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# taz.de -- Deutsch-tansanische Freundschaft: Rosenhochzeit an der Elbe
> Hamburg feiert zehn Jahre Städtepartnerschaft mit dem tansanischen
> Daressalam. Zu Gast ist auch ein Bischof mit heiklen Ansichten zur
> Homosexualität.
Bild: Selbstbewusster Glaubensvertreter: Bischof Alex Malasusa (r.) im August 2…
Hamburg taz | Zehn Jahre, das ist ein Zeitraum, den man schon mal feiert –
eine zehn Jahre währende Freundschaft wohl erst recht. Zehn Jahre
Partnerschaft begehen dieser Tage Hamburg und das tansanische Daressalam:
Wäre diese Städtepartnerschaft eine Ehe, könnten die beiden Hafenorte jetzt
die „Rosenhochzeit“ feiern.
Was eine Ehe ist und was keine, wie Liebe aussehen darf und wo die Toleranz
dem Zeitgeist gegenüber zu weit geht: Das sind einige der Zutaten, wenn
jetzt in Hamburg die Zehn-Jahres-Feierlichkeiten anstehen. Denn unter den
Anreisenden ist auch Alex Malasusa, ein prominenter Vertreter der
tansanischen Lutheranischen Kirche (ELCT) – und deren Meinung zu
[1][eingetragener Lebenspartnerschaft oder Homo-Ehe] unterscheidet sich
ganz erheblich von denen der Glaubensgeschwister in Westeuropa oder
Nordamerika.
Lange bevor sich die Rathäuser der beiden Städte verpartnerten, hatten das
nämlich bereits die Kirchen getan: Seit dem Jahr 1971, so die evangelische
Nordkirche in einer [2][Pressemitteilung vom Mittwoch], habe man
„historisch gewachsene Beziehungen“ zur [3][ELCT]. Im Kern ist das eine
Umschreibung ist für die [4][Mission unter den Bedingungen des
Kolonialismus]: Nicht von Norddeutschland aus, aber aus dem Wilhelminischen
Berlin kamen jene Lutheraner, die 1887 einen Vorposten in Daressalam
errichteten, damals Teil von Deutsch-Ostafrika. Und aus Sicht der ELCT
selbst waren jene missionarischen Bestrebungen ihr „Saatkorn“. Mit bis zu
6,5 Millionen Gläubigen – die Angaben schwanken – ist Tansanias
Lutheranische Kirche nach der in Äthiopien heute die zweitgrößte weltweit.
Was helfen könnte, das Selbstbewusstsein zu erklären, mit dem die ELCT beim
konfliktträchtigen Thema Homosexualität auftritt. Nicht nur, dass ihre
Bischöfe – ebenfalls vor ziemlich genau zehn Jahren – in einer Erklärung
der andernorts wahrgenommenen vermeintlichen Aufweichung von Gottes Wort
[5][eine klare Absage erteilten]. Malasusa, Bischof der Diözese Daressalam
und ehemals Kopf der ELCT insgesamt, [6][erklärte noch Ende 2018],
gleichgeschlechtliche Ehen dürften niemals toleriert werden, denn das Böse
verstoße gegen die Heilige Schrift. Er sei einmal gebeten worden, zwischen
der Eingliederung gleichgeschlechtlicher Ehen in die Kirche oder dem
Verlust von Finanzhilfen aus dem Ausland zu wählen, führte er weiter aus –
„meine Wahl war klar“.
Malasusa und die Seinen sind dabei durchaus keine Hardliner: Die ELCT stehe
„im afrikanischen Kontext nicht allein“, [7][schrieb im Jahr 2013 Pastor
Volker Schauer], der acht Jahre lang das „Afrika-Referat“ im [8][Zentrum
für Mission und Ökumene] der Nordkirche geleitet hat; als er – ebenfalls im
Jahr 2013 – in den Ruhestand ging, kam zum Abschied auch – Malasusa.
Etwa ein Jahr, nachdem die ELCT ihre „Dodoma-Erklärung“ verabschiedet
hatten, einigten sich tansanische und norddeutsche Lutheraner*innen auf
einen „careful dialogue“ zu diesem Thema. Auch die Vereinigte
Evangelisch-Lutherische Kirche Deutschlands, deren Teil die Nordkirche ist,
[9][formulierte 2014] im Rahmen der Generalsynode in Dresden: „Die
tansanische Kirche lebt in einem Land, in dem nach geltendem Gesetz
Homosexualität unter Strafe gestellt ist und der Konsens in der
Gesellschaft, nicht zuletzt mit der muslimischen Bevölkerung, dazu sehr
breit ist. Die tansanische Kirche lebt in einem Land und einer Kultur, in
denen es nicht hoch im Kurs steht, sondern schwer ist, aus einem
allgemeinen Konsens auszubrechen. Und seien wir ehrlich, wir haben die
Überzeugung zur Homosexualität, die sich jetzt bei uns durchgesetzt zu
haben scheint, nicht schon immer gehabt – und haben sie auch unter uns
nicht schon einheitlich.“
Auf rund 40 Prozent beziffert die Nordkirche den Anteil christlicher
Tansaner*innen. Und weil in etwa ebenso viele Menschen im Land muslimischen
Glaubens sind, reist nun auch ein prominenter Vertreter des Islam nach
Hamburg: Sheik Fadhil Suleiman Soraga, Berater des Ministers für Verfassung
und Recht in Islamfragen.
Es ist nicht zu erwarten, dass die Unterschiede in diesen Dingen zur
Sprache kommen an diesem Wochenende: Den Auftakt zu den Feierlichkeiten
bildet ein Gottesdienst am Sonntag in der Hamburger Hauptkirche St. Petri,
der einzigen, die eine eigene Partnergemeinde in Daressalam hat; dabei
predigt auch der von dort anreisende Bischof. In der kommenden Woche steht
dann unter anderem ein Termin mit Vertreter*innen des
Christlich-Islamischen Dialogs auf dem Programm.
Dabei sind am Sonntag – neben Hauptpastor Jens-Martin Kruse und der
heutigen Nordkirchen-Afrikareferentin Katharina Davis – auch Jan Pörksen,
Staatsrat und Chef der Hamburger Senatskanzlei, sowie die Honorarkonsulin
der Vereinigten Republik Tansania in Hamburg, Petra Hammelmann. Für diese
Akteur*innen dürfte die Städtepartnerschaft noch mal eigene
Herausforderungen bedeuten, nicht so sehr geschwisterlich geprägt als durch
die Diplomatie und den Handel. Und Hamburg führt noch mindestens eine
weitere unter queeren Gesichtspunkten problematische Ehe: mit dem
russischen St. Petersburg.
10 Jan 2020
## LINKS
[1] /!t5008135/
[2] https://www.nordkirche-weltweit.de/presse-publikationen/pressemeldungen/det…
[3] http://www.elct.org/
[4] https://mission-einewelt.de/internationale-beziehungen/partnerkirchen-ueber…
[5] https://tanzania-network.de/sites/default/files/Habari_Heft/HABARI_2011_2.p…
[6] https://dailynews.co.tz/news/2018-12-265c2327fb5e10a
[7] https://docplayer.org/50328297-Welt-afrika-schwerpunkt-schwerpunkt-weltbewe…
[8] https://www.nordkirche-weltweit.de/
[9] https://www.velkd.de/publikationen/download.php?c5ff2543b53f4cc0ad3819a3675…
## AUTOREN
Alexander Diehl
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Homophobie
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