Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Die Wahrheit: Gastfreundschaft mit ÄhBiEnBi
> Endlich! Die Lösung aller Geldprobleme! Zimmer untervermieten an
> Touristen! Jetzt muss nur noch Mutter in eine Ecke weggeräumt werden.
Als neulich bei einem Abendessen mit Freunden die siebte Flasche Champagner
geöffnet wurde und sie die gefüllten Kristallgläser salopp neben das
Kobe-Rind-Wienerschnitzel mit Beluga-Kaviar-Soße schoben, wurde ich
neugierig. Und fragte beim Black-Ivory-Kaffee nach dem Grund für den neuen
Reichtum. „Seit die Kinder aus dem Haus sind, vermieten wir ihre Zimmer
über Airbnb!“, sagten sie. „Wir verdienen sozusagen Geld im Schlaf.“
Wenn man noch zum Schlafen kommt. Ich fragte mich, ob es mich nicht doch
stören würde, dass jemand Fremdes in der Wohnung schnarcht, wenn ich nachts
haubitzenvoll nach Hause wanke. Oder umgekehrt. Oder wenn ich am nächsten
Morgen nur mit einer Kopfschmerztablette bekleidet zum Bad strunkel. Vor
allem, wenn dann das Speibecken besetzt ist.
Dennoch sah ich die Chance, informierte mich im Netz und untersuchte unsere
Wohnung auf Mitwohnqualitäten. In einer Ecke hinter dem Bett, da wo die
gebrauchten Papiertaschentücher liegen, könnte man einen kleinen
Single-Wasserkocher deponieren, eine Plastikdose mit Teebeuteln, ein paar
im Café geklaute Zuckertütchen und einen Eierbecher mit Nescafé dazu –
fertig ist die Kaffee-Teestation! Ganz wie im Waldorf!
Wenn ich die einzelnen Socken beiseite schiebe, kann der Gast zudem meinen
Schrank mitbenutzen. Und unser zweites Handtuch liegt auch noch
zusammengerollt zwischen den Doppelfensterhälften, um den Regen, die Kälte
und die Käfer abzuhalten.
Im Wohnzimmer darf er sich auch gern aufhalten, wir sollten nur endlich die
leeren Flaschen wegwerfen, dann hätten wir den Platz. Der Gast muss ja
nicht unbedingt den Lehnstuhl benutzen, in dem meine sehschwache Mutter den
ganzen Tag sitzt und raucht – habe ich erwähnt, dass ich noch bei ihr
wohne? Sie redet aber eh nicht mehr viel, und an den pfeifenden Atem
gewöhnt man sich schnell.
Ansonsten müsste man dem Gast ein paar Eigenheiten der Wohnung zeigen,
damit ihm der olle Gasherd nicht um die Ohren fliegt, wie uns das schon so
oft passiert ist – man kann ja als Fremde nicht riechen, dass die vordere
Flamme immer sofort dreißig Zentimeter hochlodert. Und apropos riechen –
wir wissen auch nicht genau, was das ist in der Küche, aber man gewöhnt
sich dran. Vermutlich doch nur ausgelaufene Milch.
Vielleicht, begann ich mir auszumalen, könnte man den Gast ja sogar richtig
persönlich kennenlernen – damit werben die Unterkunftvermittlungen doch
immer! Womöglich kann der Gast ja auch kochen! Und putzen! Und einkaufen!
Und Pediküre – da freut sich vor allem meine Mutter!
Man wird sich eh etwas nahekommen müssen, so groß ist unsere Wohnung nicht.
Wir haben, ehrlich gesagt, auch kein separates Bett, aber das Problem habe
ich auch schon gelöst: Unseren „gemütlichen Schlafplatz in Berlin“ habe i…
soeben unter der Überschrift „Pension Besucherritze“ eingestellt. Ich freue
mich über Zuschriften.
6 Sep 2019
## AUTOREN
Jenni Zylka
## TAGS
Airbnb
Tourismus
Wohnungen
Verpeilt
Spam
Enkeltrick
Turm
Philatelie
E-Scooter
## ARTIKEL ZUM THEMA
Die Wahrheit: Verpeilte Perspektiven
Die Jugend von heute lacht zwar viel und gern, ist aber nicht albern. Am
meisten gackern Jüngere, wenn sie etwas falsch gemacht haben.
Die Wahrheit: Lang lebe Hardmann Knochenmus!
Wer einem so alles Spam schickt. Die Namen der Absender eignen sich bestens
für vielschichtige Charaktere von Fernsehserien.
Die Wahrheit: Diebe in Dosen
Plagen der Immobilienwelt: Bauarbeiter mit frühem Dienstbeginn laden
Kaffeemühlendiebe in die Wohnungen vermeintlicher Enkelbesitzenden ein.
Die Wahrheit: Turmurlaub mit Tücken
Ferien an einem ungewöhnlichen Ort ziehen ungewöhnliche Ereignisse nach
sich – und wenn es nur eine verkantete Süßigkeitenschublade ist.
Die Wahrheit: Meine neue Briefmarkensammlung
Nicht nur die älteste Amalgamfüllung der Welt (von 1977!) gehört dringend
auf eine bundesdeutsche Briefmarke, sondern auch Leibspeisen und mehr …
Die Wahrheit: Frontalcrash mit Gummipuffer
Schon bald düsen Scheuers E-Scooter durch die Städte. Warum nicht gleich
die guten, alten Autoscooter, fachenglisch Bumper Cars?
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.