziel ist es, die | |
Zahl der OrganspenderInnen zu erhöhen. | |
Eine zweite Gruppe um [3][Grünen-Chefin Annalena Baerbock] plädiert für | |
eine „informierte Entscheidungslösung“, die auf ausdrückliche Zustimmung | |
setzt. Es gebe in der Bevölkerung eine „wahnsinnig hohe Zustimmung“ zur | |
Organspende, sagte Baerbock am Montag. Über 80 Prozent der Menschen wollten | |
Organspender sein, aber längst nicht alle hätten einen Organspendeausweis. | |
Ihr Vorschlag ziele darauf, Hürden abzusenken. | |
## Namentliche Abstimmung | |
Den BürgerInnen soll über ein Online-Register die Möglichkeit gegeben | |
werden, ihre Entscheidung einfach zu dokumentieren, zu ändern und zu | |
widerrufen. Die Abgabe einer Erklärung zur Organspende soll auch in | |
Ausweisstellen möglich sein. Außerdem steht ein Antrag der AfD-Fraktion zur | |
Debatte. Die Abgeordneten möchten eine unabhängige, öffentlich-rechtliche | |
Institution damit betrauen, Organe zu vermitteln. | |
Die Debatte ist auf zwei Stunden angesetzt. Es sind namentliche | |
Abstimmungen geplant. Man kann also nachvollziehen, welcher und welche | |
Abgeordnete wofür gestimmt hat. Das Prozedere funktioniert laut | |
Bundestagspressestelle wie folgt: Ein Antrag ist angenommen, wenn er eine | |
einfache Mehrheit erhält. Eine absolute Mehrheit, also über die Hälfte der | |
Stimmen, ist nicht nötig. Bekommt ein Antrag eine einfache Mehrheit, | |
entfallen weitere Abstimmungen. Als erstes wird der Antrag Spahn/Lauterbach | |
abgestimmt, dann folgt der Antrag Baerbock, dann jener der AfD-Fraktion. | |
Die Situation ist offen: Die Zahl der bisherigen Unterstützer sei auf | |
beiden Seiten etwa gleich, sagte Spahn dem Tagesspiegel. Rund 200 der 709 | |
Abgeordneten waren laut Berichten unentschlossen. | |
13 Jan 2020 | |
## LINKS | |
[1] https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2020/kw03-de-transplantations… | |
[2] /Kommentar-Organspendegesetzentwurf/!5582070 | |
[3] /Gruenen-Chefs-ueber-Macht/!5651653 | |
## AUTOREN | |
Ulrich Schulte | |
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