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# taz.de -- Die Wahrheit: Lang lebe Hardmann Knochenmus!
> Wer einem so alles Spam schickt. Die Namen der Absender eignen sich
> bestens für vielschichtige Charaktere von Fernsehserien.
Namen sind bekanntlich erstens Schall und Rauch und zweitens Wurst. Mein
leidenschaftsloses Verhältnis zu anderer Menschen Eltern Schnapsideen
durchlief jedoch in den letzten Monaten eine Wandlung. Ich bin nämlich
Opfer einer computergenerierten Spam-Attacke geworden, deren Absender mich
regelmäßig begeistern.
Zwischen 30 und 60 Mails erreichen mich pro Tag, sie bewerben
Taschenlampen- und Atemhilfeangebote, verkaufen Maßnahmen gegen „schräge
gelbe Zähne“ oder „Abstandshalter“ gegen „krumme Zehen“. Und sie sta…
von Accounts, die „Ferdinanda Tangemann“ heißen. Oder „Schwanhild Kaspar…
Oder „Olaf Xylander“. Oder, mein bisheriger Liebling, „Hardmann
Knochenmus“. Seit ich von Hardmann Knochenmus und seinen Tipps gegen das
Schnarchen weiß, lösche ich den Spam nicht mehr, sondern archiviere ihn in
einer Ideen-Datei.
Ich bin allerdings noch nicht ganz sicher, ob ich aus den gesammelten Namen
eine Fortsetzung der Amelungen-Sage knüpfen soll – wer es gerade nicht auf
dem Schirm hat, die Amelungen waren ein gotisches Herrschergeschlecht, das
im Jahr 536 mit dem Tode des ostgotischen Königs Theodahad einging und sich
bestimmt eine peppige Jetztzeit-Adaption mit einer Neu-Gotin namens
Schwanhild Kaspar wünscht.
Oder ich verehre die Namen lieber den Machern der amerikanischen Steampunk-
und Fantasy-Serie „Carnival Row“, die gerade an ihrer zweiten Staffel
arbeiten. In der ersten spielten die eh diesbezüglich vom Schicksal
gebeutelten Schauspieler Orlando Bloom und Cara Delevigne zwei Feenartige
namens „Rhycroft Philostrate“ und „Vignette Stonemoss“, und ich kann es
nicht beschwören, aber ich würde meinen, auch die „Carnival Row“-Köpfe
hatten ein Spam-Problem und haben es kreativ gelöst, indem sie die besten
aller Absendernamen ins Drehbuch einfließen ließen.
Welchen Charakter mein Freund Hardmann Knochenmus in der neuen Staffel
bekleiden würde, darüber bräuchte man nicht lange zu diskutieren. Neben den
flatternden Feen bevölkern nämlich auch einige laute, Hufe tragende,
bollerige Wesen diese „Carnival Row“, eine Art Reeperbahn des
viktorianischen Fantasy-Reichs, und lassen fröhlich jeden Schädel knacken,
der nicht schnell genug weggeflattert ist.
Hardmann Knochenmus könnte allerdings auch der Arzt aus einem Kinderreim
des ausgehenden 19. Jahrhunderts sein: „Paulinchen steckt im Ofenrohr / und
kommt nicht mehr daraus hervor / Laut schreit sie: Weh! Was ist geschehen?
/ Wollt nur mal in den Ofen sehn! / Herbei eilt Hardmann Knochenmus /
schaut auf das Mädchen voll Verdruß / er zieht und zerrt, doch sie bleibt
steif / der Doktor in sein Täschlein greift / den Vorschlagshammer holt er
raus / ja, da war’s mit Paulinchen aus / Drum Kinder, liebt ihr auch den
Ruß / vergesst nicht Doktor Knochenmus!“
Und für Olaf Xylander finde ich garantiert auch noch einen hübschen Platz
in der Schwarzen Pädagogik.
1 Nov 2019
## AUTOREN
Jenni Zylka
## TAGS
Spam
Namen
Carnival Row
Blumen
Nikotin
Verpeilt
Enkeltrick
Airbnb
Turm
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