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# taz.de -- Die Wahrheit: Parfum der Nacht
> Ein Geruch von Vorvorgestern ist der des Nachtlebens. Der Geruch nach
> Überschwang, Aufschwung, Ausschweifung und Freude. Oder schlicht der
> nach…
Im letzten Augenblick habe ich doch noch die „Sober Party“ abgesagt, zu der
ich anlässlich des Jahreswechsels eingeladen war. Irgendwie war mir das
nüscht. Ich kann gar nicht genau erklären, warum … Auch die Party bei den
Freund*innen mit dem Parkettboden, die einen immer bitten, die Schuhe
auszuziehen, musste ohne mich gefeiert werden. Eher ziehe ich meinen BH
aus, als ein gesamtes, aufeinander abgestimmtes Outfit durch den Anblick
von Plattfüßen in Socken oder Zehenzwickel zu zerstören. Und wie soll in
Nylons das Zigarettenaustreten funktionieren!?
Apropos Zigaretten: Seit Jahren versuche ich, meinen genialen Aphorismus
„Nikotin ist das Parfum der Nacht“ im Volksmund zu etablieren. Ich habe ihn
bereits auf verschiedenen publizistischen Plattformen in Texte wie diesen
einfließen lassen, verbreite ihn auf Partys und erzähle allen Raucher*innen
davon. Vor ein paar Wochen erfuhr ich jedoch von einer neuen,
vielversprechenden Methode: Bei der beruflich bedingten Suche nach
Sinnsprüchen zum Thema Essen geriet ich auf einer Aphorismen-Seite zwischen
Shakespeare-Zitaten („Unruhig Essen gibt ein schlecht Verdauen“) und
Auszügen aus dem babylonischen Talmud („Beim Essen soll man nicht reden“)
an einen enorm merkwürdigen Spruch, sinngemäß etwa „Viel Essen ist doof“.
Unter dem mir unbekannten Namen des Verfassers stand als Berufsbezeichnung
„Steuerberater im Ruhestand“ (und genauso klang der Aphorismus). Mir wurde
plötzlich klar, dass jene offensichtlich willkürlich zusammengestellte
Sentenzensammlung keinen Unterschied zwischen Laienideen und den
geschliffenen Bonmots weltbekannter Denker*innen macht.
Das war meine Chance! Sofort schickte ich meinen Spruch an die angegebene
Adresse und warte nun täglich sehnsüchtig darauf, dass er veröffentlicht
wird und dass der nächste Kollege, der einen wohlformulierten Text über das
Rauchen schreiben möchte, dort recherchiert – und meinen Aphorismus
benutzt!
## Keine Flugscham zum Jahreswechsel
Denn natürlich wird jeder Mensch, der noch Raucherbars kennt, sofort
wissen, was ich meine: Ohne den gnädigen Mantel des Nikotins riecht es in
Bars nach Unter-den-Armen und Bier-Atem, und ohne die rauchige Erinnerung,
die einen am Morgen danach aus der Kleidung entgegenschlägt, weiß man gar
nicht, was man Schönes erlebt hat. Der große Dichter Eddie Argos von der
Band Art Brut besang diesen Zustand einst im Song „[1][Wham! Bang! Pow!
Let’s rock out!]“, in dem es im weitesten Sinne um Partys geht: „I wanna
wake up smelling like smoke / under a pile of stranger’s coats.“ Das
unterschreibe ich sogar als nichtrauchende Asthmatikerin.
Durch meinen (und vieler anderer) Unwillen zum Fliegen ist der
Silvesterabend, an dem man Booze, BH und Blahniks in ein Flugzeug hievt und
beim Überqueren der Zeitzonen 12 Gläser Champagner um zwölfmal Mitternacht
leert, leider momentan in weite Ferne gerückt. Aber vielleicht geht das
irgendwann auch alles im Orientexpress.
3 Jan 2020
## LINKS
[1] https://www.youtube.com/watch?v=ERM18EUeXqM
## AUTOREN
Jenni Zylka
## TAGS
Nikotin
Rauchen
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Blumen
Verpeilt
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