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# taz.de -- Diskussion um Böllerei zum Jahresende: Feinstaubalarm zu Silvester
> Das private Feuerwerk zum neuen Jahr steht in der Kritik. Die Deutsche
> Umwelthilfe hat für Verbotszonen mobilisiert – mit einigem Erfolg.
Bild: Feinstaubarmes Hallo fürs neue Jahr: Wunderkerzen statt Feuerwerk am Ost…
Berlin taz | Die lebhafteste, sektreichste und ungesündeste Nacht des
Jahres steht unmittelbar bevor. Rund 4.200 Tonnen Feinstaub knallen die
Menschen in Deutschland an Silvester nach Angaben des Umweltbundesamts in
die Luft. Das sind 2 Prozent der gesamten Feinstaubmenge, die über das
ganze Jahr von Verkehr, Energiewirtschaft und Industrie freigesetzt wird.
Auch sonst ist Silvester nicht ungefährlich: Vor einem Jahr musste die
Berliner Feuerwehr 444 Brände löschen; [1][488 Verletzte behandelten allein
die Augenkliniken in Deutschland], wie die Zeitschrift Der Ophtalmologe
berichtete. Obwohl Zahlen wie diese seit Langem bekannt sind, schien das
Ritual des privaten Feuerwerks in Deutschland unangreifbar. Doch die Lobby
für Silvester ohne Feuerwerk wächst.
Führend ist dabei die Deutsche Umwelthilfe (DUH). „Es gibt so viele Gründe,
die für ein flächendeckendes Verbot privaten Feuerwerks an Silvester
sprechen“, sagt Barbara Metz, stellvertretende Geschäftsführerin der DUH:
Verletzungen, Brände, panische Tiere und nicht zuletzt die
Luftverschmutzung, auf die sich die DUH als Umweltorganisation
konzentriert. „Die Luft ist so voller Schadstoffe, dass Asthmatiker*innen
oder Familien mit Kleinkindern in Innenstädten nicht auf die Straße
können.“
Im Sommer und Herbst beantragte die DUH, [2][in 98 Städten Verbotszonen an
Silvester einzurichten]. All diese Kommunen überschritten im Jahr 2018 den
Grenzwert für Feinstaub von 20 Mikrogramm pro Kubikmeter im Jahresmittel.
Diesen Wert empfiehlt die Weltgesundheitsorganisation, um die
Gesundheitsgefahr zu mindern. Bei der Zündung des Schwarzpulvers entstehen
ähnlich wie bei der Verbrennung von Kraftstoffen viele ultrafeine Partikel,
die kleiner als 2,5 Mikrometer sind. „Feine Partikel sind besonders
schädlich, da sie tief in die Lunge vordringen und sich sogar im Gehirn
einlagern“, sagt Metz.
36 Kommunen äußerten sich positiv zum Vorstoß der DUH, 23 von ihnen haben
bereits Verbotszonen in ihren Innenstädten beschlossen, weitere 13 wollen
im nächsten Jahr nachziehen. Einschränkungen gibt es bereits in Aachen,
Köln sowie Stuttgart [3][und seit diesem Jahr auch in Berlin]. Unter
anderem auf dem Alexanderplatz und am Brandenburger Tor dürfen keine
Feuerwerkskörper mehr gezündet werden. Auch wenn das nur kleine
Einschränkungen sind, zeigt sich die DUH zufrieden. „Feinstaub aus Böllern
und Raketen entwickelt sich lokal und bodennah. Wenn in Innenstädten eine
Verbotszone eingerichtet wird, sind das Orte, an denen alle Menschen wieder
gemeinsam feiern können“, sagt Metz.
## Händler lehnen Verkauf ab
Kritisch sieht die DUH die Brandschutzverordnung, die es Kommunen
erschwert, Verbotszonen auszuweisen. Denn entweder muss dort eine besondere
Gefahrenlage vorliegen – wie durch Angriffe auf Polizei und Einsatzkräfte
in Berlin –, oder die Bebauung muss gefährdet sein. Umweltschutz ist
bisher kein Grund für ein Böllerverbot. Bundesinnenminister Horst
Seehofer (CSU) will diese Einschränkungen streichen, aber erst in zwei
Jahren. „Warum es so lange dauert, diesen einen Satz zu ändern, können wir
nicht nachvollziehen“, so Metz.
Auch Händler zeigen sich zunehmend verantwortlich. Einzelne Filialen von
Rewe und Edeka kündigten an, keine Feuerwerkskörper anzubieten. Ab dem
nächsten Jahr will auch die Baumarktkette Hornbach auf den Verkauf
verzichten. Die Rückmeldungen der Kund*innen seien durchweg positiv,
äußerte sich ein Sprecher.
Dass der Silvesterbrauch vielen suspekt ist, unterstreicht das Ergebnis
einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov: 43 Prozent der
Befragten befürworten ein komplettes Verbot von Feuerwerk an Silvester.
Diese Menschen könnten sich auf Sylt wohlfühlen: Auf der gesamten Insel
sind Knaller zum Schutz der Häuser mit Reetdach verboten – und zwar seit
1980.
31 Dec 2019
## LINKS
[1] https://link.springer.com/article/10.1007/s00347-019-01000-9
[2] /DUH-will-Silvester-ohne-Boeller/!5635843
[3] /Versuchslabor-Berlin-Schoeneberg/!5646811
## AUTOREN
Isabel Röder
## TAGS
Silvester
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Verkehrspolitik
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